Morgan Stanley: Bitcoin-Zyklus wechselt in den Herbst

Morgan Stanley sieht Bitcoin im 'Herbst' eines Vierjahreszyklus. Die Analyse erklärt technische Signale wie den 365-Tage-Durchschnitt, Liquiditätsfaktoren (Stablecoins, Spot-ETFs, DATs) und Handlungsempfehlungen für Anleger.

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Morgan Stanley: Bitcoin-Zyklus wechselt in den Herbst

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Morgan Stanley: Bitcoin-Zyklus wechselt in den 'Herbst'

Morgan Stanley-Strategen deuten die jüngste Bitcoin-Preisbewegung als Teil eines saisonalen Vierjahreszyklus — und sprechen davon, dass sich der Markt nun in einer 'Herbst'-Phase befindet. In einer aktuellen Folge des Podcasts Crypto Goes Mainstream argumentierte Denny Galindo, Investment Strategist bei Morgan Stanley Wealth Management, dass historische Bitcoin-Zyklen tendenziell einem Muster von drei Aufwärtsphasen gefolgt von einer Abwärtsphase folgen. Galindo riet Anlegern, in dieser Phase Gewinne zu realisieren, um sich auf eine mögliche Abwärtsbewegung oder einen 'Krypto-Winter' vorzubereiten. Diese Einschätzung betont die Anwendung traditioneller Zyklusanalysen auf Bitcoin und impliziert, dass Marktteilnehmer aus unterschiedlichen Segmenten zunehmend saisonale Modelle für Risiko- und Portfolioentscheidungen berücksichtigen.

Warum der 'Herbst' für Krypto-Anleger relevant ist

Galindos Ernte-Analogie signalisiert, dass große Wall-Street-Firmen Bitcoin ähnlich behandeln wie Rohstoffe oder liquiditätsgetriebene makroökonomische Anlagen. "Wir befinden uns gerade in der Herbstsaison", sagte er. "Der Herbst ist die Zeit der Ernte. Daher ist es die Zeit, in der man seine Gewinne mitnehmen möchte. Die Frage ist jedoch, wie lange dieser Herbst dauern wird und wann der nächste Winter beginnt." Für Trader und langfristige Investoren bedeutet das, Risikoallokationen zu überprüfen, Gewinnmitnahme-Strategien in Betracht zu ziehen und die Positionsgrößen zu reduzieren, wenn makroökonomische Unsicherheiten zunehmen. Diese Vorgehensweise passt zu etablierten Portfolio-Management-Praktiken: Rebalancing, Stop-Loss-Mechanismen und Liquiditätsüberwachung gewinnen an Bedeutung, wenn die Wahrscheinlichkeit größerer Rückschläge steigt.

Technische Indikatoren zeigen steigendes Abwärtsrisiko

Am 5. November fiel Bitcoin unter die Marke von 99.000 USD und durchbrach dabei eine wichtige technische Schwelle: den 365-Tage-Gleitenden Durchschnitt. Julio Moreno, Leiter Forschung bei CryptoQuant, wies darauf hin, dass das Unterschreiten des 365-Tage-MAs ein vielbeachtetes Signal ist, das oft eine Abschwächung des Sentiments widerspiegelt. Der Forschungsanalyst Andri Fauzan Adziima von Bitrue bezeichnete die jüngste Bewegung als offizielle Markierung eines "technischen Bärenmarktes". Solche technischen Signale sind nicht zwangsläufig unmittelbar kausal für weitere Verluste, sie können jedoch als Selbstverstärker wirken: Wenn große Adressen, Hedgefonds oder algorithmische Händler diese Indikatoren als Verkaufssignal nutzen, kann das zu beschleunigten Abwärtsbewegungen führen. Zusätzlich ist zu beachten, dass das Unterschreiten eines langfristigen Durchschnitts oft mit erhöhten Vola- tilit äten einhergeht, da Stop-Orders ausgelöst und Hebelpositionen geschlossen werden.

Bitcoin-Preisbewegung im Jahr 2025

Was der 365-Tage-Gleitende Durchschnitt bedeutet

Der 365-Tage-Gleitende Durchschnitt ist ein langfristiger Trendindikator, der tägliche Volatilität glättet und dabei hilft, die generelle Marktrichtung zu signalisieren. Wenn der Preis unter diesen Durchschnitt fällt, interpretieren viele Analysten dies als Verschiebung von einer bullischen zu einer vorsichtigeren Positionierung. In der Praxis kann ein solches Signal institutionelle Investoren und Fonds dazu veranlassen, Risiko zu reduzieren, Cash aufzubauen oder Absicherungsstrategien wie Futures-Kontrakte einzusetzen. Gleichzeitig fungiert der 365-Tage-MA als Referenzpunkt für quantitative Strategien: Statistische Arbitrage-, Momentum- und Volatilitätsmodelle beziehen diesen Wert häufig in ihre Entscheidungslogik ein. Es ist ebenso wichtig, die Dynamik um diesen Durchschnitt herum zu beobachten — zum Beispiel das Volumen beim Durchbruch, die Breite der Marktteilnahme und die Divergenzen in anderen Indikatoren wie dem Relative Strength Index (RSI) oder On-Balance Volume (OBV).

