Disney vs Google: Lizenz, KI-Trainingsdaten und Folgen

Disney fordert Google per Unterlassung auf, Disney‑Inhalte nicht für generative KI zu nutzen, während Disney einem Milliarden‑Lizenzdeal mit OpenAI für das Projekt Sora zustimmt. Der Fall wirft Fragen zu Urheberrecht, KI‑Trainingsdaten und Lizenzstrategien auf.

Lena Wagner Lena Wagner . Kommentare
Disney vs Google: Lizenz, KI-Trainingsdaten und Folgen

7 Minuten

Disney hat Google formell aufgefordert, die Nutzung seiner Figuren und Inhalte in generativen KI-Tools einzustellen und dazu eine Unterlassungsaufforderung verschickt, während das Unterhaltungsunternehmen zeitgleich einen separaten Milliarden-Deal mit OpenAI abschließt. Dieser Konflikt macht neue rechtliche und ethische Spannungen sichtbar, die sich um die Frage drehen, wie KI-Plattformen Modelle trainieren, welche Datensätze sie nutzen und in welchem Umfang urheberrechtlich geschütztes Material in Ergebnissen auftauchen kann. Im Kern stehen Fragen zu geistigem Eigentum, Lizenzierung, Datennutzung und der Verantwortung von Plattformbetreibern gegenüber Rechteinhabern und Nutzerinnen und Nutzern.

Eine unerwartete rechtliche Maßnahme vor einer großen Partnerschaft

Öffentlichen Berichten zufolge hat Disney Google nur wenige Stunden vor der Bekanntgabe eines Lizenzvertrags mit OpenAI eine formelle Unterlassungsaufforderung zugeschickt. In dem Schreiben wirft Disney Google umfangreiche Urheberrechtsverletzungen im Zusammenhang mit dessen generativen KI-Systemen vor und verlangt, dass das Unternehmen unverzüglich aufhört, von Disney gehaltene Figuren, Bildmaterial und sonstige Assets in Trainingsdaten für KI-Modelle sowie in an Endkunden gerichteten Produkten zu verwenden. Solche Maßnahmen zielen darauf ab, die Nutzung geschützter Inhalte ohne Lizenz zu stoppen und mögliche Schadensersatzansprüche vorzubereiten.

Die Mitteilung führt explizit einige von Disneys wertvollsten geistigen Eigentümern (Intellectual Property, IP) auf — darunter The Lion King, Toy Story und Star Wars — und weist darauf hin, dass Googles KI-Tools Ausgaben erzeugen können, die erkennbar auf diesen IPs basieren. Disney nennt dabei ausdrücklich auch Plattformen und Dienste von Google, wie YouTube, sowie ein in dem Schreiben genanntes Produkt mit der Bezeichnung "Nano Banana". Die Aufzählung dient offenbar dazu, den Umfang der angeblichen Nutzung geschützter Inhalte zu konkretisieren und verschiedene Produktkontexte zu adressieren, in denen solche Inhalte auftauchen könnten.

Was Disney vorbringt und warum das relevant ist

Disney-CEO Bob Iger erklärte gegenüber Medienvertretern, dass Gespräche mit Google bereits seit Monaten geführt worden seien, das Unternehmen jedoch der Ansicht sei, dass Google keine substantiellen politischen Änderungen vorgenommen habe, um Disneys Bedenken auszuräumen. Disney verwies zudem auf Fälle von KI-generierten Figurenabbildungen und viralen Trends, die geschützte Inhalte nachahmten, und deutete an, dass prominente Aussagen und Gesten von Google-CEO Sundar Pichai Nutzer dazu ermutigt haben könnten, geschütztes Material nachzubilden oder zu verbreiten. Damit unterstreicht Disney sowohl die praktischen Auswirkungen auf Markenimage und Merchandising als auch die strukturellen Risiken für Kontrolle über eigene IP.

Parallel dazu gab Disney einen ungefähr 1 Milliarde Dollar schweren Vertrag mit OpenAI bekannt, der OpenAI die Nutzung ausgewählter Disney-Figuren und Bildwelten im Rahmen eines Projekts namens "Sora" erlaubt — einer KI-basierten Plattform für Videoproduktion und soziale Kreativformate. Der Deal gewährt OpenAI lizenzierte Zugriffsrechte auf erkennbare Disney-IP innerhalb eines kontrollierten Kreativwerkzeugs, das offenbar darauf ausgelegt ist, urheberrechtlich geschützte Inhalte in einer regulierten Umgebung nutzbar zu machen. Dieser Schritt illustriert die Abwägung großer Studios zwischen Lizenzierungsumsätzen, Marken­schutz und Bedenken hinsichtlich der weiten Verbreitung geschützter Inhalte auf offenen Plattformen.

Aus Sicht von Rechtsexperten und Branchenbeobachtern zeigt die Kombination aus Unterlassungsaufforderung gegenüber Google und dem Lizenzvertrag mit OpenAI ein differenziertes Vorgehen: Während Disney gezielt Lizenzeinnahmen und kontrollierte Nutzung ermöglicht, will das Unternehmen zugleich unlizenzierte Verwendungen durch andere Plattformen einschränken. Solche Strategien haben weitreichende Auswirkungen auf den Markt für KI-Inhalte, die Lizenzierungslandschaft und die künftige Verhandlungsposition von Rechteinhabern.

