GADD45A schützt das Herz vor pathologischem Stress

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GADD45A schützt das Herz vor pathologischem Stress

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GADD45A als schützendes Protein gegen kardialen Stress identifiziert

Wenn das Herz stärker als üblich arbeiten muss, können sich die ventrikulären Wände verdicken – ein Prozess, der als kardiale Hypertrophie bezeichnet wird. Zunächst ist dies eine adaptive Reaktion, die dem Herzen hilft, die Auswurfleistung bei erhöhtem Druck oder Volumen aufrechtzuerhalten. Hält die Belastung jedoch über längere Zeit an, wandelt sich diese Reaktion häufig in eine pathologische Hypertrophie um – ein maladaptiver Zustand, der mit vermehrter Fibrose, chronischer Entzündung, veränderter mechanischer Funktion des Herzmuskels, ventrikulärer Dilatation und letztlich Herzinsuffizienz einhergeht. Menschen mit Typ-2-Diabetes (T2D) tragen aufgrund häufiger Komorbiditäten wie Hypertonie, Adipositas und koronarer Herzkrankheit ein erhöhtes Risiko für diese Komplikationen.

Neue translationale Forschungsteams der Universität Barcelona (UB), des Instituts für Biomedizin der UB (IBUB), des Sant Joan de Déu Research Institute (IRSJD) und CIBERDEM heben das Protein GADD45A als intrinsische Bremse gegen Prozesse hervor, die die pathologische Hypertrophie fördern. Die in Cellular and Molecular Life Sciences veröffentlichte Studie nutzte Mausmodelle und humane Kardiomyozytenkulturen, um zu untersuchen, wie GADD45A proinflammatorische und profibrotische Signalwege einschränkt und so Struktur und Funktion des Herzens bewahrt.

Wissenschaftlicher Hintergrund: Welche Rolle GADD45A im Herzen spielt

GADD45A (growth arrest and DNA damage inducible 45A) ist ein stressreaktives Protein, das zuvor in Prozessen wie DNA-Reparatur, Zellzyklusregulation und Tumorsuppression beschrieben wurde. Neuere Befunde verknüpfen GADD45A zudem mit Stoffwechselregulation sowie mit Schutzmechanismen gegen Gewebeentzündungen und Fibrosen. Das Forschungsteam der UB stellte die Frage, ob GADD45A in kardialem Gewebe und in Kardiomyozyten eine vergleichbare Schutzfunktion übernimmt.

Die Entstehung pathologischer Hypertrophie beruht auf einer Vielzahl ineinandergreifender Mechanismen: chronische Entzündungsreaktionen, übermäßige Ablagerung der extrazellulären Matrix (Fibrose), Mitochondrienfehlfunktionen, Dysregulation der Calcium-Homöostase, veränderte Energiemetabolik der Kardiomyozyten, hypertrophe Vergrößerung einzelner Herzmuskelzellen und gesteigerter Zelltod. Innerhalb dieses komplexen Geflechts spielen Fibrose und Entzündung eine besonders kritische Rolle, weil sie die Dehnbarkeit des Myokards verschlechtern, die elektrische Stabilität stören und stark mit schlechten klinischen Endpunkten korrelieren.

Wesentliche Experimente und Entdeckungen

Die Forscher verwendeten genetische Deletionsmodelle bei Mäusen und beobachteten, dass das Fehlen von GADD45A deutliche kardiale Pathologien nach sich zog: vermehrte interstitielle Fibrose, erhöhte Marker für Entzündungsreaktionen, gesteigerte Raten von Apoptose in Kardiomyozyten sowie messbare Verschlechterungen der kardialen Morphologie und Funktion. Molekulare Profilierungen wiesen auf eine Hyperaktivierung mehrerer Transkriptionsfaktoren hin, die inflammatorische und fibrotische Programme steuern – namentlich AP-1 (activator protein-1), NF-κB (nuclear factor κB) und STAT3 (signal transducer and activator of transcription 3).

Ergänzende Zellkulturversuche mit humanen AC16-Kardiomyozyten zeigten, dass die Überexpression von GADD45A die durch Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) ausgelöste inflammatorische und profibrotische Antwort teilweise abschwächte. TNF-α ist ein zentraler Zytokinmediator in kardialen Entzündungsprozessen. Diese in vitro-Ergebnisse stützen die Beobachtungen aus den Tiermodellen und legen nahe, dass eine Erhöhung der GADD45A-Aktivität die Signalübertragung durch proinflammatorische Pfade direkt vermindern kann, die mit der Progression der Hypertrophie verbunden sind.

Mechanistische Einblicke

  • AP-1, NF-κB und STAT3 sind Transkriptionsfaktoren, die auf zellulären Stress und entzündliche Stimuli reagieren; wenn sie überaktiviert sind, fördern sie die Expression von Zytokinen und extrazellulären Matrixkomponenten, die Fibrose antreiben.
  • GADD45A scheint diese transkriptionellen Programme zu dämpfen und dadurch die Expression von Genen zu senken, die an Entzündung, Matrixablagerung und Apoptose beteiligt sind.
  • In Herzen von Mäusen ohne GADD45A korreliert die unkontrollierte Aktivierung dieser Signalwege mit strukturellem und funktionellem Abbau, was auf eine kausale Rolle des Verlusts von GADD45A bei der Krankheitsprogression hinweist.

