Neue Studie: Süß- und Diätgetränke erhöhen MASLD-Risiko

Analyse aus der UK Biobank zeigt: Sowohl zuckerhaltige als auch künstlich gesüßte Getränke sind mit höherem MASLD‑Risiko und erhöhtem Leberfett verbunden. Wasser als Ersatz reduziert das Risiko signifikant.

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Neue Studie: Süß- und Diätgetränke erhöhen MASLD-Risiko

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Neue Forschung an einer großen UK-Kohorte verknüpft sowohl zuckerhaltige als auch niedrig- bzw. nicht-süßende Getränke mit höheren Raten von metabolisch dysfunktioneller steatotischer Lebererkrankung (MASLD) und einem Anstieg des Leberfetts. Die Ergebnisse stellen die Vorstellung infrage, dass Diät- oder »Zero‑Calorie«-Softdrinks harmlos seien, und deuten Wasser als schützenden Ersatz an.

Sowohl reguläre als auch »Diät«-gesüßte Getränke könnten das Risiko für eine Fettleber erhöhen, legt die neue Studie nahe. Selbst mäßiger Konsum wurde mit erhöhtem Leberfett und einem höheren Mortalitätsrisiko in Verbindung gebracht.

Big data, clear signal: what the study found

Die Forschenden werteten Ernährungs- und Gesundheitsdaten von 123.788 Teilnehmern der UK Biobank aus, die zum Studienbeginn keine bekannte Lebererkrankung hatten. Die Getränkeaufnahme wurde mithilfe mehrerer 24-Stunden-Ernährungsfragebögen erfasst; die Teilnehmenden wurden median 10,3 Jahre nachbeobachtet. Innerhalb dieses Zeitraums erhielten 1.178 Personen die Diagnose MASLD, und 108 Menschen starben an leberbezogenen Ursachen.

Die Analyse zeigte, dass ein täglicher Konsum von mehr als ungefähr 250 Gramm (etwa eine Dose) entweder von zuckerhaltigen Getränken (SSBs) oder von niedrig-/nicht zuckerhaften Getränken (LNSSBs) mit einem deutlich erhöhten Risiko für MASLD assoziiert war. Die Hazard Ratios wiesen auf ein um etwa 60 % höheres Risiko für LNSSBs (HR 1,599) und ein um etwa 50 % höheres Risiko für SSBs (HR 1,469) hin. Beide Getränkegruppen korrelierten außerdem mit erhöhten Messwerten des Leberfetts. Bemerkenswert ist, dass in dieser Kohorte nur LNSSBs eine statistisch signifikante Verbindung mit leberbezogener Mortalität zeigten.

Zur Einordnung: Hazard Ratios geben das relative Risiko im Zeitverlauf an und werden in epidemiologischen Kohortenstudien häufig verwendet, um Zusammenhänge zwischen Expositionen (wie Getränkeaufnahme) und Ereignissen (wie MASLD-Diagnosen) zu quantifizieren. Solche Assoziationen können Hinweise auf potenzielle Risiken liefern, begründen aber nicht automatisch einen kausalen Zusammenhang — dafür sind ergänzende randomisierte oder genetische Studien erforderlich.

Methodisch punktet die Studie durch die große Fallzahl, die wiederholten Ernährungsdaten und den langen Beobachtungszeitraum. Dennoch bleiben mögliche Confounder wie Ernährungsstil, Bewegungsverhalten, Alkoholkonsum, sozioökonomischer Status oder begleitende Stoffwechselerkrankungen wichtige Faktoren, die die Assoziationen beeinflussen können. Die Autorinnen und Autoren berichteten über umfangreiche Adjustierungen, doch das Residualconfounding lässt sich in Beobachtungsstudien nie vollständig ausschließen.

How could 'diet' drinks harm the liver?

Auf den ersten Blick erscheinen die Ergebnisse kontraintuitiv: Kalorienarme oder zuckerfreie Getränke werden oft als gesündere Alternativen beworben. Doch die Studienautoren und frühere Forschungsliteratur skizzieren mehrere plausible biologische Mechanismen, die erklären könnten, wie sowohl zuckerhaltige als auch künstlich gesüßte Getränke die Lebergesundheit beeinflussen.

Sugar-sweetened beverages

  • Führen zu schnellen Spitzen von Blutglukose und Insulin, die metabolische Belastungen begünstigen können.
  • Fördern Gewichtszunahme und erhöhen Harnsäurespiegel, beides Faktoren, die mit der Akkumulation von Leberfett und Insulinresistenz assoziiert sind.

