Bitcoin-Kaufchance nach 19 Mrd. Dollar-Liquidation

Die 19-Milliarden-Dollar-Liquidation im Bitcoin-Markt eröffnet ein mögliches Kauffenster. Standard Chartered-Analyst Geoff Kendrick sieht eine Akkumulationsphase, gestützt von ETF-Zuflüssen, Golddynamik und erwarteten Fed-Zinssenkungen.

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Bitcoin-Kaufchance nach 19 Mrd. Dollar-Liquidation

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Markt-Liquidation eröffnet mögliches Kauffenster für Bitcoin

Der jüngste Schock am Bitcoin-Markt — eine Rekord-Liquidation in Höhe von 19 Milliarden US-Dollar am Wochenende des 10. Oktober — drückte BTC bis auf rund 104.000 US-Dollar und markierte ein Viermonats-Tief, das Schockwellen durch die Krypto-Märkte sandte. Trotz der erhöhten Volatilität sieht Geoff Kendrick, Global Head of Digital Assets Research bei Standard Chartered, gegenüber Cointelegraph Anzeichen dafür, dass dieser Ausverkauf eine Akkumulationsphase markieren und Anlegern ein strategisches Kauffenster bieten könnte. Die Größe der Liquidation macht deutlich, wie stark gehebelte Positionen Marktbewegungen verstärken können; gleichzeitig schafft die Bereinigung dieser Positionen die Voraussetzungen für eine stabilere Preisbildung und mögliche erneute Nachfrage.

Prognose: $200.000 bis Jahresende

Auf der European Blockchain Convention 2025 in Barcelona bekräftigte Kendrick seine bullische Einschätzung: „Meine offizielle Prognose liegt bei 200.000 US-Dollar bis zum Jahresende.“ Er fügte hinzu, dass selbst ein konservatives Szenario, das durch anhaltende makroökonomische Unsicherheiten — einschließlich erneuter Zollrhetorik aus US-amerikanischen politischen Kreisen — geprägt ist, Bitcoin noch deutlich über 150.000 US-Dollar sehen könnte, falls die Federal Reserve den Markterwartungen folgt und die Geldpolitik durch Zinssenkungen erleichtert. Diese Einschätzung verknüpft geldpolitische Erwartungen, insbesondere mögliche Fed-Zinssenkungen, mit Kapitalflüssen in risikoreichere Anlagen wie Kryptowährungen und mit der Rolle institutioneller Produkte wie Bitcoin-ETFs als stabile Nachfragemotoren.

BTC/USD, 1-Monats-Chart.

Warum die Liquidation eine Rallye beschleunigen könnte

Die 19-Milliarden-Dollar-Liquidation löste eine scharfe, kurzfristige Korrektur aus; gleichzeitig beseitigen solche Liquidationen jedoch oft übermäßige Hebelprodukte und reduzieren den unmittelbaren Verkaufsdruck. Kendrick argumentiert, dass die Wochen nach dem Crash dazu dienen, dass sich Marktliquidität und Handelscontainer normalisieren, wodurch institutionelle Anleger wie Vermögensverwalter, Pensionsfonds und Family Offices sowie private Investoren opportunistisch BTC zu niedrigeren Kursen akkumulieren können. Historisch gesehen folgen auf erzwungene Verkäufe häufig Perioden erneuten Aufwärtsdrucks, sobald Deleveraging und das Wiederaufleben organischer Nachfrage zusammentreffen.

Auf mikroökonomischer Ebene führt eine Bereinigung von gehebelten Positionen zu geringeren Finanzierungsraten in Derivatemärkten, stabileren Orderbüchern und einer Verringerung der Tail-Risiken, die kurzfristig Panikverkäufe auslösen. Auf makroökonomischer Ebene können solche Ereignisse auch Risikopreise neu justieren: Sinken beispielsweise Realzinsen infolge einer gelockerten Zentralbankpolitik, steigt die Attraktivität von Vermögenswerten mit begrenztem Angebot, zu denen Bitcoin oft gezählt wird. Diese dynamische Wechselwirkung zwischen Deleveraging und Liquiditätszuflüssen kann eine Erholungsbewegung beschleunigen, sofern keine neuen systemischen Schocks auftreten.

ETFs und Gold-Dynamik als wichtige Preistreiber

Kendrick identifiziert Bitcoin-Exchange-Traded-Funds (ETFs) als den zentralen Katalysator für die nächste Aufwärtsbewegung. Anhaltende ETF-Zuflüsse würden laut ihm die Preisfindung stützen und eine dauerhafte Nachfrage nach BTC erzeugen. Dieser Gedankengang gewann an Gewicht, als Bitcoin-ETFs nach mehreren politisch beeinflussten Abflüssen einen Rebound mit netto positiven Zuflüssen in Höhe von 477 Millionen US-Dollar verzeichneten, so die Daten von Farside Investors. Solche Zuflüsse bedeuten bei Spot-ETFs in der Regel direkte Käufe am Kassamarkt und damit einen erhöhten physischen Bedarf an Bitcoin, der sich unmittelbar auf das Angebot und die Liquidität auswirkt.

Zuflüsse in Bitcoin-ETFs, USD, Millionen.

Er verweist außerdem auf die erneute Stärke von Gold: Wenn Gold als Safe-Haven-Narrativ zurückkehrt und neue Hochs anstrebt, könnte Bitcoin von ähnlichen Anlegerverhaltensmustern profitieren. Die Korrelation zwischen Edelmetallen und BTC — insbesondere unter der Prämisse erwarteter Fed-Zinssenkungen — kann die Argumentation von Bitcoin als Wertspeicher verstärken und zusätzliches Kapital in Krypto-Assets und ETF-Produkte lenken. Dabei ist zu beachten, dass die Korrelationen zeitvariabel sind: In Phasen hoher Systemunsicherheit können Anleger sowohl in Gold als auch in Bitcoin fliehen, während in anderen Phasen ein Rotationseffekt stattfindet, wenn Anleger zwischen verschiedenen Safe-Haven- und Wachstumsassets wechseln.

