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Extreme DRAM‑Preise beginnen, Wellen durch den PC‑Hardware‑Markt zu schlagen. Was als temporäre Verteuerung von Arbeitsspeicher begann, wird inzwischen für einen dramatischen Einbruch bei Mainboard‑Käufen verantwortlich gemacht — und Marktbeobachter fragen sich, ob im nächsten Schritt auch die CPU‑Absätze betroffen sein werden. In diesem Artikel erläutern wir die Ursachen, beleuchten technische und wirtschaftliche Zusammenhänge und geben konkrete Handlungsempfehlungen für Käufer, Händler und Hersteller in einer Zeit hoher RAM‑Preise.
DRAM‑Anstieg reduziert Mainboard‑Nachfrage um fast die Hälfte
Berichten aus auf Mainboards spezialisierten Kanälen zufolge verzeichnen große Mainboard‑Hersteller wie MSI, GIGABYTE und ASUS derzeit einen Rückgang der Verkäufe von rund 40–50 % im Vergleich zum gleichen Zeitraum des Vorjahres. Normalerweise treibt die Festtagssaison die Nachfrage an, doch seit Oktober sind die DRAM‑Kosten deutlich gestiegen: Manche DDR5‑Kits werden derzeit zum Zwei‑ bis Vierfachen ihrer üblichen Preise angeboten. Diese Preisveränderung zwingt viele Käufer dazu, Aufrüstungen aufzuschieben oder frisch geplante PC‑Builds komplett abzusagen.
Hinter dem Preisanstieg stehen mehrere Faktoren: kurzfristige Lagerengpässe bei Modulen, Kapazitätsplanung der DRAM‑Fabriken, Schwankungen in der Nachfrage von Server‑ und Mobilmärkten sowie Logistik‑ und Rohstoffkosten. Ergänzend kommt, dass Hersteller oft auf erhöhte Margen setzen, wenn die Vorlaufkosten unsicher sind, was den Handel zusätzlich belastet. Die Folge ist eine spürbare Abschwächung des Aftermarket‑geschäfts, das traditionell einen bedeutenden Anteil am Verkauf von Retail‑Mainboards ausmacht.
Für Händler und Systemintegratoren bedeuten geringere Mainboard‑Absätze nicht nur Umsatzrückgänge, sondern auch höhere Lagerkosten und die Notwendigkeit, Absatzförderungen neu zu gestalten. Einige Reseller arbeiten bereits mit verlängerten Rückgabefristen und flexibleren Zahlungsoptionen, um Käufer zu beruhigen. Trotzdem bleibt die Kernfrage bestehen: Solange DRAM‑Preise volatil bleiben, wird sich die Nachfrage nach kompatiblen Hauptplatinen nur langsam erholen.
DDR5‑Umstieg macht den Markt anfälliger
Die Umstellung auf DDR5 hat die Empfindlichkeit des Marktes zusätzlich verschärft. Sowohl AMDs als auch Intels aktuelle Plattformen haben klar auf DDR5 gesetzt, wodurch der Pool erschwinglicher DDR4‑Upgradepfade deutlich geschrumpft ist. Viele Endkunden warteten mit dem Plan, die Speicherkapazität zu erhöhen oder neue Systeme auf AM5‑ oder LGA‑1851‑Mainboards aufzubauen, und sehen sich nun mit unerschwinglichen DDR5‑Preisen konfrontiert.
Technisch bringt DDR5 Vorteile wie höhere Bandbreiten, größere Module pro DIMM, integrierte PMICs (Power Management ICs) und bessere Skalierbarkeit für hohe Kapazitäten. Diese Verbesserungen rechtfertigen oft höhere Einstiegspreise, doch bei stark gestiegenen Marktpreisen verschiebt sich das Verhältnis von Kosten zu Nutzen deutlich zugunsten der Vorsicht. Viele Anwender wägen deshalb ab, ob sie lieber auf DDR4‑Basissysteme ausweichen, bis DDR5‑Module in Preis und Verfügbarkeit wieder attraktiver sind.
Für OEMs und Mainboard‑Designer bedeutet die Dominanz von DDR5, dass Produktlinien neu kalibriert werden müssen: BIOS‑Support, Zertifizierungen für größere Modulgrößen, Optimierung der Signalwege und Validierung verschiedener XMP/EXPO‑Profile erfordern Zeit und Investitionen. Gleichzeitig reduzieren sich die Upgrader-Pfade, weil ältere Sockel und Chipsätze langsam auslaufen. Das Ergebnis ist eine temporäre Fragmentierung des Upgrademarktes und eine verstärkte Preissensitivität bei Endkunden.
Könnten CPUs die nächsten Opfer werden?
Es liegt nahe, dass auch der Prozessorabsatz unter der Entwicklung leiden könnte. Baut jemand sein System nicht sofort auf ein DDR5‑fähiges Mainboard um oder entscheidet sich für ein älteres System, sinkt die unmittelbare Nachfrage nach neuen CPUs für AM5 oder LGA‑1851. Wenn Käufer stattdessen auf bereits vorhandene Plattformen setzen oder ein Upgrade ganz verschieben, reduziert das die Absatzdynamik im CPU‑Sektor.
Marktbeobachter berichten, dass CPU‑Verkäufe inzwischen hinter den Vorjahreswerten zurückbleiben könnten, und wenn die DRAM‑Preise weiterhin auf hohem Niveau verharren, könnte dieser Rückgang anhalten oder sich sogar verstärken. Langfristig könnten Hersteller gezwungen sein, Preisstrategien anzupassen, größere Werbeaktionen zu fahren oder Bundles zu schnüren, um die Nachfrage wieder anzukurbeln. Für High‑End‑Segmente ist das Risiko geringer, da Enthusiasten oft trotzdem upgraden, doch der Mainstream‑ und Budgetbereich ist besonders anfällig.
