7 Minuten
Wale verkaufen 147.000 BTC und verstärken den Preisdruck auf Bitcoin
Große Bitcoin-Inhaber haben ihren Bestand in den letzten 30 Tagen um rund 147.000 BTC reduziert — das entspricht bei den aktuellen Marktpreisen einem Gegenwert von etwa 16,5 Milliarden US-Dollar. Untersuchungen von CryptoQuant zeigen, dass dies einen Rückgang der Gesamtbestände von Walen um mehr als 2,7 % darstellt und die schnellste monatliche Abnahme des laufenden Zyklus ist. Analysten warnen, dass anhaltender Verkauf durch diese Wale den Abwärtsdruck auf den Bitcoin-Kurs in den kommenden Wochen weiter verstärken könnte. Diese Verkäufe sollten nicht isoliert betrachtet werden: sie sind Teil eines komplexen Zusammenspiels aus kurzfristigem Profit‑Taking, Rebalancing größerer Portfolios und strategischen Entscheidungen von Institutionen, die Liquidität benötigen oder Risiken managen.

Bitcoin: Gesamtbestand der Wale und 30-Tage-Prozentveränderung
Wer verkauft — und wohin fließen die Coins?
Das CryptoQuant-Team stellt fest, dass ein Großteil der Bewegungen von Long‑Term‑Holder‑Walen (LTH) ausgeht, also von Adressen, die Bitcoin über längere Zeiträume gehalten haben. Auffällig sind Transfers aus Kohorten mit einer Haltedauer von sechs bis zwölf Monaten. Solche Kohorten signalisieren oft, dass Kapital, das noch nicht extrem langfristig verankert war, nun realisiert wird. Einige dieser Transfers lagen im Durchschnitt bei etwa 8.500 BTC pro Vorgang. Auf Basis eines angenommenen Bitcoin‑Preises von rund 115.000 US‑Dollar würde das potenziellen Verkaufsdruck in Höhe von etwa 10 Milliarden US‑Dollar bedeuten — eine Summe, die die kurzfristige Order‑Buch‑Liquidität spürbar belasten kann.
Aus On‑Chain‑Sicht lassen sich mehrere Bestimmungsorte beobachten: ein Teil der Coins wandert zu zentralen Börsen, ein anderer Teil wird an OTC‑Desks oder institutionelle Verwahrer transferiert. Transfers an Börsen erhöhen tendenziell das unmittelbare Verkaufsangebot, während Transfers an Verwahrer bzw. Custodians oft mit institutionellen Käufen oder Umschichtungen verbunden sind. Es ist wichtig, zwischen kurzfristigem Verkaufsdruck und strategischer Umschichtung zu unterscheiden: Ein Transfer zu einer Börse erhöht die Wahrscheinlichkeit von Verkäufen, aber nicht jede Bewegung endet in einem Marktorder. Zudem können Wale ihre Coins auch zur Hedging‑ oder Optionsabsicherung verwenden, was die direkte Preiswirkung reduziert.