Prof. Manuel Vázquez-Carrera hebt hervor, dass „Fibrose direkt mit Krankheitsprogression und ungünstigen klinischen Verläufen korreliert“, und unterstreicht damit, warum Interventionen, die fibrotische Signalwege reduzieren, die kardiale Funktion bewahren könnten. Ao. Prof. Xavier Palomer betont, dass die Gesamtdaten auf eine bedeutende kardioprotektive Rolle von GADD45A hinweisen, die in der Lage ist, Entzündung, Fibrose und Zelltod in gestressten Herzen zu verhindern.

Implikationen für Therapie und künftige Forschung

Die Studie macht GADD45A zu einem vielversprechenden molekularen Ziel für Therapiestrategien, die darauf abzielen, pathologische Hypertrophie zu stoppen oder zu verlangsamen – insbesondere bei Patientengruppen mit erhöhtem Risiko wie Menschen mit Typ-2-Diabetes. Mögliche therapeutische Ansätze umfassen kleine Moleküle, die die Expression oder Aktivität von GADD45A erhöhen, gentherapeutische Strategien zur Wiederherstellung von GADD45A-Spiegeln im vulnerablen Myokard sowie upstream-Interventionen, die GADD45A-Signalwege unter metabolischem Stress stabilisieren.

Die Übersetzung dieser Befunde in die Klinik erfordert jedoch Vorsicht und weitere Untersuchungen. Zentrale nächste Schritte sind die Validierung des schützenden Effekts von GADD45A in größeren und heterogeneren Tiermodellen, die Bewertung der Langzeitsicherheit einer Modulation von GADD45A sowie die Prüfung, ob therapeutische Maßnahmen, die GADD45A steigern, etablierte Fibrosen zurückbilden können oder lediglich das Fortschreiten verhindern. Da GADD45A zudem Zellzyklus- und DNA-Schadensantwortwege beeinflusst, ist eine sorgfältige Bewertung von Off-Target-Effekten und potenziellen onkologischen Risiken unerlässlich.

Zusätzlich sollten präklinische Studien pharmakokinetische und pharmakodynamische Profile möglicher GADD45A-Modulatoren etablieren. Fragen zur Gewebe-Spezifität und zur optimalen Applikationsform – systemisch versus lokal, transient versus dauerhaft – müssen geklärt werden. Genfähre Therapieansätze, wie Adeno-assoziierte Viren (AAV) oder mRNA-basierte Strategien, könnten helfen, GADD45A gezielt im Myokard wiederherzustellen; gleichzeitig stellen sie regulatorische und sicherheitsrelevante Herausforderungen dar, beispielsweise in Bezug auf Immunogenität und langfristige Expressionskontrolle.

Expertinnen- und Expertenkommentar

Dr. Elena Marconi, eine kardiovaskuläre Forscherin, die nicht an der Studie beteiligt war, kommentiert: „Diese Arbeit ergänzt unser Verständnis molekularer Kontrollmechanismen, die das kardiale Remodeling im Gleichgewicht halten. Ein nodaler Regulator wie GADD45A ist attraktiv, weil er mehrere downstream-Pfade – Entzündung, Fibrose und Apoptose – moduliert und somit breit wirksame Effekte erzielen kann. Die Herausforderung wird darin bestehen, Strategien zu entwickeln, die GADD45As schützende Funktionen im Herzen verstärken, ohne seine wichtigen Rollen in anderen Geweben zu stören.“

Ergänzend hierzu ist zu beachten, dass Interventionsansätze, die auf zentrale Regulatoren zielen, oft feingetunte Steuerungsmechanismen benötigen: Dosierung, Zeitfenster der Behandlung und Patientenselektion werden entscheidend sein, um Nutzen und Risiko richtig abzuwägen. Biomarker-Entwicklung zur Messung von GADD45A-Aktivität im Myokard sowie nicht-invasive Bildgebung von Fibrose- und Entzündungsprozessen könnten die klinische Translation unterstützen.

Schlussfolgerung

Die von der UB geleitete Studie erweitert unser Verständnis dafür, wie das Herz auf chronischen Stress reagiert, und identifiziert GADD45A als multifunktionalen Beschützer, der inflammatorische und fibrotische Signalwege, die mit pathologischer Hypertrophie verbunden sind, einschränkt. Obwohl die klinische Translation rigoroser präklinischer Validierung und umfassender Sicherheitsbewertungen bedarf, eröffnen GADD45A-assoziierte Signalwege eine neue Richtung für therapeutische Konzepte zur Vorbeugung von Herzversagen – insbesondere bei Patienten mit metabolischen Vorerkrankungen wie Typ-2-Diabetes.

Langfristig könnten kombinierte Therapiestrategien, die metabolische Kontrolle (z. B. Optimierung des Glukose- und Lipidstoffwechsels), hämodynamische Entlastung und gezielte Modulation von Schutzfaktoren wie GADD45A miteinander verknüpfen, am erfolgversprechendsten sein. Interdisziplinäre Forschung, die molekulare Mechanismen mit klinischer Forschung und Pharmakologie verbindet, wird entscheidend sein, um aus diesen präklinischen Erkenntnissen nachhaltige, sichere und wirksame Therapien zu entwickeln.

Quelle: scitechdaily

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