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Apples iPhone 20 zeichnet sich nicht nur als Jubiläumsname ab — es könnte die Ästhetik von Smartphones und die Herstellung von Displays nachhaltig verändern. Aktuelle Berichte deuten auf ein vollständig randloses Display mit einer vierseitigen Biegeausführung hin, und Zulieferer verlagern bereits Kapital und Maschinen, um dieser Herausforderung gerecht zu werden.
Rundum-Display als Ziel: Was Apple 2027 vorstellen könnte
Branchenquellen geben als Ziel für Apples 20-Jahres-Modell den dritten Quartal 2027 an. Laut Marktforschern könnte Apple auf die Bezeichnung „iPhone 19“ verzichten und dieses Jubiläumsgerät als iPhone 20 vermarkten. Das Hauptelement? Eine tatsächlich vollständig bildschirmbedeckte Vorderseite ohne sichtbare Aussparungen — nicht nur schmale Ränder, sondern an jeder Ecke nach innen gebogene Displayflächen für einen nahtlosen Edge-to-Edge-Effekt.
Ein solches „all-screen“-Konzept würde das Erscheinungsbild radikal verändern: Die Front wäre frei von sichtbaren Kamera-Öffnungen, Sensoren oder Kerben, was die Nutzererfahrung beim Anschauen von Medien, Spielen und bei der Interaktion mit Apps verbessern würde. Für Apple wäre dies zudem ein starkes Designstatement zum 20. Jubiläum — gleichzeitig aber auch ein technologisches Risiko, das die komplette Lieferkette fordert.
Aus kommerzieller Sicht ist ein derartiges Upgrade nicht nur ein Marketing-Argument; es würde auch die Nachfrage nach speziellen, hochpräzisen OLED-Panels erhöhen und langfristig Standards im Smartphone-Displaymarkt verschieben. Keywords wie randloses Display, Under-Display-Kamera und vierseitige Biegung (four-sided bending) sind in diesem Zusammenhang zentral, weil sie die technischen Herausforderungen und Marktanpassungen beschreiben.
Wie das vierseitig gebogene Display funktioniert — und warum es schwierig ist
Im Gegensatz zu den aktuell verfügbaren geschwungenen Panels, bei denen nur die Seiten leicht gebogen sind, erfordert der vierseitige Ansatz, dass die OLED-Panel-Elektronik in den Bereich der Ränder gezogen wird. Auf den ersten Blick klingt das nach einer simplen Formanpassung; technisch ist es jedoch hochkomplex: Die Thin-Film Encapsulation (TFE), die das OLED vor Feuchtigkeit und chemischen Einflüssen schützt, müsste deutlich dünner werden, ohne die Haltbarkeit zu beeinträchtigen. Gleichzeitig müssten Frontkamera und TrueDepth-Sensor (Face ID) vollständig unter dem Display verschwinden und durch aktive Pixel hindurch zuverlässig funktionieren.
- Dünnere TFE-Schichten: Feuchtigkeitsbarriere erhalten, aber Materialstärke reduzieren, um Biegefähigkeit und Transparenz zu gewährleisten.
- Leiterstrukturen in die Ecken führen: Die Panel-Schaltung muss in jedem Eck des Displays gebogen werden — das erfordert engere Toleranzen, neue Substrate und präzise Schichtstapeln.
- Under-Display-Kamera und Face ID: Optik, Näherungssensorik und TrueDepth-Technik müssen durch aktive Pixel hindurch zuverlässig agieren, was Lichtdurchlässigkeit, Bildqualität und Sicherheitsanforderungen betrifft.
Technisch gesehen sind mehrere Teilbereiche betroffen: die Halbleiter-Treiber (TFT backplane), die transparenten Elektroden (ITO oder Ersatzmaterialien), die Pixelstruktur, Mikrolinsen über Kamerabereichen und die Signalführung der Steuerchips. Jede Änderung an einem dieser Punkte beeinflusst Yield, Lebensdauer und Performance. Beispielsweise verlangt ein dünneres TFE präzisere Reinraumverfahren und neue Prüfmethoden zur Verifikation von Feuchtigkeitsbarrieren.