Low- and non-sugar alternatives

  • Könnten das Darmmikrobiom so verändern, dass die metabolische Verwertung und die Glukosehomöostase beeinträchtigt werden.
  • Können das Sättigungsgefühl stören, Heißhunger auf Süßes verstärken und möglicherweise trotz geringer Kalorien orale oder intestinale Signale auslösen, die Insulinantworten beeinflussen.

Auf zellulärer Ebene ist insbesondere Fruktose, die in vielen zuckerhaltigen Getränken in Form von Saccharose oder Maissirup vorkommt, dafür bekannt, in der Leber die de-novo-Lipogenese zu stimulieren — ein Stoffwechselweg, der aus überschüssiger Kohlenhydratenergie Fettsäuren bildet und so zur Leberverfettung beitragen kann. Gleichzeitig fördert ein kontinuierlich hoher Zucker- bzw. Fruktosekonsum metabolische Entzündungsreaktionen und oxidativen Stress, die die Progression von einfacher Steatose zu entzündlicher und fibrotischer Lebererkrankung begünstigen können.

Im Fall von künstlichen Süßstoffen sind die Mechanismen komplexer und derzeit Gegenstand aktiver Forschung: Tier- und Humanstudien deuten darauf hin, dass bestimmte Süßstoffe mikrobiomassoziierte Veränderungen hervorrufen können, die Glukosetoleranz und Insulinresistenz beeinflussen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass eine dauerhafte Exposition gegenüber intensiven Süßstoffen geschmackliche Vorlieben ändert und so insgesamt die Zufuhr kalorischer Süße durch andere Nahrungsmittel erhöhen kann.

Wichtig ist, dass diese biologischen Hypothesen individuell variieren können. Genetische Faktoren, bestehende Insulinresistenz, das Ausmaß an Adipositas und weitere Lebensstilfaktoren modulieren wahrscheinlich, wie stark ein bestimmter Konsument von Getränken betroffen ist.

Praktische Bedeutung und Risikokommunikation

Die Kernbotschaft für Kliniker, Ernährungsfachkräfte und Verbraucher lautet nicht zwingend: »Alle Softdrinks verbieten«, sondern vielmehr: »Bewusstsein schaffen und substituieren«. Die Studie zeigt, dass bereits ein Konsum von circa einer Dose pro Tag messbare Unterschiede im MASLD-Risiko aufzeigen kann. Solche Information ist nützlich für individuelle Beratungen zur Prävention von Lebererkrankungen, zur Gewichtskontrolle und zur Reduktion von kardiometabolischem Risiko.

Für die Risikokommunikation empfiehlt es sich, folgende Punkte zu betonen:

  • Die Dosis macht das Gift: Häufigkeit und Menge der Getränkeaufnahme sind entscheidend.
  • Eine einzelne Maßnahme (z. B. Austausch eines Getränks) ist selten ausreichend; bessere Effekte zeigen sich im Rahmen umfassender Lifestyle-Anpassungen (Ernährung, Bewegung, Gewichtsmanagement).
  • Wasser ist in den meisten Fällen die sicherste und kostengünstigste Alternative — insbesondere für Menschen mit bestehender Insulinresistenz, Adipositas oder anderen kardiometabolischen Risikofaktoren.

In der klinischen Praxis können standardisierte Screening-Fragen zur Flüssigkeitszufuhr hilfreich sein (z. B. tägliche Dosen Energiegetränke, Softdrinks, Diät-Getränke), um gezielte Beratung zur Flüssigkeitszufuhr und mögliche Substitution mit kalorienfreien, nicht gesüßten Optionen zu geben.

Simple swap: water lowers the risk

Einer der praktikabelsten Befunde der Studie ist: Der Austausch zuckerhaltiger oder künstlich gesüßter Getränke durch Wasser war mit einer deutlichen Verringerung des MASLD-Risikos verbunden. Konkret reduzierte der Ersatz von zuckerhaltigen Getränken durch Wasser das Risiko um etwa 12,8 %, während der Ersatz von künstlich gesüßten Getränken durch Wasser das Risiko um etwa 15,2 % senkte. Im Gegensatz dazu ergab der Austausch von SSBs gegen LNSSBs (oder umgekehrt) keinen klaren Vorteil.

Diese Resultate lassen sich direkt in Präventionsempfehlungen übertragen: Wasser statt Softdrinks zu wählen, ist eine einfache, kostengünstige und wirkungsvolle Maßnahme zur Reduzierung des Leberfett-Risikos und wahrscheinlich auch anderer kardiometabolischer Erkrankungen. Weitere praktische Optionen sind ungesüßter Tee, Mineralwasser mit Sprudel oder mit einem Spritzer Zitrone sowie eine schrittweise Reduktion des Verbrauchs gesüßter Getränke als Verhaltenstherapie.

