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LG hat die Messlatte für kompetitive Displays mit dem neuen UltraGear 27GX790B still und leise erhöht. Der 27-Zoll-OLED-Monitor verschiebt die Grenzen der Bildwiederholraten in Bereiche, die bisher meist nur in Prototypen zu sehen waren. Das Gerät richtet sich klar an Turnierspieler und schnelle Shooter, bietet aber auch interessante technische Entscheidungen, die eine genauere Betrachtung verdienen. Im folgenden Text erläutern wir Aufbau, Leistung und praktische Auswirkungen der Technik, erläutern die Vor- und Nachteile für verschiedene Spielertypen und ordnen das Modell im aktuellen Marktumfeld ein. Dabei gehen wir auch auf Reaktionszeiten, HDR-Fähigkeiten, Anschlussvielfalt und mögliche Kompromisse wie Auflösung und Burn-in-Risiken ein.
Warum ein 720Hz-Panel relevant ist — und wann es das nicht ist
Auf den ersten Blick klingt 720Hz wie ein großer Marktaufhänger, und das ist es auch: Der 27GX790B erreicht beeindruckende 720Hz, allerdings nur bei 720p (HD)-Auflösung. Diese extreme Bildwiederholrate ist besonders dann sinnvoll, wenn Spieler visuelle Details zugunsten absolut geringster Latenz und flüssigster Bewegungsdarstellung opfern — ein typisches Anforderungsprofil für High-Level-E‑Sport-Titel wie Counter-Strike 2 oder andere kompetitive Shooter, in denen Millisekunden den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage ausmachen können.
Gleichzeitig gilt: Solch hohe Frequenzen setzen entsprechende Hardware voraus. Um tatsächlich 720 Bilder pro Sekunde (FPS) auszugeben, benötigt man eine sehr leistungsfähige Grafikkarte sowie eine Spiel-Engine und Einstellungen, die eine derart hohe Framerate ermöglichen. Auch Eingabegeräte (Maus mit hoher Polling-Rate) und optimierte Treiber spielen eine Rolle. Für die Mehrheit der Spieler sind 720Hz daher eher ein spezialisiertes Feature als eine alltägliche Notwendigkeit. Außerdem muss man bedenken, dass bei 720p die Bildschärfe deutlich geringer ist als bei 1440p oder 4K — das kann das Zielerkennen auf entfernte Gegner beeinflussen.

Wenn Sie schärfere Darstellungen bevorzugen, bietet LG eine ausgeglichenere Option: 1440p (QHD) mit bis zu 540Hz. Dieser Modus liefert weiterhin eine deutlich höhere Bildwiederholrate als die meisten High-End-Gaming-Monitore und bringt gleichzeitig spürbar mehr Details als 720p. Für viele kompetitive Spieler ist 1440p bei 540Hz deshalb der Sweet Spot, weil er eine starke Balance aus Auflösung und Reaktionsgeschwindigkeit ermöglicht. Die Entscheidung zwischen „Frames“ und „Pixels“ bleibt individuell: Wer maximale Sichtbarkeit bei sehr kurzer Distanz und höchste Reaktionsgeschwindigkeit braucht, wird 720Hz bevorzugen; wer Zielerkennung, sichtbare Texturen und ein insgesamt klareres Bild priorisiert, greift eher zu 1440p/540Hz.
Technisch setzt der 27GX790B auf ein 27-Zoll Primary RGB Tandem WOLED-Panel. Diese Panel-Architektur trägt sowohl zu sehr geringen Reaktionszeiten als auch zu einem starken HDR-Verhalten bei. LG gibt eine Reaktionszeit von 0,02 ms an — eine Zahl, die bei OLED-Panels meist als Best-Case-Wert unter optimalen Messbedingungen entsteht, aber dennoch die sehr schnelle Pixelreaktion dieser Technologie unterstreicht. Bei der Helligkeit nennt LG 335 nits Spitzenwert für SDR und bis zu 1500 nits Peak in HDR-Szenen, was für OLED-Verhältnisse ein sehr hohes HDR-Potential signalisiert. Zusätzlich verfügt das Panel über die Zertifizierung DisplayHDR True Black 500 und deckt 99,5 % des DCI-P3-Farbraums ab, sodass Farbtreue und HDR-Wiedergabe auch bei extremen Bildwiederholraten nicht vernachlässigt werden.