Darüber hinaus entsteht ein Spannungsfeld zwischen Flexibilität und Zuverlässigkeit: Ein Display, das sich an vier Seiten stark biegt, muss wiederholten Belastungen und Temperaturzyklen standhalten, ohne Mikro-Risse in funktionalen Schichten zu entwickeln. Eine Minimierung von Dead Pixels, ein stabiler Farbraum und konsistente Helligkeit über gebogene Bereiche sind weitere Qualitätskriterien, die Produktionsprozesse drastisch verkomplizieren.

Zulieferer im Wettlauf — LGs möglicher 300-Millionen-Dollar-Einsatz
Berichten zufolge bereitet LG Display eine größere Investition vor — rund 400 Milliarden Won (etwa 300 Millionen US-Dollar) —, um Produktionsanlagen für dieses Design umzurüsten. Das würde bedeuten, mehrere dedizierte Fertigungslinien aufzubauen; manche Quellen sprechen allein für Apple von bis zu zehn Linien. Die notwendigen Maschinen- und Prozessänderungen sind nicht inkrementell: Sie erfordern ein komplettes Umdenken bei Biegetechnologie, Verkapselungsschritten und Qualitätssicherungsprozessen.
Solche Investitionen haben weitreichende Folgen für die Lieferkette: Anlagenbauer müssen spezielle Biegepressen, maßgeschneiderte Laminationsprozesse und neue Inline-Messtechnik liefern. Gleichzeitig entstehen Anforderungen an größere Reinraumsysteme, Feuchtigkeits-Logging und automatisierte optische Inspektionssysteme (AOI), die die neue Geometrie und Dünnschichtprozesse prüfen können.
Aus Sicht von Zulieferern bedeutet das: Eine signifikante Vorfinanzierung von Anlagen, gezielte Entwicklungspartnerschaften mit Chemie- und Materiallieferanten (zum Beispiel für neue TFE-Formulierungen) sowie intensive Tests zur Yield-Optimierung. Für Apple wiederum heißt das: vertragliche Sicherheiten, um die R&D- und CAPEX-Kosten in der Zulieferkette zu amortisieren — verbunden mit potenziellen Premiumpreisen für die ersten Chargen der Panels.
Marktwirtschaftlich könnte dieser Vorstoß auch die Wettbewerbslandschaft verändern: Zulieferer, die frühzeitig zuverlässige Prozesse liefern, würden chronische Engpässe vermeiden und Apples Nachfrage anführen. Lieferanten, die nicht rechtzeitig nachziehen, riskieren Margenverluste und Marktanteilsrückgänge. Das erklärt, warum Unternehmen wie LG Display und Samsung solche Umrüstungen erwägen oder bereits testen.
Welche Rolle Samsung spielt und was Under-Display Face ID bedeutet
Samsung ist seit langem ein zentraler OLED-Partner von Apple und konzentriert sich gleichzeitig auf faltbare Panels für Geräte wie das gemunkelte iPhone Fold. Falls Apple einen flächendeckenden Wechsel zu vollständig unter-Display platzierten Komponenten und vierseitiger Biegung anstrebt, wird auch Samsung erhebliche Investitionen tätigen müssen. Das gilt besonders, wenn Apple mehrere Zulieferer im Wettbewerb haben möchte, um Lieferkettenrisiken zu minimieren.
Parallel dazu testet Apple offenbar Under-Display Face ID in Prototypen der iPhone-18-Familie und beim iPhone Fold — ein Zwischenschritt, der einer vollständig randlosen iPhone-Front mit verdeckten Kameras und Sensoren vorausgehen könnte. Technisch betrachtet sind für Under-Display Face ID mehrere Faktoren entscheidend:
- Optische Transparenz: Die Pixel über den Sensoren müssen so gestaltet sein, dass genug Licht zur Kamera und zum IR-Emitter gelangt, ohne die Displayqualität sichtbar zu beeinträchtigen.
- Computational Imaging: Bildverarbeitung und Machine-Learning-Algorithmen müssen Bildartefakte kompensieren, die durch Pixelschichten und Schichtdicken entstehen.
- Sicherheits- und Authentifizierungsstandards: Face ID darf in puncto Zuverlässigkeit und Falsch-Akzeptanzrate (FAR) nicht hinter bisherigen TrueDepth-Systemen zurückfallen.
