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Venedig-Moment: eine emotionale Premiere
Julia Roberts war sichtlich bewegt, als Luca Guadagninos neuestes Drama, After the Hunt, auf dem Lido uraufgeführt wurde und ein sechsminütiger Standing Ovation erhielt. Die Veröffentlichung von Amazon MGM Studios brachte Fans und Kritiker in der vollen Sala Grande von Venedig zum Aufstehen: Roberts wischte sich Tränen von den Wangen, warf Küsse in die Menge und umarmte Guadagnino sowie ihre Mitdarsteller Ayo Edebiri und Andrew Garfield. Die Szene – zugleich Feier und Katharsis – wurde schnell zu einem der meistdiskutierten Momente des Filmfestivals.
Worum es in After the Hunt geht
In After the Hunt verkörpert Roberts Alma Olsson, eine angesehene Ivy-League-Professorin, die sich mit einer verborgenen Vergangenheit konfrontiert sieht, nachdem einer ihrer Schützlinge einen Kollegen des unangemessenen Verhaltens beschuldigt. Andrew Garfield spielt Henrik "Hank" Gibson, einen Kollegen, dessen Rolle die Loyalitäten auf dem Campus kompliziert, während Ayo Edebiri (frisch vom Durchbruch im Fernsehen) Maggie Price spielt, die Studentin im Zentrum der Anschuldigung. Die R-Bewertung des Films unterstreicht seinen unerschrockenen Blick auf Macht, Geheimhaltung und Reputation.
Festivalaufregung und Kontroverse
Der Film löste in Venedig eine hitzige Pressekonferenz aus, bei der Fragen aufkamen, wie er mit #MeToo, Cancel Culture und institutioneller Verantwortung umgeht. Roberts betonte, dass der Film eher Gespräche anstoßen wolle, als Kontroversen zu schüren: "Wir geben keine eindeutigen Urteile vor; wir stellen diese Menschen in diesem Moment dar", sagte sie und forderte das Publikum auf, sich dem Stoff im Dialog zu nähern statt vorschnell moralisch über ihn zu richten.
Roter-Teppich-Energie und Fanreaktionen
Vor der Vorführung hielten Guadagnino und Roberts kurz inne, um auf dem roten Teppich Autogramme zu geben, während Fans "Julia!" und "Luca!" riefen. Garfield – in einem eleganten blauen Anzug und frisch rasiert – posierte für Selfies und genoss die Begeisterung der Menge. Edebiri, die ebenfalls emotional wurde, teilte sich den Scheinwerferlicht-Moment an einem Abend, der Star-Power mit echter Publikumsresonanz verband.
Vergleiche und die Entwicklung des Regisseurs
After the Hunt befindet sich an der Schnittstelle zwischen Guadagninos charakteristischer Intensität und gesellschaftlich aufgeladenem Drama. Fans, die seine Filme kennen, werden die visuelle Sinnlichkeit aus I Am Love und die emotionale Härte von Bones and All wiedererkennen, doch der Fokus auf öffentliche Debatten stellt eine Nähe zu jüngerer Kinoarbeit her, die institutionelle Macht hinterfragt – eher The Assistant (2019) als Guadagninos romantische oder horroressente Projekte. Das Ergebnis ist ein Hybrid: Guadagninos ästhetische Feinheit trifft auf ein aktuelles, diskussionsgetriebenes Drehbuch der Erstlingsautorin Nora Garrett.

Besetzung, Team und Trivia
In Nebenrollen sind Michael Stuhlbarg und Chloë Sevigny zu sehen, beide Stammgäste bei Guadagnino, während Produzenten unter anderem Guadagnino selbst, Brian Grazer und Jeb Brody sind. Bemerkenswert ist, dass Nora Garrett ihr Debüt als Drehbuchautorin für einen Spielfilm gibt, und die Aufnahme in Venedig folgt Guadagninos jüngerer Festivalgeschichte – seine letzte Premiere, Queer, erhielt eine neunminütige Ovation. Für Bones and All wurde ihm der Silberne Löwe für die beste Regie verliehen, was seine langjährige Beziehung zum Festival unterstreicht.
Branchentrends und Verwertung
Die hochkarätige Venedig-Premiere von After the Hunt spiegelt einen breiteren Trend wider: renommierte Filmemacher und große Streaming-Anbieter nutzen Festivals als Startrampen für diskussionsgetriebene Dramen, die zwischen Kinoauswertung und Streaming-Modellen pendeln. Amazon MGM setzt mit dem kinostufen Rollout – Erststart in New York und L.A., bevor die Ausweitung folgt – auf die Dynamik der Awards-Saison und das Mundpropaganda-Potenzial von Festivals wie Venedig.
Expertenperspektive
"Guadagnino hat ein Talent dafür, innere Konflikte in filmische Spektakel zu verwandeln", sagt die Filmkritikerin Anna Kovacs. "After the Hunt vertieft seine wiederkehrenden Themen von Verlangen und Konsequenz und lädt zugleich zur öffentlichen Debatte ein – es ist Kino, das diskutiert werden will, nicht bloß konsumiert."
Kritische Einschätzung und Publikumsreaktion
Die ersten Reaktionen teilen sich zwischen Bewunderung für die Leistungen und Debatten über die Darstellung von Verantwortlichkeit. Während manche die Nuanciertheit und Roberts' vielschichtige Darstellung loben, fragen andere, ob eine Erzählung, die so eng an zeitgenössische Kontroversen anknüpft, wirklich neutral bleiben kann. Genau diese Spannung scheint Guadagnino zu suchen: ein Film, der zugleich kunstvolles Erzählen und kulturellen Spiegel bietet.
Fazit: Warum After the Hunt wichtig ist
After the Hunt ist mehr als ein Festivaltriumpf; der Film ist ein Anstoß für Gespräche. Mit starken Darbietungen, der kühnen Vision eines Regisseurs und einem Drehbuch, das einfache Antworten verweigert, kommt der Film in einer Zeit, in der das Publikum Geschichten verlangt, die soziale Komplexität widerspiegeln. Ob man das Kinohaus inspiriert oder provoziert verlässt – Guadagnino und sein Ensemble haben ein Werk geliefert, über das in Wohnzimmern, Hörsälen und Kritikerspalten gesprochen werden wird.
Quelle: variety
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