- Bildwiederholraten: bis zu 720Hz bei 720p; bis zu 540Hz bei 1440p
- Panel: 27-Zoll Primary RGB Tandem WOLED
- Reaktionszeit: 0,02 ms (werbliche Angabe)
- Helligkeit: 335 nits SDR, bis zu 1500 nits HDR-Peak
- Farbe & HDR: DisplayHDR True Black 500, 99,5 % DCI-P3
- Anschlüsse: HDMI 2.1, DisplayPort 2.1, USB-C (1x), USB-A (2x), 3,5-mm-Audio
- Extras: verstellbarer Standfuß und RGB-Beleuchtung an der Rückseite
Die Anschlussausstattung ist modern und auf Wettbewerbs-Spieler ausgerichtet: DisplayPort 2.1 und HDMI 2.1 erlauben hochbandbreitige Signale, die für 540Hz bei 1440p oder 720Hz bei 720p notwendig sind. Der USB-C-Anschluss bietet zusätzliche Bequemlichkeit — etwa für Laptops oder als universelle Schnittstelle für Peripherie —, während die USB-A-Ports nützlich für Maus, Tastatur oder Dongles sind. Ob der USB-C-Port Power Delivery unterstützt oder nur Daten/Display-Signale überträgt, hat LG nicht immer für alle Modelle standardmäßig angegeben; das sollte vor dem Kauf geprüft werden, falls Sie einen Laptop mit einem einzigen Kabel verbinden möchten. Der verstellbare Standfuß erlaubt Anpassungen bei Höhe, Neigung und Drehung, was bei professionellen Setups wichtig ist, und die RGB-Beleuchtung an der Rückseite dient eher ästhetischen Zwecken und kann zur individuellen Schreibtischgestaltung beitragen, ohne die Funktionalität zu beeinflussen.

Gibt es Nachteile? Der größte Kompromiss ist die notwendige Reduzierung der Auflösung, um 720Hz zu erreichen. Wer den Modus wirklich nutzen will, akzeptiert niedrigere Pixelzahlen, wodurch die Bildschärfe insbesondere bei großen Bildschirmdiagonalen sichtbar abnimmt. Darüber hinaus stellen sehr hohe Bildwiederholraten erhöhte Anforderungen an Grafikkarten und Kühlung: konstante 500–700 FPS in modernen Titeln verlangen oft sehr hohe GPU-Auslastung, was wiederum Energieverbrauch und thermische Belastung erhöht. Ein weiterer Aspekt bei OLED-Monitoren ist das Thema Einbrennen (Burn-in) oder temporäre Bildretention. Moderne Panels und Herstellersoftware versuchen, dieses Risiko durch Pixel-Shift, Dimm-Management und andere Schutzmechanismen zu minimieren, doch für Dauerbetrieb mit statischen HUD-Elementen in kompetitiven Titeln bleibt ein gewisses Risiko bestehen, das man im Langzeiteinsatz bedenken sollte.
Für die meisten Gamer dürfte 1440p bei 540Hz die ausgewogenere Wahl sein: diese Einstellung liefert eine exzellente Kombination aus Klarheit und Geschwindigkeit, ohne die extremen Hardwareanforderungen von 720Hz/720p. Gleichzeitig zeigen Branchenprototypen, dass 1000Hz nicht weit entfernt sind — Hersteller arbeiten an weiteren Verbesserungen bei Panel-Design, Treibern und Kabelstandards, sodass in einigen Jahren noch höhere Bildraten praktisch werden könnten. Wichtig bleibt aber: höhere Bildwiederholraten sollten immer in Relation zu Input-Lag, Motion-Blur-Verhalten, Monitor-Scaler-Qualität und der Gesamt-System-Pipeline gesehen werden. Nur wenn die gesamte Kette von Eingabegerät über Betriebssystem bis hin zur GPU optimal zusammenspielt, sind die theoretischen Vorteile mess- und spürbar.
Für wen ist das UltraGear 27GX790B also geeignet? Wenn Sie ein wettbewerbsorientierter Spieler sind, der jeden möglichen Vorteil sucht — höhere Framerates, ultra-niedrige Latenz und die schnellstmögliche Motion-Performance —, dann ist dieser Monitor sehr attraktiv. Wer hingegen kinoreife Bildqualität, detailreiche Singleplayer-Erlebnisse oder Content-Erstellung priorisiert, ist mit einem hochauflösenden 1440p- oder 4K-Display, das größere Schwerpunkt auf Pixelzahl und Farben legt, wahrscheinlich besser bedient. LG hat die globalen Preis- und Verfügbarkeitsangaben noch nicht finalisiert; der 27GX790B ist jedoch ein klares Signal, dass der Hersteller im Bereich der kompetitiven OLED-Displays führend sein will. Beim Vergleich mit aktuellen Wettbewerbern ist das Gerät wegen seiner OLED-HDR-Fähigkeiten, der hohen DCI-P3-Abdeckung und der wählbaren Betriebsmodi besonders interessant — vorausgesetzt, man akzeptiert die typischen OLED-Eigenheiten und die erhöhten Anforderungen an die Systemhardware.
Quelle: gizmochina
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