Technisch wirken Spot-ETFs über mehrere Kanäle: Erstens aggregieren sie Anlegernachfrage in einem regulierten Produkt, das leichter in Portfolios integrierbar ist; zweitens erfordern viele Spot-ETFs physische Käufe, wodurch die On-Chain-Angebotsseite direkt angesprochen wird; drittens schaffen sie einen wiederkehrenden Fluss institutionellen Kapitals, der Preisschwankungen dämpfen und Liquiditätsengpässe reduzieren kann. All dies macht ETFs zu einem strukturellen Faktor in der mittelfristigen Preisentwicklung von Bitcoin.

Kurzfristiger Schmerz, langfristige Chance

Zum Zeitpunkt der Berichterstattung notierte Bitcoin bei rund 108.260 US-Dollar, was einem Rückgang von etwa 6 % im vergangenen Monat entspricht. Während die kurzfristige Volatilität erhöht bleibt, geht Kendrick davon aus, dass der Markt den Liquidationsschock innerhalb weniger Wochen aufnehmen wird. Sobald das Deleveraging abgeschlossen ist, erwartet er, dass institutionelle Anleger und sogenannte Wale den Einbruch als Akkumulationsmöglichkeit nutzen, was eine nachhaltige Rally bis zum Jahresende befeuern könnte. Diese Erwartung stützt sich auf die Kombination aus wiederkehrenden ETF-Zuflüssen, potenzieller Geldlockerung durch Zentralbanken und dem begrenzten maximalen Angebot von Bitcoin.

Für Trader und Investoren bedeutet das: Kurzfristig sind aktive Risikomanagement-Maßnahmen sinnvoll — etwa das Beobachten von Funding-Raten, Open Interest in Derivatemärkten und Liquiditätsindikatoren wie Exchange-Reserven. Mittelfristig können fundamental orientierte Anleger Metriken wie Nettoneuzugänge in ETFs, on-chain Kennzahlen (z. B. MVRV, SOPR, aktives Angebot) und makroökonomische Daten (Inflation, Arbeitsmarktzahlen, Fed-Kommunikation) als Entscheidungshilfen nutzen. Strategien wie Dollar-Cost-Averaging (DCA) oder gestaffelte Limit-Käufe können helfen, Volatilität zu glätten und Exposure schrittweise aufzubauen.

Weitere relevante technische Indikatoren sind das Verhältnis von Spot-Preis zu ETF-Preis (wenn entsprechende Produkte existieren), die Differenz zwischen Spot und Futures (Basis) sowie das Verhalten institutioneller Market Maker. Zusammen liefern diese Daten ein umfassenderes Bild darüber, ob ein Kursrückgang eher eine temporäre Korrektur oder den Beginn eines längerfristigen Trendwechsels darstellt.

Risiken für die Prognose

Wesentliche Abwärtsrisiken bleiben bestehen: Unerwartete makroökonomische Schocks, eine länger anhaltende restriktive Fed-Politik oder zusätzliche geopolitische Eskalationen könnten die Erholung verzögern oder abschwächen. Politische Entwicklungen — etwa neue Zollankündigungen oder regulatorische Eingriffe — können ebenfalls headline-getriebene Kapitalflüsse auslösen. Darüber hinaus existieren spezifische Krypto-Risiken wie Sicherheitsvorfälle bei Handelsplätzen, Verwahrungsprobleme bei großen Custodians oder negative Regulierungsentscheidungen in wichtigen Jurisdiktionen, die das Vertrauen und die Nachfrage erheblich beeinträchtigen könnten.

Selbst unter dem Risiko eines fortgesetzten Gegenwindes bleibt jedoch die Option, dass makroökonomische Impulse in Richtung Lockerung und anhaltende ETF-Zuflüsse zusammenspielen und damit die Voraussetzungen für einen signifikanten Aufwärtstrend schaffen. Anleger sollten deshalb Szenarien planen, Stop-Loss-Strategien definieren und ihr Portfolio auf Diversifikation sowie geeignete Verwahrungs- und Steuermethoden abstimmen.

In einem weiteren zeitlichen Horizont hat Kendrick zuvor noch ambitioniertere Szenarien für BTC skizziert, die auf nachhaltiger institutioneller Adoption und einer langfristig lockeren Geldpolitik beruhen. Für Trader und langfristig orientierte Investoren kann die jüngste Liquidation daher sowohl eine eindringliche Erinnerung an die Volatilität von Krypto-Assets als auch ein mögliches Einstiegssignal darstellen — insbesondere über regulierte Spot-Märkte und ETF-Strukturen, die institutionellen Zugang erleichtern.

Abschließend sollten Marktteilnehmer die Kombination aus fundamentalen Treibern (ETF-Zuflüsse, institutionelle Nachfrage), makroökonomischen Rahmenbedingungen (Fed-Entscheidungen, Realzinsentwicklung) und on-chain-basierten Indikatoren (Netzwerkaktivität, Angebotsverteilung) fortlaufend überwachen. Nur durch eine ganzheitliche Betrachtung dieser Faktoren lässt sich die Wahrscheinlichkeit abschätzen, ob ein temporärer Rückgang in eine nachhaltige Aufwärtsbewegung übergeht.

Quelle: cointelegraph

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