Dunkle Alternative: Snyders nie gesehene Wonder Woman

Zack Snyders bisher unveröffentlichte Schwarz-Weiß-Aufnahme von Gal Gadot als Wonder Woman bietet eine düstere Alternative zur bekannten Origin-Story und löst Debatten über Tonalität, Mythos und die Neuausrichtung im DC-Universum aus.

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Dunkle Alternative: Snyders nie gesehene Wonder Woman

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Zack Snyder hat erneut einen kleinen Spalt zu einer alternativen DC-Kinowelt geöffnet — diesmal mit einer bisher unveröffentlichten Schwarz-Weiß-Aufnahme von Gal Gadot als Wonder Woman, die auf eine weit dunklere, blutigere Interpretation von Diana Prince hinweist, als das Mainstream-Publikum bislang gesehen hat. Die Aufnahme wirkt wie ein vorsätzliches Experiment: Sie spielt mit ikonischer Bildsprache und einem historischen Look, der die Figur in ein anderes moralisches und ästhetisches Licht rückt. Für Fans von Zack Snyder, für Filmhistoriker und für Anhänger des DC-Universums ist dieses Bild nicht nur ein Foto, sondern ein Ausgangspunkt für Debatten über Erzählton, Mythos und die Grenzen der Figurenadaption.

Das Bild kursierte erstmals, nachdem Snyder bekanntgab, dass es vom Fotografen Steven Bergman auf einer Leica Monochrom erstellt wurde, ergänzt durch Sitzungen mit Glasplattenfotografie, um eine altweltliche, fast archivartige Textur zu erzeugen. In der Aufnahme steht Diana unter Kriegern und hält die abgeschlagenen Häupter besiegter Gegner — ein düsteres Tableau, das Berichten zufolge als Elseworlds-Moment konzipiert wurde und ursprünglich in Zusammenhang mit dem Krimkriegs-Setting stand, das kurz in Batman v Superman: Dawn of Justice auftaucht. Die Kombination aus Leica Monochrom und Glasplatten erzeugt eine Körnung und einen Kontrast, die beim Betrachter einen historischen Nachklang hinterlassen und zugleich eine verstörende Nähe zur Gewalt herstellen.

Diese Bildidee kollidiert deutlich mit dem, was Patty Jenkins später mit Wonder Woman (2017) etabliert hat: Jenkins’ Version verankert Dianas Ursprung im Umfeld des Ersten Weltkriegs und legt Gewicht auf Hoffnung, Mitgefühl und eine Wiederentdeckung der Menschlichkeit nach ihrer Begegnung mit Steve Trevor. Snyders Bild hingegen suggeriert eine Diana, die durch Jahrhunderte des Krieges und die unermüdliche Jagd auf Ares abgehärtet ist — eine Jägerin, die noch nicht durch Liebe oder Glauben gemildert wurde. Damit wird eine alternative Charakterzeichnung vorgeschlagen: nicht die diplomatische Amazone, sondern eine Kriegerin, deren Moralvorstellungen durch andauernde Schlachten geformt sind.

Eine kriegserprobte Diana: Snyders Elseworlds-Rahmen

Snyder selbst stellte klar, dass die Fotografie niemals als kanonischer Ursprung für Gadots Diana im offiziellen Snyderverse gedacht war. Er beschrieb das Motiv als Darstellung „einer müden Diana, die Ares über Schlachtfelder rund um den Globus jagte“, ein Archetypus, der erforscht, wie endloser Konflikt selbst mythische Ideale erodieren kann. Die Entscheidung für das Glasplattenverfahren und die Leica Monochrom war bewusst: Diese Techniken verleihen dem Bild eine anachronistische Authentizität und einen harten Tonkontrast, der die Brutalität der Szene verstärkt. Zugleich ist hier ein bewusster ästhetischer Bruch zu erkennen — eine moderne Comic-Figur trifft auf fotografische Verfahren des 19. Jahrhunderts, was die Wahrnehmung der Figur temporär destabilisiert und neue Lesarten ermöglicht.