Eine erfolgreiche Umsetzung erfordert enge Abstimmung zwischen Hardware-Design (Pixel-Layout, transparente Elektroden, Mikrooptiken), Firmware (Kalibrierung, Signalverarbeitung) und Software (Biometrie-Modelle, Anti-Spoofing). Apple könnte hier auf proprietäre Lösungen und enge Kollaborationen mit spezialisierten Kameralieferanten setzen, um sowohl Privatsphäre als auch Performanz sicherzustellen.
Für Nutzer würde Under-Display Face ID bedeuten: ein nahtloseres Design ohne sichtbare Sensoren und potentiell geringere Störquellen bei Medienkonsum. Für Entwickler wiederum entstehen neue Anforderungen an App-Design und Interface-Elemente, die randlose Displays und neu positionierte Gesten berücksichtigen müssen.
Zeithorizont und die großen offenen Fragen
Wenn Apple tatsächlich auf Q3 2027 zielt, sind die nächsten anderthalb Jahre entscheidend: Zulieferer müssen nachweisen, dass Under-Display-Kameras und Face ID in großer Stückzahl zuverlässig funktionieren, und Fabriken müssen langfristige Validierungszyklen durchlaufen, bevor die Massenproduktion starten kann. Die Validierung umfasst thermische Tests, Dauertests, Stoß- und Fallprüfungen, sowie Langzeit-Feuchtigkeits- und Alterungstests für die dünneren TFE-Schichten.
Die zentrale Frage lautet daher: Wird Apple ein fehlerfreies, vollständig randloses iPhone 20 enthüllen, oder kommen zunächst inkrementelle Schritte — etwa eine Punch-Hole-Kamera, teilweise unter dem Display platzierte Sensoren oder eine Kombination aus minimalen sichtbaren Öffnungen und Under-Display-Technik? Möglich ist auch eine gestaffelte Einführung: High-End-Modelle mit voll integrierten Under-Display-Systemen und Standardmodelle mit leichteren Deskstop-Lösungen, um Fertigungskapazitäten und Yield-Risiken zu steuern.
Weitere Unwägbarkeiten betreffen die Produktionskosten und Verkaufspreise. Die Rüst- und Entwicklungskosten der Zulieferer könnten zu höheren Komponentenpreisen führen, die Apple entweder absorbiert oder in Form von Premium-Preisen an Endkunden weitergibt. Gleichzeitig könnten frühe Produktionsengpässe zu Lieferverzögerungen führen — ein Szenario, das die Markteinführung spürbar beeinflusst.
Auch regulatorische und sicherheitsrelevante Aspekte spielen eine Rolle: Änderungen an biometrischen Systemen müssen strengen Datenschutz- und Sicherheitsprüfungen genügen. Zudem sind Aspekte wie Reparaturfreundlichkeit und Recycling bei stark gebogenen, laminierten Displays schwieriger umzusetzen und könnten Auswirkungen auf Wartungs- und Serviceprozesse haben.
Unabhängig vom Ergebnis beginnt der Vorstoß in Richtung vierseitiger Biegung bereits, die Roadmaps der Zulieferer anzupassen. Neue Produktionslinien, Materialforschung und Prozessinnovationen, die für das iPhone 20 entwickelt werden, könnten langfristig auch anderen Herstellern zugutekommen und so die allgemeine Entwicklung von Smartphone-Displays beschleunigen. Kurz gesagt: Ob Apple nun in einem Sprung oder in mehreren Schritten vorgeht, der Einfluss auf Displaytechnologie, Supply-Chain-Investitionen und Designtrends dürfte über Jahre hinweg spürbar bleiben.
Zusammenfassend ist klar: Das iPhone 20 könnte mehr als nur ein Jubiläumsmodell werden — es kann einen Wendepunkt markieren, der die Grenzen von randlosem Design, Under-Display-Kamera-Technik, Face ID und OLED-Fertigung neu definiert. Die nächsten Monate der Forschung, Entwicklung und Validierung werden zeigen, ob Apple diese Vision in großem Maßstab realisieren kann oder ob pragmatische Zwischenschritte den Weg zu einem voll integrierten, vierseitig gebogenen Display ebnen.
Quelle: wccftech
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