Ein weiterer Punkt ist der Gebrauchtmarkt: Wenn Käufer bestehende Systeme länger nutzen, steigt das Angebot an gebrauchten CPUs und Mainboards, was wiederum Druck auf Neupreise erzeugen kann. Der Sekundärmarkt könnte damit kurzfristig attraktive Optionen für preissensible Nutzer bieten, gleichzeitig aber die Margen der Hersteller und Händler weiter belasten.

Wie Hersteller und Händler reagieren
- Einige Händler und Mainboard‑Hersteller bündeln bereits DDR5‑Kits mit Mainboards, um Komplettpakete attraktiver und kalkulierbarer zu machen — das hilft vor allem Käufern, die komplett neu bauen und eine Lösung aus einer Hand suchen. Solche Bundles können Rabattvorteile bieten, zentralisierte Kompatibilitätsgarantien und vereinfachten Support.
- Bestandskunden von Mainboards profitieren nur begrenzt von Bundles, da sie bei reinen Aufrüstungen weiterhin die hohen RAM‑Einstandspreise schultern müssen. Für reine RAM‑Upgrades fehlen momentan oft preislich attraktive Optionen, sodass viele Nutzer auf spätere Preisrückgänge hoffen.
- Hersteller überdenken Promotion‑ und Lagerstrategien: Manche setzen auf gezielte Rabattaktionen für ältere Platinen mit DDR4‑Support, andere erhöhen die Beschaffungsvolumina von RAM für Bundles, um Margen zu stabilisieren. Gleichzeitig analysieren Händler Verkaufsdaten enger, um Überbestände zu vermeiden und flexibel auf kurzfristige Preisänderungen am DRAM‑Markt reagieren zu können.
Zusätzlich experimentieren einige Marktteilnehmer mit Staffelpreisen, Treueprogrammen und Finanzierungslösungen, um die Kaufbarriere für Endkunden zu verringern. Auf Ebene der Lieferkette suchen Unternehmen nach alternativen Zulieferern oder verhandeln differenzierte Konditionen, um kurzfristige Kostensteigerungen abzufedern. Langfristig kann das zu einer Neuverteilung von Marktanteilen führen, wenn kleinere Anbieter flexibler reagieren als etablierte Player.
Was Käufer jetzt tun können
- Überlegen Sie, nicht dringend notwendige Builds aufzuschieben, bis sich die DRAM‑Preise stabilisiert haben. Wenn Sie jedoch ein System benötigen, kann eine temporäre Lösung auf Basis von DDR4 sinnvoll sein, sofern die Kompatibilität dies zulässt. DDR4‑Plattformen bleiben für viele Anwendungen ausreichend leistungsfähig und bieten derzeit deutlich bessere Preis‑Pro‑GB‑Verhältnisse.
- Achten Sie auf Mainboard‑plus‑RAM‑Bundles, wenn Sie eine komplette Systemlösung suchen; solche Pakete sind oft günstiger als der Einzelkauf und bieten zudem den Vorteil geprüfter Kompatibilität. Prüfen Sie zudem Hersteller‑Registrierungsangebote oder Cashback‑Aktionen, die den effektiven Preis senken können.
- Richten Sie Preisalarme ein und verfolgen Sie vertrauenswürdige Mainboard‑ und Hardware‑Kanäle, um schnelle Änderungen bei Verfügbarkeit und Preisen mitzubekommen. Märkte können sich sehr schnell drehen — Clearance‑Sales oder kurzfristige Überbestände können Chancen bieten.
Ergänzend empfiehlt es sich, die eigenen Anforderungen präzise zu definieren: Für reine Büro‑ und Multimedia‑Anwendungen sind 16–32 GB RAM oft ausreichend, während kreative Workflows und Anwendungen wie Video‑Rendering oder große Datenanalyse‑Workloads von höheren Kapazitäten profitieren. Wer seine Anforderungen kennt, kann gezielter entscheiden, ob ein Upgrade jetzt notwendig ist oder besser später erfolgt.
Technisch versierte Käufer können außerdem Optionen wie den Kauf einzelner DIMMs nutzen, wenn das Plattform‑Design den Betrieb im asymmetrischen Modus erlaubt, oder nach Modulen mit gebrauchter, aber geprüfter Herkunft Ausschau halten. Beim Kauf gebrauchter RAM‑Module ist jedoch Vorsicht geboten: Zustand, Garantie und Kompatibilität sollten vor dem Kauf gründlich geprüft werden.
Die Bewegung am Speichermarkt hat zugleich offengelegt, wie eng PC‑Komponenten wirtschaftlich miteinander verknüpft sind. Wenn DRAM langfristig teuer bleibt, werden Mainboard‑Hersteller den Druck spüren — und es ist plausibel, dass CPUs als nächstes in Sachen Absatzschwäche folgen könnten. Kurzfristig ist die Situation volatil, doch wer informiert bleibt und taktisch kauft, kann Kosten minimieren oder im richtigen Moment profitieren.
Abschließend sei betont: Marktzyklen bei Komponenten wie RAM sind historisch sehr dynamisch. Preisspitzen können durch erhöhte Fertigungskapazitäten, veränderte Nachfragemuster in Rechenzentren oder geopolitische Einflüsse wieder abklingen. Für Endkunden lohnt sich daher ein nüchterner Blick auf technische Notwendigkeit versus Preis; für Händler und Hersteller erfordert die Lage Anpassungsfähigkeit in Beschaffung, Marketing und Lagerhaltung.
Quelle: wccftech
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