Für Fans und Kritiker ist dieses Bild provokativ. Auf der einen Seite stehen Bewunderer von Snyders kompromisslosem, oft in Richtung mythischem Realismus gehendem Stil — ein Ton, der in Batman v Superman und seinen Justice League-Cuts sichtbar ist —, die eine härtere, düsterere Wonder Woman als mutiges „What-If“-Szenario begrüßen. Auf der anderen Seite verteidigen Anhänger von Jenkins’ emotionaler, humanistischer Herangehensweise eine Wonder Woman, deren Empathie und Hoffnung das Wesentliche ausmachen; sie warnen, dass übermäßige Brutalität die definierende Mitmenschlichkeit der Figur untergraben könnte. Diese Debatte berührt zentrale Fragen der Figurenadaption: Wie weit dürfen Adaptionen gehen, ohne den Kern eines kulturellen Symbols zu zerstören? Welche Tonalität bleibt langfristig tragfähig für ein Publikum, das sowohl Authentizität als auch Identifikationsfiguren erwartet?

Die Diskussion ist von Bedeutung, weil DC Studios die Figur erneut aktiv neu ausrichtet. Anfang des Jahres wurde bekanntgegeben, dass ein neues Wonder Woman-Drehbuch von Anna Noguera verfasst wird, einer Autorin, der James Gunn und Peter Safran nach ihrer Arbeit an Projekten wie Supergirl und der Live-Action-Umsetzung von Teen Titans vertrauen. Das Casting ist noch offen, doch Berichte deuten darauf hin, dass Gunn nach einem neuen Gesicht mit mediterranen Zügen und einem dunkleren Look sucht — ein Indiz dafür, dass die Franchise möglicherweise eine andere kulturelle und ästhetische Richtung einschlagen will. Diese Neuaufstellung innerhalb des DC-Universums betrifft nicht nur das Casting, sondern auch Fragen der Repräsentation, visuellem Stil und Narration; sie beeinflusst, wie ikonische Figuren wie Wonder Woman künftig in einem sich wandelnden medialen Ökosystem positioniert werden.

Im direkten Vergleich sitzt Snyders Vision näher an Superheldengeschichten, die in tragischen Mythen und operatischer Gewalt schwelgen — man denke an 300 oder Snyders eigene Batman-Arbeiten —, während Jenkins’ Film eher zu modernen Blockbustern gehört, die Spektakel mit Wärme und Empowerment verbinden und damit stärker dem tonalen Mix folgen, den das MCU oft in charakterzentrierten Ursprungsfilmen wählt. Diese Gegenüberstellung ist nicht nur eine Frage des persönlichen Geschmacks, sondern auch ein Spiegel aktueller Branchentrends: Studios und Publikum verhandeln fortlaufend, wie mythologische Figuren modernisiert werden können, ohne ihre zentrale Anziehungskraft zu verlieren. Entscheidungen über Ton, Gewalt und emotionale Tiefe haben direkte Auswirkungen auf Merchandising, Franchise-Strategien und die internationale Vermarktbarkeit — Faktoren, die bei einer Neuausrichtung ebenso eine Rolle spielen wie künstlerische Überlegungen.

Filmhistoriker Marko Jensen bietet eine nüchterne Einschätzung: „Bilder wie das von Snyder funktionieren als kreative Sonden — sie testen die Grenzen dessen, was ein kulturelles Symbol bedeuten kann. Sie löschen die etablierte Identität einer Figur nicht aus, erweitern aber das Farbspektrum, aus dem Regisseure schöpfen können.“ Diese Perspektive rückt die Fotografie in einen historischen Kontext: Varianten und Alternativlesarten existieren parallel zum Kanon und ermöglichen es, die Figur unter verschiedenen Blickwinkeln neu zu interpretieren, ohne die bestehende Figurengeschichte zu delegitimieren.

