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Einleitung: Echte, berührbare 3D-Hologramme
Wissenschaftler:innen der Öffentlichen Universität von Navarra (UPNA) präsentieren ein neuartiges volumetrisches Displaysystem, das authentische 3D-Grafiken scheinbar frei im Raum schweben lässt und es Nutzer:innen erlaubt, diese mit bloßen Händen direkt zu greifen und zu verändern. Unter Leitung von Dr. Elodie Bouzbib und Hauptverantwortlichem Asier Marzo hat das interdisziplinäre Team mit FlexiVol einen Prototyp entwickelt, der ultraschnelle Projektion mit flexiblen optischen Diffusoren kombiniert. So entstehen sichere und unmittelbare Interaktionen mit Hologrammen in der Luft – ganz ohne Headset oder AR-Brille.
Funktionsweise von FlexiVol: Optik, Bewegung und elastische Diffusoren
Volumetrische Displays erzeugen echtes 3D, indem sie schnell aufeinanderfolgende 2D-Bildschnitte auf verschiedenen Ebenen projizieren, die durch das menschliche Augenlicht zu einem dreidimensionalen Objekt verschmelzen, das aus unterschiedlichen Blickwinkeln wahrnehmbar ist. Bei FlexiVol sorgt ein Projektor, der Tausende Bilder pro Sekunde ausgeben kann, in Kombination mit einer schnell schwingenden, elastischen Diffusorfolie für die 3D-Darstellung. Während bei herkömmlichen Systemen starre, zerbrechliche Diffusoren verwendet werden, setzt FlexiVol auf dehnbare Materialien, die gefahrlos mit Händen berührt und verformt werden können.
Elastische Diffusoren und Echtzeit-Korrektur
Dank der elastischen Oberfläche können Nutzer:innen mit den Fingern oder der Hand gefahrlos in das angezeigte Volumen eingreifen und dessen Form manipulieren. Da sich der flexible Werkstoff beim Eindrücken verändert, hat das Team eine Echtzeit-Korrektur der Projektion integriert. Diese gleicht mechanische und optische Verzerrungen aus, indem die Eigenschaften verschiedener Diffusormaterialien analysiert und die projizierten Bildebenen in Bruchteilen von Sekunden angepasst werden, sodass das Hologramm selbst bei Verformung geometrisch exakt bleibt.
Produktmerkmale und technische Highlights
- Echtes 3D-Volumen ohne Bedarf von Brillen oder Headsets sichtbar.
- Elastischer optischer Diffusor für sichere, direkt-haptische Bedienung.
- Projektion hoher Bildraten synchron zur Bewegung des Diffusors für ein stabiles 3D-Volumen in der Luft.
- Echtzeit-Deformationskorrektur zur Behebung optischer Verzerrungen durch das flexible Material.
- Intuitive Interaktionsmöglichkeiten mit natürlich wirkenden Gesten wie Greifen, Ziehen, Andocken und Nachzeichnen.
Vergleich: FlexiVol versus herkömmliche volumetrische Displays
Kommerzielle volumetrische Systeme – etwa von Voxon Photonics oder Brightvox – können beeindruckende 3D-Bilder in der Luft erzeugen, die Oberfläche ist jedoch bei Berührung meist beschädigungsanfällig. Die Stärke von FlexiVol liegt genau in der Interaktion: Die Kombination aus nachgiebigen Diffusoren und dynamischer Bildanpassung ermöglicht eine unmittelbare Manipulation, ähnlich wie das Drücken oder Ziehen auf einem Smartphone, allerdings räumlich in drei Dimensionen.
Vorteile und Leistungsfähigkeit
Nach Angaben der Forscher:innen gelingen Aufgaben wie das Auswählen, Andocken oder Nachziehen mit FlexiVol deutlich schneller und präziser als mit indirekten Eingabegeräten wie 3D-Mäusen. Die direkte Aktion nutzt die menschliche Stereoskopie und Motorik optimal aus, fördert das räumliche Verständnis und erleichtert die intuitive Steuerung virtueller Objekte. Die Sicherheit und Langlebigkeit profitieren zusätzlich: Elastische Diffusoren widerstehen Stößen und Verformungen, ohne unbrauchbar zu werden.
Nutzungsbereiche und Marktpotenzial
FlexiVol bietet große Einsatzmöglichkeiten – vom Bildungsbereich über Design, Museen und Teamarbeit bis hin zur Produktvisualisierung. In Schulen und technischen Ausbildungen könnten Lernende virtuelle Motormodelle oder anatomische Strukturen eigenhändig zerlegen und zusammensetzen. Museen könnten interaktive Hologrammstationen präsentieren, an denen Besucher:innen Exponate als 3D-Projektion untersuchen und greifen. Teams – zum Beispiel in Technik oder Medizin – profitieren von gemeinsam nutzbaren Luftdisplays für Gruppenbesprechungen, ganz ohne VR-Brillen und mit natürlicher Gestensteuerung.
Anwendungsbeispiele und Interaktionsszenarien
Um die Interaktion zu demonstrieren, entwickelte das Team verschiedene Prototyp-Apps: Ein virtuelles Haustier, das auf Berührungen reagiert und sich halten lässt; einen Editor für Landschaften, in dem Gelände mit den Fingern modelliert wird; sowie Szenarien zum Greifen eines Objekts, wie etwa das Drehen eines Würfels zwischen Daumen und Zeigefinger. Auch kreative Gesten wie das Simulieren gehender Beine durch abwechselndes Tippen mit den Fingern auf der Fläche wurden gezeigt.
Bedeutung für die Weiterentwicklung der Displaytechnologie
FlexiVol und ähnliche direkt manipulierbare volumetrische Displays schlagen eine Brücke zwischen passiver 3D-Visualisierung und vollständigen VR-Erlebnissen. Da sie die Notwendigkeit von Headsets eliminieren und stattdessen natürliche Berührung erlauben, könnten solche Lösungen künftig verstärkt in Bildungseinrichtungen, im öffentlichen Raum und in der Zusammenarbeit eingesetzt werden, wenn geteilte, sofort verfügbare 3D-Informationen gefragt sind. FlexiVol zeigt, wie die Kombination aus Materialinnovation, Hochgeschwindigkeitsprojektion und algorithmischer Korrektur neue, sichere Wege für die Interaktion mit Hologrammen eröffnet.
Ausblick
Künftig will das Forschungsteam das Materialspektrum weiter optimieren, die Auflösung und Helligkeit steigern und neue Interaktionsmethoden sowie Software-Werkzeuge für Entwickler:innen anbieten. Mit zunehmender Reife der Technologie sind kommerzielle Varianten denkbar, die auf Robustheit, Kosten und Skalierbarkeit ausgelegt sind – und so echte 3D-Hologramme zum Anfassen Realität werden lassen.
Quelle: neowin
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