Ford macht weiter: Glass House und Neuanfang

Ford macht weiter: Glass House und Neuanfang

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Ford macht weiter: Das Erbe des Glass House und ein Neuanfang

Fast 70 Jahre lang prägte das Glass House an der American Road die Ford Motor Company sowohl in der Skyline als auch im Geist. Seit seiner Eröffnung im Jahr 1956 symbolisierte das 12-stöckige Glasmassiv mit nahezu 1.500 Scheiben Transparenz, Ingenieursstolz und die industrielle Ambition der Detroit-Ära. Nun signalisiert der Autobauer einen strategischen Wandel: Im November dieses Jahres beginnt das Unternehmen damit, zentrale Konzernfunktionen in einen neuen, speziell für Produktentwicklung gebauten Campus am Oakwood Boulevard zu verlagern, und das Glass House soll nachhaltig außer Betrieb genommen und später abgerissen werden.

Ein Abschied von einem Symbol

Geschichte in Stahl und Glas

Das Glass House war mehr als ein Bürogebäude. Es beherbergte die Teams hinter Meilenstein-Fahrzeugen, die Fords Marktposition weltweit prägten – vom ursprünglichen Mustang und Thunderbird bis zur F‑Series-Pickup, die weiterhin die US‑Verkaufscharts anführt. Während Ford sich darauf vorbereitet, das Gebäude bis Mitte 2026 zu räumen, erklärt das Unternehmen, dass die Außerbetriebnahme und der Abriss mit Blick auf Nachhaltigkeit und in enger Abstimmung mit Führungskräften der Gemeinde Dearborn durchgeführt werden. Der Prozess soll etwa 18 Monate dauern, und Ford hat zugesagt, das Areal als gemeinschaftliches Gut zu erhalten, während zukünftige Pläne erarbeitet werden.

Die neue Ford-Weltzentrale am Oakwood Boulevard

Ein Campus für Fahrzeugentwicklung und Zusammenarbeit

Der Oakwood Boulevard Campus, dessen Eröffnung für November 2025 geplant ist, wird sofort zur Ford World Headquarters und zum Anker eines neu gedachten Dearborn-Campus. Errichtet an der Stelle, an der einst das Product Development Center stand, umfasst die neue Zentrale 2,1 Millionen Quadratfuß auf vier Etagen – mehr als das Doppelte der nutzbaren Fläche des Glass House – und soll Design, Engineering und Konzernfunktionen unter einem Dach vereinen.

Der Baubeginn erfolgte im Dezember 2020 mit Barton Malow als Hauptauftragnehmer. Verwendete Materialien sind Glas, Stahl, Beton, Naturstein und Holz, die eine moderne Industrieästhetik widerspiegeln und gleichzeitig Energieeffizienz und das Wohlbefinden der Nutzer in den Vordergrund stellen. Obwohl die letzten Bauphasen sich bis 2027 erstrecken werden, ist das Gebäude bereits nächsten Herbst bezugsfertig und wird letztlich Platz für bis zu 14.000 Mitarbeitende bieten, die dann innerhalb von 15 Gehminuten zueinander erreichbar sind.

Was die neue Zentrale für Fahrzeugprogramme bedeutet

Schnellere Entwicklungszyklen und engere Verzahnung

Ein wesentlicher praktischer Vorteil des Oakwood-Standorts ist seine vertikal gestapelte Aufbauweise, die nach einer zweijährigen Betriebsstudie verfeinert wurde. Dieses Design reduziert die Zeit für Materialbewegungen um mehr als 80 Prozent im Vergleich zu Fords früherem Product Development Center und ermöglicht so einen schnelleren Prototypenfluss sowie effizientere Tests von Fahrwerk, Antriebsstrang und elektrischen Systemen. Fahrzeuge und Prototypen können dank integrierter Fahrzeugdrehteller, Innenhöfen für Outdoor-Bewertungen und integrierten Präsentationsbereichen frei durch die Struktur bewegt werden, sodass Designer und Ingenieure physische und digitale Modelle nebeneinander prüfen können.

Für Fahrzeugspezifikationen und programmbezogene Entwicklung bedeutet dies kürzere Feedback‑Schleifen bei Motorabstimmung, Aerodynamikentwicklung und Innenraumlayout. Das ist ein greifbarer Vorteil für leistungsorientierte Modelle, volumenstarke Pickups wie die F‑Series und Fords wachsendes Portfolio an elektrifizierten Fahrzeugen, bei denen die Integration von Hardware und Software entscheidend ist.

Design-, Performance- und Produktbewertungs-Annehmlichkeiten

Hightech-Showrooms, Designstudios und testbereite Räume

Die Anlage umfasst sechs dedizierte Design Studios, die vertrauliche Reviews sowohl innen als auch außen ermöglichen. Ein zentraler Showroom erlaubt erstmals vollständige Produktbewertungen an einem Ort und bietet 10 Drehteller, fortschrittliche Beleuchtung, einen ebenerdigen Null‑Grad‑Boden, der zu einem Außenhof hin öffnet, sowie eine 64 Fuß lange Micro‑LED‑Wand, um physische Fahrzeuge mit digitalen CAD‑ und Simulationsmodellen zu vergleichen. Diese Ausstattung unterstützt detaillierte Bewertungen von Fahrzeugdesign, Außen­aerodynamik, Lichtleistung und Innenraumergonomie und stattet Produktteams mit Werkzeugen aus, die früher über mehrere Standorte verstreut waren.

