Mercedes‑Benz baute diesen 300 SL Roadster und noch einen – dann war Schluss

Mercedes‑Benz baute diesen 300 SL Roadster und noch einen – dann war Schluss

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Mercedes‑Benz baute diesen 300 SL Roadster und noch einen – dann war Schluss

Der Mercedes‑Benz 300 SL Roadster gilt seit langem als einer der begehrtesten Sportwagen der Nachkriegszeit: ein verfeinertes, straßentaugliches Rennfahrzeug mit eleganter Karosserie und echter Motorsport‑DNA. Ein Exemplar vom allerletzten Produktionsende – fertiggestellt am 7. Februar 1963 und als Modelljahr 1964 zugelassen – ist das vorletzte Roadster, das die W198‑Montagelinie verließ. Mercedes fertigte nur drei Roadster mit Unterlagen fürs Modelljahr 1964; am folgenden Tag baute die Fabrik noch ein Fahrzeug, dann endete die W198‑Produktion. Dieses seltene Spätproduktionsfahrzeug ist jetzt bei RM Sotheby’s in Chobham eingeliefert und wird auf etwa £1.495.000 (ca. 2,02 Mio. $) geschätzt.

Warum dieser 300 SL Roadster wichtig ist

Dieser spezielle 300 SL Roadster hat eine ungewöhnlich seltene Spezifikation: eines von nur drei Fahrzeugen, die 1964 geliefert wurden, ausgestattet mit dem begehrten M198‑Motor mit Aluminium‑Block und werkseitigen Scheibenbremsen. Diese Merkmale stellen die fortschrittlichsten technischen Upgrades dar, die während der Produktionszeit des W198 eingeführt wurden, und machen Spätproduktions‑Roadster besonders attraktiv für Sammler, die Originalität und echte Leistungsverbesserungen schätzen.

Design und ursprüngliche Spezifikation

In Werksfarbe Weiß (DB 050) mit rotem Leder (DB 030) lackiert, befindet sich das Fahrzeug in einem außerordentlich originalen und unberührten Zustand. Die Restaurations‑ und Besitzhistorie bewahrt Matching Numbers für Fahrgestell, Karosserie, Getriebe und Hinterachse – ein entscheidendes Kriterium für Authentizität und Wert auf dem klassischen Mercedes‑Markt.

Karosserie und Innenraum

Der Roadster verzichtet auf die theatralischen Flügeltüren des früheren Coupés, behält jedoch die tiefe, aerodynamische Silhouette und die modellierten Kotflügel bei. Das zweisitzige offene Layout, das optionale Hardtop und die luxuriöse Lederausstattung machten ihn zum führenden Grand Tourer seiner Zeit. Dieses Exemplar besitzt noch das originale Werks‑Hardtop, einen zweiteiligen, maßgefertigten Koffersatz, die originalen Bedienungsanleitungen im Folianten und das komplette Bordwerkzeug einschließlich Wagenheber und Reserverad – alles Dinge, die die Provenienz stärken und bei Sammlern begehrt sind.

Provenienz und Besitzgeschichte

Ursprünglich an einen Mercedes‑Benz‑Händler in Salzburg, Österreich, ausgeliefert, stand das Auto etwa zehn Monate unverkauft – vermutlich eine Folge des neuen W113 SL, der als frischere und günstigere Alternative auf den Markt kam. Im November kehrte es nach Stuttgart zurück für die Umrüstung auf nordamerikanische Spezifikation: Scheinwerfer mit Sealed‑Beam‑Einheiten, Instrumente in Meilen, ein Becker Grand Prix Radio und Weißwandreifen wurden eingebaut. Trotz dieser Anpassungen behielt das Auto die europäische 3,64er Hinterachsübersetzung, und die Werksdokumentation dokumentiert sowohl die ursprüngliche europäische als auch die spätere nordamerikanische Konfiguration.

Der Roadster gelangte schließlich in die Vereinigten Staaten, wo sein erster amerikanischer Besitzer, Robert Lindsay, ihn am 14. Februar 1964 abholte. Mr. Lindsay bewahrte während seiner Besitzzeit sorgfältige Rechnungen und Serviceunterlagen auf. Spätere Besitzer, darunter Bill Sutherland von Sutherland‑Marlow Mercedes‑Benz sowie die Sammler Phil Smart Sr. und Jr., ergänzten die dokumentierte Historie. Die Smarts beauftragten den Spezialisten Rudi Konicezk in Victoria, British Columbia, das Fahrzeug wieder in die ursprüngliche Weiß‑über‑Rot‑Lackierung zu versetzen und damit sein werkstatt‑richtiges Erscheinungsbild zu stärken.

