Shaman: Neuer Schwung für das Exorzismus-Genre oder altbekannte Wege?

Shaman: Neuer Schwung für das Exorzismus-Genre oder altbekannte Wege?

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Shaman: Frischer Wind im Exorzismus-Genre oder doch nur altbekannte Muster?

Seit William Friedkins legendärem Meisterwerk Der Exorzist vor fünfzig Jahren Kinozuschauer erschauern ließ, kehrt das Horrorkino immer wieder zu Geschichten über dämonische Besessenheit und Exorzismus-Rituale zurück. Angesichts der Vielzahl an Filmen und Serien, die in diesem unheimlichen Subgenre angesiedelt sind, ist echte Originalität selten geworden. Nun präsentiert Regisseur Antonio Negret seinen jüngsten Film, Shaman, der durch südamerikanische Einflüsse eine neue Perspektive verspricht. Doch gelingt ihm wirklich etwas Innovatives, oder werden bekannte Ängste lediglich vor ungewohntem Hintergrund inszeniert?

Handlung: Bedrohung in den Anden

Vor der beeindruckenden Kulisse Ecuadors mit seinen feuerspeienden Vulkanen zieht in Shaman eine amerikanische Missionarsfamilie in ein abgelegenes Bergdorf. Sara Canning verkörpert Candice, während Daniel Gillies als ihr Ehemann Joel zu sehen ist – ein ehemaliger Süchtiger, der im Glauben neuen Lebenssinn sucht. Das vermeintliche Idyll wird zerstört, als ihr Sohn Elliot (Jett Klyne) verstörende Anzeichen zeigt: nächtliches Geflüster, heftige Halluzinationen und eine düstere Aura, für die sie keine Erklärung finden.

Mit wachsender Verzweiflung wenden sich die Eltern an örtliche indigene Heiler und stoßen auf das Rätsel um die dunkle Macht in Elliot. An dieser Stelle wagt der Film zu Beginn neue Wege: Er untersucht das Spannungsfeld zwischen westlichem Christentum und den spirituellen Traditionen der Region – bevor er sich allmählich doch wieder auf die klassischen Pfade des Exorzismus-Kinos begibt.

Besetzung und Figuren: Starke Darsteller in bekannten Rollen

Die Schauspielerriege von Shaman überzeugt insbesondere mit Sara Canning, deren Darstellung der zwischen Glaube und Angst hin- und hergerissenen Mutter Candice das emotionale Zentrum bildet. Ihre nuancierte Performance macht den Kampf um ihren Sohn berührend und nachvollziehbar. Daniel Gillies bringt viel Intensität als Joel ein, doch der Drehbuchtext bleibt hier an der Oberfläche, deutet Joels dunkle Vergangenheit nur klischeehaft an, ohne echte Tiefe oder Läuterung aufzuzeigen.

Jett Klyne verleiht dem besessenen Elliot eine körperlich bedrohliche Präsenz, allerdings gelingt es dem Film nur bedingt, zwischen Unschuld und dunkler Beeinflussung des Jungen zu differenzieren – was die emotionale Wirkung abschwächt. Die indigenen Figuren, für den kulturellen Kontext eigentlich zentral, erhalten bedauerlicherweise wenig Raum und bleiben als gestaltgebende Kraft weitgehend ungenutzt, sodass die größeren Ambitionen der Handlung unerfüllt bleiben.

Hinter den Kulissen: Regie und visuelle Gestaltung

Nach seinem Actionfilm Overdrive meldet sich Antonio Negret zurück und beweist Gespür für Atmosphäre und Suspense. Shaman entfaltet seine Stärke vor allem in alptraumhaften Bildern: krabbelnde Skorpionschwärme, schwarzer Schleim, der aus besessenen Körpern quillt, und die bedrohliche Dunkelheit vulkanischer Höhlen. Hier zeigt sich Negrets gekonnter Einsatz von CGI und praktischen Effekten, die einprägsame, unheimliche Szenen schaffen, die dem Publikum lange im Gedächtnis bleiben.

Das Drehbuch stammt erstmals von Negrets Bruder Daniel. Dieses profitiert von interessanten Themen – insbesondere dem Aufeinandertreffen unterschiedlicher Glaubens- und Kulturvorstellungen. Dennoch verfällt der Plot oft ins Altbekannte: Klischees wie “Die Macht Christi…” und dämonische Spötteleien sind allgegenwärtig und für Genrefans kaum überraschend.

Produktion: Schauplätze, Stil und Symbolik

Gedreht wurde an Originalschauplätzen in Ecuador, was dem Film ein seltenes visuelles Flair im Mainstream-Horror verleiht. Vulkanisches Terrain, dichter Regenwald und indigene Rituale sorgen für ausgeprägte Atmosphäre und Authentizität, auch wenn die mythische Tiefe der Region nur angerissen wird. Shaman bemüht sich um eine respektvolle Darstellung und vermeidet, die örtliche Kultur auf bloße Bedrohung zu reduzieren – dennoch wäre ein tieferes Eintauchen in indigene Sichtweisen und Legenden wünschenswert gewesen.

Kritische Resonanz: Erwartung trifft Realität

Seit dem Kinostart und der zeitgleichen Online-Veröffentlichung am 8. August steht Shaman in Horrorfankreisen zur Diskussion, weil er versucht, die Grenzen typischer Exorzismusfilme auszuweiten. Besonders Negrets Regie und Cannings Spiel werden vielfach gelobt, doch viele Kritiken verweisen auf wiederkehrende Motive sowie vertraute Erzählmuster. Trotz überzeugender optischer Umsetzung und neuer Schauplätze wünschen sich Genre-Liebhaber oft noch mehr Wagemut und Innovationskraft.

Fazit: Wie geht es weiter mit dem Exorzismus-Horror?

Wer spannende, atmosphärisch dichte Horrorgeschichten schätzt, kommt mit Shaman voll auf seine Kosten; Spannung und eindrucksvolle Bilder sind garantiert. Eine Revolution des Exorzismus-Films sucht man jedoch vergeblich. Dennoch setzt der Film mit sowoh dem kulturellen Aufeinandertreffen als auch mit neuen Schauplätzen beachtenswerte Akzente – und vielleicht ermutigt er kommende Filmschaffende dazu, inhaltlich und gestalterisch noch tiefer zu graben. Wer bereit ist, dem Bösen an exotischem Ort entgegenzutreten, wird an Shaman Gefallen finden – auch wenn die ganz große Innovation weiterhin auf sich warten lässt.

Quelle: screenrant

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