Mitarbeitererfahrung, Wohlbefinden und Nachhaltigkeit

Räume, die Kreativität und Gesundheit fördern

Die neue Zentrale vereint Arbeitsplatz, Annehmlichkeiten und besondere Programme. Eine 160.000 Quadratfuß große Food Hall, 303 technikgestützte Besprechungsräume, Wellnessräume, Stillräume für Mütter und flexible Kollaborationszonen schaffen ein Umfeld, in dem Ingenieure, Designer und Führungskräfte schnell iterieren können. Mehr als 100.000 Quadratfuß Innenhöfe und 12 Acres Grünflächen machen den Campus zu einem fußläufigen, lebenswerten Arbeitsplatz und verdoppeln die bestehende Baumkronenfläche von Ford in Dearborn.

Die Nachhaltigkeitsziele sind ehrgeizig. Das Gebäude ist darauf ausgelegt, netto null Energieverbrauch zu erreichen, und enthält Effizienzmaßnahmen, die den Verbrauch gegenüber dem alten Product Development Center um rund 50 Prozent reduzieren sollen. Eine zentrale Energiezentrale wird heißes Wasser und Dampf über den Campus liefern, und Ford wird am MI Green Power‑Programm von DTE Energy teilnehmen, um CO2‑Emissionen weiter auszugleichen. Das Design orientiert sich zudem an den WELL‑Gebäudestandards, die Gesundheit, Komfort und ökologische Verantwortung betonen.

Marktpositionierung und strategische Auswirkungen

Warum der Umzug für Fords künftige Produkte wichtig ist

Die Bündelung von Design, Entwicklung und Konzernfunktionen in einem modernen Campus ist eine strategische Maßnahme, um die Produktentwicklung zu beschleunigen und im Markt wettbewerbsfähiger zu werden, der sich hin zu Elektrifizierung, softwaredefinierten Fahrzeugen und fortschrittlichen Fahrerassistenzsystemen verschiebt. Durch kürzere Prototypentransferzeiten, integrierte Review‑Sessions und hochwertige Visualisierungs‑ und Testflächen erwartet Ford eine schnellere Markteinführung neuer Modelle und eine verbesserte Performance‑Entwicklung sowohl für Verbrennungs‑ als auch für Elektroantriebe.

Aus Marketingsicht unterstreicht die neue Zentrale Fords Verpflichtung, die Führung bei Trucks und Nutzfahrzeugen zu erhalten und zugleich die Fähigkeit zu stärken, EV‑Modelle und softwaregetriebene Funktionen zu starten, die mit technologieorientierten Wettbewerbern mithalten können. Der konsolidierte Campus kann organisatorische Reibungsverluste verringern und die bereichsübergreifende Zusammenarbeit zwischen Produktplanern, Hardware‑Ingenieuren, Softwareteams und Fertigungspartnern verbessern.

Vergleiche und Kontext

Wie sich Fords Übergang einordnet

Weltweit investieren Automobilhersteller in integrierte F&E‑Campus, um die Entwicklung von EVs und Software zu unterstützen. Das Oakwood‑Projekt unterscheidet sich in Umfang und Zielsetzung, weil es Fords Rückgrat der Produktentwicklung mit der unternehmensweiten Entscheidungsfindung in einer zweckgebauten Umgebung verknüpft. Im Vergleich zur landmarken, aber verstreuten Ära des Glass House und separater Testeinrichtungen steht Oakwood für einen modernen Ansatz, die Latenzzeit zwischen Idee und produktionsreifem Fahrzeug zu verringern.

Was passiert als Nächstes mit dem Glass House‑Standort?

Bürgerbeteiligung und Zukunftspläne

Ford erklärt, dass das Unternehmen mit Dearborn‑Behörden und lokalen Interessengruppen zusammenarbeiten wird, um die beste künftige Nutzung des Glass House‑Geländes nach der Außerbetriebnahme und dem Abriss zu bestimmen. Während der Abriss das Ende einer architektonischen Ära markiert, stellt das Unternehmen ihn als Reinvestition in Campus und Gemeinde dar und stellt sicher, dass das Grundstück als lokales Gut erhalten bleibt, während neue Pläne entwickelt werden.

Fazit für Autoenthusiasten und Branchenbeobachter

Der November 2025 wird einen Wendepunkt markieren: Mitarbeitende, die in die Ford World Headquarters am Oakwood Boulevard ziehen, tragen fast 70 Jahre Glass House‑Geschichte in eine Einrichtung, die auf moderne Fahrzeugentwicklung zugeschnitten ist. Für Enthusiasten, Ingenieure und Fuhrparkentscheider signalisiert dies schnellere Iterationen bei Performance, Design und Elektrifizierungsprogrammen. Für die Branche zeigt der Umzug, wie große Automobilhersteller nicht nur Fabriken und Plattformen, sondern auch die Arbeitsplätze neu konzipieren, in denen die nächsten Generationen von Autos, Trucks und Elektrofahrzeugen entworfen und verfeinert werden.

Quelle: autoevolution

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