Venedig vereint zwei visionäre Filmemacher

Venedig vereint zwei visionäre Filmemacher

0 Kommentare

5 Minuten

Venedig vereint zwei visionäre Filmemacher

Das 82. Filmfestival Venedig verspricht ein filmisches Zusammentreffen zweier Giganten: Francis Ford Coppola wird die Laudatio für Werner Herzog halten, während das Festival dem ikonoklastischen deutschen Regisseur den Goldenen Löwen für sein Lebenswerk 2025 verleiht. Die Verleihung, die bei der Eröffnungszeremonie am 27. Aug. geplant ist, unterstreicht Venedigs Rolle als Bühne für die Würdigung von Autorenfilmer:innen und generationenübergreifende Gespräche im Weltkino.

Herzogs Auszeichnungen, ein neuer Film und eine Masterclass auf dem Lido

Werner Herzog, bekannt für prägende Werke wie "Aguirre, the Wrath of God", "Fitzcarraldo" und "Nosferatu the Vampyre", wird mit dem Goldenen Löwen geehrt. Gleichzeitig wird Herzog seinen neuen Dokumentarfilm "Ghost Elephants" uraufführen, eine elegische Suche nach einer gemunkelten Elefantenherde, die über eine weitgehend unbewohnte Fläche der angolanischen Hochebene streifen soll — eine Landschaft so groß wie England. "Ghost Elephants" läuft außer Konkurrenz, und Herzog wird zudem eine Masterclass auf dem Lido geben, wodurch er seine lange Tradition fortsetzt, strenge philosophische Reflexionen mit praxisnahen Erzähltechniken vom Set zu verbinden.

Von mythischen Dschungel-Epen zu intimen Dokumentarfilmen

Herzogs Angola-Odyssee spiegelt seine lebenslange Faszination für Obsession, Isolation und die Grenzen menschlichen Verstehens wider — Motive, die "Ghost Elephants" mit früheren Klassikern verbinden. Während "Fitzcarraldo" den sisyphosartigen Traum eines Mannes im Amazonas dramatisierte, kehrt der neue Dokumentarfilm die Perspektive um: Die mythische Suche richtet sich nun auf Tierwelt und Landschaft, wobei Herzogs Erzählerstimme die Zuschauer:innen ins Unbekannte führt.

Coppolas Anwesenheit: Preisträger und Laudator

Francis Ford Coppola — fünfmaliger Oscar-Gewinner, der selbst 1992 mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet wurde — wird die Ehrung persönlich überreichen. Interessanterweise fungiert Coppola nicht nur als Herzog’s Laudator; er ist auch Gegenstand von Mike Figgis’ neuem Dokumentarfilm "Megadoc", der seine jahrzehntelangen Bemühungen dokumentiert, das selbstfinanzierte Epos "Megalopolis" zu verwirklichen. "Megadoc", das in der Sektion Venice Classics seine Premiere feiert, wird als Porträt von Coppolas kreativem Prozess angekündigt und legt die Freuden und Frustrationen eines routinierten Auteur offen, der weiterhin nach seinen eigenen Maßstäben schöpft.

Festivaleröffnung und weitere Höhepunkte

Das Festival eröffnet mit Paolo Sorrentinos "La Grazia", das den Oscar-prämierten Regisseur wieder mit dem Schauspieler Toni Servillo aus "The Great Beauty" zusammenbringt. Unterdessen soll Herzogs nächster Spielfilm, das kolportierte narrative Projekt "Bucking Fastard", die Schwestern Kate und Rooney Mara in den Hauptrollen zeigen — eine Besetzung, die Herzogs anhaltendes Interesse signalisiert, etabliertes Talent mit unkonventionellem Material zu verbinden.

Weiterer Kontext und Branchenhinweise

Die Zusammenführung von Herzog und Coppola in Venedig spiegelt einen breiteren Festivaltrend wider: das Ehrung von Autorenfilmer:innen, verbunden mit der Präsentation neuer Werke, die die Obsessionen dieser Regisseur:innen fortführen. Während Streaming die Verbreitung verändert und die Budgets für mittlere Autorenfilme knapper werden, sind Festivals wie Venedig zu wichtigen Schaufenstern für Dokumentarfilme und Herzensprojekte geworden, die andernfalls Schwierigkeiten hätten, ein Publikum zu finden.

Trivia-Fans dürfte interessieren, dass Coppola sich kürzlich am 5. Aug. in Rom einem nicht-notfallmäßigen herzbezogenen Eingriff unterzog — ein Hinweis auf die Belastbarkeit von Filmschaffenden, die auch im fortgeschrittenen Alter weiter auf Tour gehen und ihre Arbeiten präsentieren. Zugleich bleibt Herzogs Faszination für abgelegene Landschaften — vom Amazonas bis zur sibirischen Tundra — ein prägendes Merkmal, das Kritiker:innen und Cinephile gleichermaßen in den Bann zieht.

Filmhistoriker Marco Jensen ordnet ein: "Herzog und Coppola besetzen verschiedene Pole filmischer Mythengestaltung — Herzog, der obsessive Pilger des menschlichen Geistes; Coppola, der Architekt weitläufiger familiärer und urbaner Sagen. Sie in Venedig verbunden zu sehen, erinnert daran, dass das Kino in der Lage ist, innere und äußere Welten zugleich darzustellen."

Fazit: Venedig als lebendiges Archiv des Autorenkinos

Während sich der Lido auf Vorführungen, Masterclasses und Preisverleihungen vorbereitet, wird sich das Filmfestival Venedig 2025 wie ein lebendiges Archiv anfühlen: ein Ort, an dem Vergangenheit und Gegenwart des Autorenkinos zusammenlaufen. Ob man Herzogs Suche nach den schwer fassbaren Elefanten verfolgt oder Coppolas akribische Verfolgung eines großen urbanen Epos — Venedig bleibt für Cinephile, die mutiges und persönliches Filmemachen suchen, unverzichtbar. Erwarten Sie Gespräche, die vom Philosophischen bis zum Praktischen reichen, und Filme, die die Grenzen menschlicher Ausdauer und Vorstellungskraft ausloten.

Quelle: variety

Kommentare

Kommentar hinterlassen