Fahrzeugdaten

Wesentliche technische Details dieses Spätproduktions‑300 SL Roadsters umfassen:

  • Modell: Mercedes‑Benz 300 SL Roadster (W198)
  • Produktionsabschluss: 7. Februar 1963 (zugelassen als 1964)
  • Motor: 3,0‑Liter Reihensechszylinder M198 mit Aluminium‑Block (Spätproduktions‑Version)
  • Leistung: werkseitig etwa 212 hp (215 PS) und 144 lb‑ft (196 Nm) angegeben — zeitgenössische Quellen nennen je nach Konfiguration manchmal 190–212 hp
  • Getriebe: 4‑Gang Schaltgetriebe
  • Bremsen: werkseitige Scheibenbremsen (Aufrüstung gegenüber frühen Trommelbremsen)
  • Hinterachsübersetzung: europäische 3,64 (trotz NA‑Umrüstung beibehalten)
  • Matching Numbers: Fahrgestell, Getriebe, Hinterachse und Karosserie bestätigt

Fahrleistung und Fahrcharakter

Auch wenn die angegebene Leistung im Vergleich zu modernen Sportwagen bescheiden wirken mag, war der 300 SL Anfang der 1960er Jahre ein Hochleistungsfahrzeug. Der M198‑Reihensechszylinder mit Aluminium‑Block lieferte gleichmäßige, kräftige Leistung, und die Kombination aus leichtem Aufbau, niedrigem Schwerpunkt und präziser Lenkung erzeugte ein berauschendes, analoges Fahrerlebnis. Das 4‑Gang‑Schaltgetriebe und die relativ schmalen Reifen jener Zeit verlangten volle Fahrerbeteiligung — eine Eigenschaft, die Sammler schätzen, die rohe mechanische Rückmeldung gegenüber heutigen elektronisch gesteuerten Systemen bevorzugen.

Marktpositionierung und Sammlerwert

Mercedes fertigte zwischen 1957 und 1963 insgesamt 1.858 Roadster, nach rund 1.400 Flügeltüren‑Coupés, die von 1954 bis 1957 gebaut wurden. Der Roadster richtete sich an Käufer, die die rennsportgeprägte Leistung und Technik des 300 SL ohne die auffälligen Flügeltüren wünschten. Spätproduktions‑Exemplare mit Aluminium‑Block, Scheibenbremsen und Matching Numbers haben eine Premium‑Stellung im Sammlerfahrzeugmarkt, weil sie das höchste Niveau werkseitiger Technik mit Herkunftsnachweis und Originalität verbinden.

Vergleich: Roadster vs. Flügeltür‑Coupé

Sammler schätzen aluminiumkarossierte Flügeltür‑Coupés oft als die Spitzenstücke der W198‑Familie, was ihre Seltenheit und die ausschließliche Aluminium‑Karosseriebauweise des Coupés widerspiegelt. Im vergangenen Jahr erzielte ein Aluminium‑Coupé, das jahrelang eingelagert und nahezu verfallen war, beeindruckende 9.335.000 $. Roadster, besonders Spätproduktionsfahrzeuge mit Aluminium‑Block wie dieses vorletzte Exemplar, bieten im Vergleich zu den extremsten Flügeltürern eine attraktive Balance aus Alltagstauglichkeit, Exklusivität und erreichbarer Seltenheit.

Zustand, Dokumentation und Kilometerstand

Im Katalog ist der Kilometerstand mit 39.143 angegeben und gilt als original — ein wichtiges Kriterium für Käufer, die unrestaurierte oder behutsam erhaltene Originale statt vollständiger Komplettrestaurierungen suchen. Die Historie‑Akten sind umfassend: Rechnungen bis zurück zu 1967, ein Mercedes‑Benz Classic‑Zertifikat, Kopien der Werksdatenkarten sowie Aufzeichnungen zu größeren Wartungen und Eigentumswechseln liegen vor. Zusammen mit den Matching Numbers und erhaltenem Zubehör unterstreichen diese Unterlagen die sorgfältige Verwahrung über mehr als fünf Jahrzehnte.

Auktionsdetails und Ausblick

Dieses vorletzte 300 SL Roadster wird von RM Sotheby’s bei deren Auktion in Chobham angeboten und auf etwa £1.495.000 (ca. 2,02 Mio. $) geschätzt. Angesichts der anhaltenden Beliebtheit des Modells bei Sammlern sowie des werkseitigen Aluminium‑Motors, der Scheibenbremsen, der Matching Numbers und der vorbildlichen Dokumentation ist mit großem Interesse der Bieter zu rechnen. Für Enthusiasten, die Authentizität, historische Performance und elegante Karosserien schätzen, bietet dieser Spätproduktions‑W198‑Roadster eine seltene Gelegenheit, eines der besten Exemplare seiner Art zu erwerben.

Quelle: autoevolution

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