Aus gesundheitspolitischer Sicht stützen die Ergebnisse Maßnahmen, die die Verfügbarkeit und Attraktivität von zuckerfreien, nicht gesüßten Alternativen erhöhen — beispielsweise bessere Kennzeichnung, Zugang zu kostenlosem Trinkwasser in öffentlichen Einrichtungen und Schulprogrammen, sowie fiskalische Maßnahmen wie Zuckersteuern, die nachweislich den Konsum gesüßter Getränke reduzieren können.

Implications for public health and research

MASLD — früher als nicht-alkoholische Fettleberkrankheit (NAFLD) bezeichnet — betrifft inzwischen schätzungsweise ein Drittel der Weltbevölkerung und stellt eine wachsende Ursache für leberbezogene Erkrankungen und Todesfälle dar. Mit steigender Prävalenz von Adipositas und Typ-2-Diabetes nimmt auch die Bedeutung von Ernährungs- und Lebensstilinterventionen zur Prävention von Lebererkrankungen zu.

Die Autorinnen und Autoren fordern längere randomisierte Studien und genetische Untersuchungen (z. B. Mendelsche Randomisierung), um kausale Zusammenhänge zu klären und besser zu verstehen, wie Zuckerarten und Süßstoffe mit dem Darmmikrobiom und metabolischen Signalwegen interagieren. Solche Studien könnten differenzieren, ob bestimmte Süßstoffe oder Dosierungen besonders risikoreich sind, und ob bestimmte Populationen (z. B. Menschen mit genetischer Prädisposition oder bestehender Insulinresistenz) empfindlicher reagieren.

Für die Forschung sind zudem folgende Schritte wichtig:

  • Standardisierte, wiederholte Ernährungsmessungen kombiniert mit objektiven Biomarkern (z. B. Metabolomik, Messungen von Harnsäure oder speziellen Leberenzymen).
  • Bildgebende Verfahren zur quantitativen Erfassung von Leberfett (z. B. MRT-basierte PDFF-Messungen), um subtile Veränderungen im Leberstatus langfristig zu verfolgen.
  • Interventionsstudien, die nicht nur kurzfristige Stoffwechselparameter, sondern auch klinisch relevante Endpunkte wie das Fortschreiten zu nicht-alkoholischer Steatohepatitis (NASH), Fibrose oder leberbezogener Mortalität untersuchen.

Auf dem Gebiet der Public-Health-Strategien scheint es ratsam, die Reduktion sowohl zuckerhaltiger als auch künstlich gesüßter Getränke in bevölkerungsweiten Empfehlungen zu berücksichtigen. Die Evidenzlage legt nahe, dass pauschale Werbung für künstliche Süßstoffe als harmlosen Ersatz vorsichtig zu interpretieren ist und dass der Fokus auf gesündere Basenflüssigkeiten — vor allem Wasser — liegen sollte.

Schließlich bleibt die Kommunikation an die Öffentlichkeit eine Schlüsselfrage: Fokussierte, evidenzbasierte Empfehlungen, die die Risiken transparent erklären, gleichzeitig aber praktikable Ersatzoptionen anbieten, sind nötig, um Verhaltensänderungen zu erleichtern und die Prävention von Lebererkrankungen effektiv zu unterstützen.

Fazit: Die Studie leistet einen wichtigen Beitrag zur wachsenden Evidenz, dass nicht nur zuckerhaltige, sondern auch viele künstlich gesüßte Getränke metabolische Risiken bergen können. Angesichts der Prävalenz von MASLD und der breiten Nutzung von Softdrinks ist die einfache Maßnahme »Wasser als Standardgetränk« eine sofort umsetzbare Empfehlung für Gesundheitsfachkreise und die Allgemeinbevölkerung.

Hinweis zur Zitierfähigkeit: Die Ergebnisse basieren auf Beobachtungsdaten der UK Biobank; die berichteten Hazard Ratios und Prozentwerte entstammen der genannten Kohortenanalyse. Für die Ableitung kausaler Schlussfolgerungen sind ergänzende randomisierte und genetische Studien notwendig. Leserinnen und Leser, die detaillierte Methodik, statistische Adjustierungen oder Subgruppenanalysen einsehen möchten, sollten die Originalpublikation und ergänzende Materialien der Studie konsultieren.

Quelle: scitechdaily

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