Liquiditätsdynamik und Markttreiber

Über reine Preissignale hinaus sind Liquiditätstrends ein weiterer zentraler Risikofaktor. Der Market-Maker Wintermute beobachtete, dass zentrale Liquiditätstreiber — Stablecoins, Spot-ETFs und Corporate Digital Asset Treasuries (DATs) — an Dynamik verloren haben und sich abgeflacht haben. Allerdings unterscheiden sich diese Säulen in ihrer Herkunft und Struktur: Stablecoins bieten kurzfristige Handelsliquidität und dienen oft als On-Ramp für Retail- und OTC-Geschäfte; Spot-ETFs bündeln institutionelle Gelder und schaffen einen regulierten Zugangspunkt; Unternehmens-Treasuries (DATs) spiegeln strategische Allokationen wider, die weniger flüchtig sind, aber bei Umschichtungen signifikante Volumina freisetzen können. Wintermute warnt, dass wenn die Zuflüsse aus diesen drei Säulen nicht mehr beschleunigen, dies in Kombination mit erhöhtem Verkaufsdruck zu dünneren Märkten und stärkeren Preisschwankungen bei Korrekturen führen kann. Damit steigt das Risiko von Liquiditätslücken, die Slippage und größere Spreads nach sich ziehen können.

ETF-Zuflüsse und institutionelle Nachfrage

Trotz des jüngsten Einbruchs setzt sich die institutionelle Adoption fort. Michael Cyprys, Leiter US-Broker, Asset Manager und Exchanges bei Morgan Stanley Research, sagte im Podcast, dass viele institutionelle Investoren Bitcoin mittlerweile als potenzielles makroökonomisches Absicherungsinstrument betrachten — eine Form von 'digitalem Gold' gegen Inflation oder geldpolitische Verwässerung. Cyprys hob hervor, dass Spot-Bitcoin- und Ether-ETFs die Eintrittsbarrieren deutlich gesenkt haben und große Vermögensmengen in den Kryptomarkt gebracht haben: Daten von SoSoValue zeigen, dass US-Spot-Bitcoin-ETFs inzwischen über 137 Milliarden USD an Nettovermögen halten, während Spot-Ether-ETFs etwa 22,4 Milliarden USD ausmachen. Diese Zahlen veranschaulichen die wachsende Bedeutung von ETF-Daten als Indikator für institutionelle Nachfrage und Liquiditätsquellen. Wichtig ist dabei, zwischen Nettozuflüssen und Bruttozuflüssen zu unterscheiden, da Rebalancing und interne Umschichtungen die sichtbaren Kapitalbewegungen verzerren können.

Wie Anleger reagieren sollten

Institutionelle Allokationen sind typischerweise träger, weil sie Governance-Vorgaben, Risikoausschüsse und langfristige Mandate berücksichtigen. Das bedeutet, jede Rotation institutionellen Kapitals erfolgt in der Regel graduell. Für Privatanleger und krypto-fokussierte Investoren verlangt die aktuelle 'Herbst'-Phase diszipliniertes Positionsmanagement: Teilweise Gewinnmitnahme, Überprüfung des eingesetzten Hebels und engmaschige Beobachtung von Liquiditätsindikatoren sind empfehlenswerte Maßnahmen. Praktische Schritte umfassen das Setzen von Teilausstiegen bei definierten Renditen, das Reduzieren von Margin-Nutzung, das Sichern eines Cash-Polsters für Nachkaufgelegenheiten sowie das Implementieren von Alarmen für kritische technische Marken wie den 365-Tage-MA oder signifikante Volumenveränderungen auf Spot-ETFs.

Darüber hinaus sollten Anleger makroökonomische Rahmenbedingungen, ETF-Zuflüsse und On-Chain-Kennzahlen beobachten: Wechselkurse der wichtigsten Stablecoins, Nettoflussdaten von Spot-ETFs, Veränderungen in den Unternehmens-Treasuries (DATs), Exchange-Reserven sowie Datenpunkte wie Realized Price, MVRV (Market Value to Realized Value) und Long-Term Holder Supply. Diese Metriken erlauben eine besser informierte Einschätzung, ob ein temporärer Rückgang stattfindet oder ob strukturelle Schwächen vorherrschen, die eine längere Bärenphase begünstigen könnten. In Szenarien-Planung ist es ratsam, mehrere Zeithorizonte zu betrachten — kurzfristige Trading-Entscheidungen können sich stark von langfristigen Allokationsentscheidungen unterscheiden.

Kurz gesagt, die saisonale Einordnung von Morgan Stanley unterstreicht, dass die Zyklusdynamik von Bitcoin weiterhin Relevanz für die Portfolio-Konstruktion hat. Ob Sie Trader oder langfristiger Allokator sind: Die Kernbotschaft bleibt unverändert — Risiko bewerten, Gewinne sichern, wo es sinnvoll ist, und über Liquiditäts- sowie institutionelle Flussdaten informiert bleiben, da diese Faktoren Marktbewegungen maßgeblich verstärken oder abschwächen können. Zusätzlich empfiehlt es sich, robuste Risikomanagementprotokolle zu etablieren, die Liquiditätsstress-Szenarien berücksichtigen und klare Regeln für Rebalancing bzw. das Management von Drawdowns enthalten.

Aus analytischer Sicht ist wichtig zu betonen, dass kontextuelle Faktoren wie Geldpolitik, Zinssatzentwicklung, geopolitische Spannungen und regulatorische Veränderungen weiterhin starke Einflussgrößen bleiben. Bitcoin reagiert nicht isoliert — vielmehr interagiert die Kryptowährung mit makroökonomischen Trends, strukturellen Anlagetrends wie der ETF-Adoption und der Entwicklung von On-Chain-Infrastrukturen. Ein systematischer Ansatz, der technische Indikatoren, On-Chain-Daten und makroökonomische Signale kombiniert, erhöht die Wahrscheinlichkeit fundierter Entscheidungen in stürmischen Phasen.

Quelle: cointelegraph

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