Hinter den Kulissen: Die Entscheidung, Leica Monochrom und Glasplatten zu verwenden, war nicht nur ästhetisch motiviert; sie sollte eine fotografische Realität des 19. Jahrhunderts evozierend vermitteln, die mit einer modernen Comic-Heldenfigur unbehaglich verwoben ist und das Bild länger im Gedächtnis des Betrachters verbleiben lässt. Technisch betrachtet erfordern Glasplattenprozesse eine andere Herangehensweise an Belichtung, Lichtsetzung und Komposition — Parameter, die das Motiv zusätzlich definieren und eine bewusste historische Distanz schaffen. Solche handwerklichen Entscheidungen signalisieren, dass es nicht nur um bloße Schockwirkung geht, sondern um einen reflektierten künstlerischen Versuch, Mythos und visuelle Archäologie zu verknüpfen.

Ob man nun Snyders verschattetes Elseworlds-Porträt oder Jenkins’ hoffnungsvolle Amazone bevorzugt, dieses Foto erinnert daran, dass Wonder Woman viele Dinge sein kann: Kriegerin, Diplomatin, Symbol. Während DC eine weitere Neuinterpretation vorbereitet, bleibt dieses dunklere Porträt ein provokantes „Was-wäre-wenn“ — ein Blick auf eine Diana, die hätte sein können, und ein Anlass für Gespräche über Mythos, Gewalt und filmischen Ton im Superheldenkino. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie solche alternativen Bilder in Marketing und Fankultur eingeordnet werden: Werden sie als kuriose Fußnote archiviert, oder beeinflussen sie langfristig Tonalität und Designentscheidungen innerhalb des DC-Universums?

Zusätzlich öffnet das Bild Raum für weitergehende Debatten: Welche historischen Referenzen sind für moderne Comic-Adaptionen fruchtbar? Wie lassen sich Fotografietechniken als narrative Instrumente einsetzen? Und: Inwieweit sollten Regisseure ikonische Figuren nutzen, um politische oder philosophische Fragen — etwa zur Natur von Gewalt, Gerechtigkeit und Rache — zu verhandeln? Das Snydersche Bild ist in diesem Sinne mehr als eine ästhetische Provokation; es ist ein Diskussionsgegenstand für Autoren, Filmemacher und Fans gleichermaßen, der zeigt, wie visuelle Entscheidungen Debatten über Charakterkern, Ethik und Genredefinition anstoßen können.

Für die künftige Platzierung von Wonder Woman innerhalb des DC-Programms sind mehrere Aspekte zu bedenken: Kontinuität versus Neuanfang, globale Vermarktungsstrategien, kulturelle Sensibilität sowie kreative Freiheit der Autoren und Regisseure. Figuren wie Diana Prince sind international verankerte Symbole; ihre Neuinterpretation wirkt daher nicht nur lokal, sondern global. Die Balance zwischen ikonischer Wiedererkennbarkeit und erzählerischer Erneuerung bleibt eine der größten Herausforderungen für das moderne Franchise-Kino — eine Herausforderung, die durch Bilder wie das von Snyder klar vor Augen geführt wird.

In der Summe bleibt Snyders Schwarz-Weiß-Aufnahme ein bedeutungsvolles Beispiel dafür, wie visuelle Experimente innerhalb bekannter Franchises neue Diskussionsräume eröffnen können. Sie zwingt dazu, über die Grenzen von Genre, die Ethik filmischer Gewaltdarstellung und die Möglichkeiten mythologischer Adaptionen nachzudenken. Ob als ästhetisches Statement oder als Impuls für eine alternative Erzählung — das Foto ist ein Katalysator für eine vielschichtige Debatte über Wonder Woman, Kinoästhetik und die Zukunft des DC-Universums.

Quelle: smarti

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