Googles Reaktion: langjährige Beziehung und vorhandene Schutzmechanismen

Google gab eine Stellungnahme ab, in der die lange und gegenseitig vorteilhafte Beziehung zu Disney hervorgehoben wurde und angekündigt wurde, die Gespräche würden fortgesetzt. Das Unternehmen betonte, dass seine Modelle auf öffentlich zugänglichen Webdaten trainiert werden und hob Schutzmechanismen hervor, die bereits für Creators angeboten werden — etwa YouTubes Content ID-System sowie weiterreichende Urheberrechtskontrollen, die dazu dienen, Rechteinhaber zu schützen. Google führt damit bestehende technische und organisatorische Maßnahmen an, die Missbrauch und Urheberrechtsverletzungen vorbeugen sollen.

  • Disney: verschickte eine Unterlassungsaufforderung und nannte große Franchise-Titel.
  • Google: verteidigt die Nutzung öffentlicher Webdaten und verweist auf bestehende Urheberrechtstools.
  • OpenAI: erhielt Lizenzrechte an Disney-IP für Sora im Rahmen eines neuen 1‑Milliarden-Dollar-Deals.

Bei dem Streit geht es um mehr als nur die Bilanz eines einzelnen Studios. Die Auseinandersetzung wirft grundsätzliche Fragen auf: Wie viel Kontrolle sollten Rechteinhaber über Datensätze behalten, die zum Training generativer KI verwendet werden? In welchem Maße können Plattformbetreiber Innovationen fördern, ohne Urheberrechte zu verletzen? Und wie werden Standards für Transparenz, Datenherkunft und Lizensierung in einem sich schnell entwickelnden KI‑Ökosystem durchgesetzt? Diese Fragen betreffen nicht nur Produzenten großer Medienkonzerne, sondern auch unabhängige Kreative, Plattformbetreiber, Nutzer und Gesetzgeber.

Was als Nächstes zu beobachten ist

Es ist mit kurzfristigen Entwicklungen zu rechnen. Juristische Teams aller beteiligten Parteien könnten die Auseinandersetzung eskalieren, da Unterlassungsaufforderungen oft der Auftakt für weiterführende Klagen oder Verhandlungen sind. Gleichzeitig könnten politische Entscheidungsträger aktiv werden: Gesetzgeber in mehreren Jurisdiktionen prüfen bereits Regelwerke für KI, Urheberrecht und Plattformverantwortung, und diese Debatte dürfte durch hochkarätige Fälle zusätzlichen Schub erhalten. Andere Studios und Rechteinhaber werden die Situation aufmerksam beobachten, um zu entscheiden, ob Lizenzvereinbarungen à la Disney‑OpenAI oder gerichtliche Schritte der wirkungsvollere Weg sind.

Für Kreative und NutzerInnen betont der Vorfall, wie schnell generative KI etablierte Medienkonventionen herausfordert: Fragen zur Attribution, zu Honoraren, zu Merchandising und zur Kontrolle über die Darstellung von Marken und Charakteren gewinnen an Bedeutung. Technische Anbieter müssen ihre Datenherkunft, Trainingsprozesse und Moderationspraktiken transparenter gestalten, während Rechteinhaber ihre Lizenzierungsstrategien und Durchsetzungsmechanismen neu bewerten werden. Letztlich steht die Branche vor der Herausforderung, einen Ausgleich zwischen Innovation, fairer Vergütung und rechtlichem Schutz zu finden.

Aus einer strategischen Perspektive könnten mehrere Szenarien eintreten: gerichtliche Auseinandersetzungen mit Präzedenzwirkung, bilaterale Lizenzverträge mit Plattformbetreibern, oder eine Kombination aus Regulierung und Selbstverpflichtungen der Industrie (z. B. standardisierte Lizenzmodelle und technische Watermarking-/Provenance-Lösungen). Entscheidend ist auch, wie Gerichte und Regulierungsbehörden Begriffe wie "Ableitung" oder "Fair Use" in Bezug auf generative KI konkret interpretieren — ihre Entscheidungen werden maßgeblich beeinflussen, welches Geschäftsmodell für KI‑gestützte Kreativtools künftig vorherrscht.

In technischer Hinsicht werden Fragen zur Zusammensetzung von Trainingsdatensätzen, zur Stichprobe öffentlicher versus lizenzierter Inhalte und zu den Methoden der Datenbereinigung zunehmend an Bedeutung gewinnen. Auch die Rolle von Metadaten, Urheberrechtskennzeichnungen und digitalen Signaturen (z. B. für Provenienz oder Wasserzeichen) könnte zentral werden, um die Herkunft generierter Inhalte nachzuverfolgen und Rechteinhabern Kontrolle zu ermöglichen.

Schließlich ist die Nachfrage nach klaren Richtlinien für Entwicklerinnen und Entwickler von KI‑Anwendungen gestiegen: Wie müssen Entwickler Daten klassifizieren, welche Lizenzinformationen sind erforderlich und welche technischen Mittel (z. B. Filtersysteme, Sperrmechanismen) sind zumutbar, um die Nutzung geschützter Werke zu verhindern oder angemessen zu regulieren?

Für Medienunternehmen und Plattformen sind dies zugleich rechtliche, wirtschaftliche und operative Herausforderungen. Ein koordinierter Ansatz zwischen Rechteinhabern, Technologieanbietern, Plattformbetreibern und Regulierungsbehörden erscheint notwendig, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln, die Innovation nicht ersticken, aber zugleich Urheberrechte und Marken schützen.

Quelle: smarti

"Smartphone-Expertin mit einem Auge fürs Detail. Ich teste nicht nur die Leistung, sondern auch die Usability im Alltag."

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