Bitcoin: Transfervolumen von Walen zu Börsen
Unternehmens‑Treasuries und ETFs kaufen auf
Parallel zu den Verkäufen zeigen sich auf der Käuferseite weiterhin aggressive Akkumulationen durch Unternehmen und institutionelle Produkte. Öffentliche Unternehmen wie das japanische Metaplanet haben nennenswerte Positionen hinzugefügt — Metaplanet erwarb jüngst 5.419 BTC — und Fahrzeuge, die mit Michael Saylor in Verbindung stehen, erhöhten ihre Bestände auf mehr als 639.000 BTC. Solche Bewegungen sind signifikant, weil Unternehmens‑Treasuries oft als relativ stabile, langfristige Nachfrager auftreten. Im Unterschied zu kurzfristigen Privatanlegern verfolgen Unternehmen häufig einen strategischen Ansatz: Bitcoin wird als Teil der Bilanzallokation, als Inflationsschutz oder als Diversifikationsinstrument gehalten.
Interessanterweise zeigen Berichte von Krypto‑Investmentfirmen, dass Unternehmen inzwischen mehr Bitcoin halten als ETFs. Diese Entwicklung verändert die Marktstruktur: ETFs bieten zwar Skalierbarkeit und breiten Anlegerzugang, können aber in Phasen hoher Volatilität große Zu‑ oder Abflüsse erzeugen. Unternehmenskäufe dagegen sind oft zeitlich gestreut und können als Stoßdämpfer wirken, weil sie tendenziell weniger abrupt liquidiert werden. Dennoch sind sowohl Unternehmens‑ als auch ETF‑Käufe keine Garantie dafür, dass sämtliche Verkaufswellen absorbiert werden — sie verringern jedoch die Wahrscheinlichkeit eines panikartigen Preisrutsches, indem sie einen langfristigen Käuferpuffer bereitstellen.
Zusätzlich zu Käufen auf Spotmärkten greifen institutionelle Käufer häufig auf Derivate und OTC‑Ströme zurück, um große Volumen zu platzieren, ohne das Orderbuch zu überfluten. Diese Mechanismen sind für das Verständnis der Marktreaktionen entscheidend: apparent gleiche Auftragsvolumen können sehr unterschiedliche Auswirkungen auf den Preis haben, abhängig davon, wie sie ausgeführt werden.
Technische Perspektive: Bear‑Flag deutet auf $100.000 hin
Auf der technischen Seite fiel BTC unter die Marke von 116.000 US‑Dollar und verlor dabei sowohl den 50‑Tage‑SMA (grob bei ~114.300 USD) als auch den 100‑Tage‑SMA (grob bei ~113.400 USD). Diese Bewegung validiert auf dem Tageschart eine Bear‑Flag‑Formation: ein klassisches Fortsetzungsmuster, das häufig auf eine Pause nach einem raschen Abwärtsimpuls und daraufhin eine Fortsetzung des Abwärtstrends hindeutet. Die Bear‑Flag‑Analyse berücksichtigt sowohl die Ausbruchsrichtung als auch das Volumen — ein Ausbruch nach unten mit erhöhtem Volumen stärkt die Signifikanz des Szenarios.
Das erste technische Unterstützungsband liegt laut vielen Händlern zwischen 112.000 und 110.000 USD. Ein Tagesschluss unterhalb dieses Bereichs würde das Risiko eines tieferen Verkaufsdrucks erhöhen und könnte die Kursbewegung in Richtung des Bear‑Flag‑Ziels um ~100.000 USD treiben. Das entspräche einem Rückgang von knapp 11 % gegenüber dem derzeitigen Niveau. Wichtig ist, dass technische Ziele immer als Orientierung verstanden werden sollten: sie liefern Wahrscheinlichkeiten, keine Gewissheiten. Trader schauen deshalb zusätzlich auf Volumenprofile, Order‑Book‑Tiefs und Korrelationen mit Makrodaten — zum Beispiel Zinssatzbewegungen, Dollar‑Index und institutionelle Kapitalflüsse —, um die Tragweite eines technischen Ausbruchs besser einzuschätzen.
Es existieren auch alternative Szenarien: Ein Fehlausbruch, bei dem eine kurzfristige Untergrenze schnell wieder zurückerobert wird, kann zu einem Short‑Squeeze führen und die Kurse rasch in vorherige Bereiche treiben. Ebenso könnten koordinierte Käufe von ETF‑Geldzuflüssen und Unternehmens‑Treasuries kurzfristig ausreichend Nachfrage generieren, um die Abwärtsdynamik zu stoppen oder gar umzudrehen. Daher ist das Zusammenspiel aus On‑Chain‑Daten, Marktstruktur und externen Geldströmen zentral für die Prognosegenauigkeit.

BTCUSD Tageschart
Momentum‑Indikatoren
Der Relative Strength Index (RSI) ist in der vergangenen Woche von 61 auf 44 gefallen, was ein deutliches Zeichen für zunehmende Abwärtsdynamik ist. Ein RSI‑Abfall in diesem Bereich deutet darauf hin, dass die Käuferkraft nachlässt und Verkäufer die Kontrolle übernehmen. Neben dem RSI beobachten technisch orientierte Händler üblicherweise auch den MACD, gleitende Durchschnitte und das Volumenprofil: ein fallender MACD‑Histogramm oder negative Konvergenzen würden die bärische Interpretation weiter stützen.
Gleichzeitig gibt es Bereiche, in denen Käufer potenziell Fuß fassen könnten: Viele Marktteilnehmer betrachten ~106.000 USD als einen möglichen Nachkaufbereich, in dem sowohl technische Unterstützungen als auch psychologisch relevante Preislevel zusammenlaufen. Ob diese Unterstützungszone hält, hängt maßgeblich davon ab, ob ETF‑Zuflüsse und Unternehmenskäufe weiterhin groß genug sind, um das Angebot der Wale zu absorbieren. Sollte dies gelingen, könnte der Markt eine Stabilisierung erfahren und in eine Phase niedriger Volatilität übergehen, in der neue Akkumulationsmöglichkeiten entstehen.
In der Summe hängt das Gleichgewicht des Marktes nun entscheidend davon ab, ob institutionelle und unternehmensbezogene Akkumulation die anhaltenden Verkäufe der Wale kompensieren kann. Diese Dynamiken sind die Schlüsselvariablen für die kurzfristige und mittelfristige Kursentwicklung von BTC sowie für das Szenario eines Abrutsches in Richtung 100.000 USD. Für Marktteilnehmer empfiehlt sich daher ein mehrgleisiger Ansatz: Monitoring von On‑Chain‑Flows, Beobachtung technischer Trigger sowie das Management von Positionsgrößen und Risiko, da die Marktbedingungen kurzfristig volatil bleiben können.
Quelle: cointelegraph
Kommentar hinterlassen