Steigende Lungenkrebsraten bei Nichtrauchern: Die Rolle der Luftverschmutzung im Fokus | Technologie, Auto, Krypto & Wissenschaft – Testright.de
Steigende Lungenkrebsraten bei Nichtrauchern: Die Rolle der Luftverschmutzung im Fokus

Steigende Lungenkrebsraten bei Nichtrauchern: Die Rolle der Luftverschmutzung im Fokus

2025-07-05
0 Kommentare

4 Minuten

Zunehmende Lungenkrebsfälle bei Nichtrauchern: Auswirkungen der Luftverschmutzung

Weltweit nimmt die Zahl der Lungenkrebsdiagnosen bei Menschen, die nie geraucht haben, stetig zu. Dies wirft Fragen zu umweltbedingten und genetischen Ursachen auf, die diesen besorgniserregenden Trend vorantreiben könnten. Neue Forschungsergebnisse eines internationalen Wissenschaftlerkonsortiums liefern überzeugende Hinweise darauf, dass Luftverschmutzung – insbesondere Feinstaub und Smog im Außenbereich – eng mit DNA-Mutationen in Verbindung stehen, die zu Lungenkrebs bei Nichtrauchern führen können.

Bisher galt das Rauchen von Zigaretten als Hauptursache für Lungenkrebs. Mittlerweile schätzt man jedoch, dass in den USA 10 bis 20 Prozent aller Lungenkrebsfälle bei lebenslangen Nichtrauchern oder Menschen mit nur geringer Tabakexposition auftreten. Dieser Wandel intensiviert die wissenschaftliche Suche nach weiteren Auslösern. Dabei rückt vor allem die Luftverschmutzung wegen ihrer gut belegten krebserregenden Eigenschaften als zentraler Risikofaktor in den Mittelpunkt.

Wie Luftverschmutzung genetische Mutationen verursacht

Die aktuellen Erkenntnisse stammen aus einer groß angelegten genomischen Studie, in der das Tumor-DNA-Profil von 871 Nichtrauchern mit Lungenkrebs aus vier Kontinenten untersucht wurde. Unter Leitung von Forschern der University of California San Diego und des US National Cancer Institute wurden die genomischen Profile dieser Patienten mit denen von 345 Rauchern verglichen. Schwerpunkt der Studie war das Erkennen bekannter und neuer DNA-Mutationsmuster, insbesondere SBS4 – ein als Kennzeichen von tabakbedingtem Krebs bekanntes Mutationsmuster.

Wichtige genetische Veränderungen identifiziert

Patienten, die in Regionen mit hoher Luftverschmutzung lebten, hatten fast viermal häufiger die SBS4-Mutationssignatur in ihren Tumorzellen als Personen aus Gebieten mit sauberer Luft. Diese Betroffenen zeigten zudem gehäuft genetische Veränderungen in zentralen Genen wie TP53 und EGFR, die bedeutend für die Entstehung und das Fortschreiten von Lungenkrebs sind. Ebenfalls wurden verkürzte Telomere – genetische Strukturen, die mit Alterung und Zellinstabilität zusammenhängen – deutlich häufiger bei Patienten aus stark verschmutzten Regionen festgestellt.

Luftverschmutzung im Vergleich zu anderen Risikofaktoren

Obwohl Passivrauchen als Risikofaktor für Krebs anerkannt ist, zeigte die Analyse auf genomischer Ebene nur einen geringen Anstieg der relevanten Mutationen bei exponierten Personen. „Wenn Passivrauchen eine mutagene Wirkung hat, ist sie möglicherweise zu schwach, um mit unseren aktuellen Methoden sicher nachweisbar zu sein“, erklärte Dr. Tongwu Zhang vom US National Cancer Institute. Im Gegensatz dazu ähnelten die DNA-Mutationsmuster von Menschen, die Luftverschmutzung ausgesetzt waren, denen von Rauchern – was die Bedeutung von Feinstaub als potenten Auslöser für Genmutationen unterstreicht.

Neue Zusammenhänge zwischen Umwelt und Genetik

Besonders bemerkenswert ist die Entdeckung eines bislang unbekannten Mutationsmusters namens SBS40a. Dieses trat in fast 28 Prozent der Lungenkrebsfälle bei Nichtrauchern auf, war jedoch bei Rauchern nicht nachweisbar und weist somit auf einen neuartigen Krankheitsmechanismus hin. Die Ursachen für SBS40a sind bislang unklar und erfordern weitere Forschung zu möglichen umweltbedingten und genetischen Auslösern.

„Wir beobachten dieses Muster bei vielen Patienten, aber wissen noch nicht, was es genau verursacht. Das eröffnet ein ganz neues Forschungsfeld“, sagte Dr. Ludmil Alexandrov, Studien-Mitautor und Biomolekularwissenschaftler an der UC San Diego.

Einschränkungen der Studie und zu beachtende Faktoren

Die Untersuchung basiert hauptsächlich auf regionalen Werten zur Luftverschmutzung und nicht auf individuellen Expositionsdaten. Auch die Selbsteinschätzung des Rauchstatus kann fehleranfällig sein. Dennoch bestätigen die starken Zusammenhänge die Ergebnisse früherer epidemiologischer und tierexperimenteller Studien. Einige Untersuchungen vergleichen die tägliche Belastung durch verschmutzte Stadtluft hinsichtlich des Krebsrisikos sogar mit dem Konsum einer ganzen Zigarettenschachtel pro Tag – ein Alarmzeichen für die gesundheitlichen Risiken in Ballungsräumen.

Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und zukünftige Forschung

Angesichts der globalen Verbreitung von Luftverschmutzung und zunehmender Urbanisierung haben diese Ergebnisse weitreichende Konsequenzen für die Krebsprävention und die Gesundheitsversorgung. Die Studienergebnisse sprechen dafür, strengere Grenzwerte für Luftqualität zu etablieren und Feinstaub als relevanten Risikofaktor für Lungenkrebs konsequent zu überwachen.

„Dieses Anliegen stellt ein drängendes, weltweites Gesundheitsproblem dar, das unser vollständiges Verständnis verlangt – insbesondere angesichts der wachsenden Zahl von Lungenkrebserkrankungen bei Nichtrauchern“, betont Epidemiologin Dr. Maria Teresa Landi vom National Cancer Institute. In weiteren Analysen möchte das Forschungsteam möglichst vielfältige und international repräsentative Patientenpopulationen einbeziehen, um die maßgeblichen Zusammenhänge zwischen Umwelt, Genetik und Krebsrisiko noch besser verstehen zu können.

Fazit

Diese wegweisende Genomforschung stärkt die Verbindung zwischen Luftverschmutzung und genetischen Veränderungen, die für Lungenkrebs bei Nichtrauchern verantwortlich sind. Dadurch ergeben sich neue Einblicke in die Krankheitsmechanismen abseits klassischer Risikofaktoren. Die eindeutige Verknüpfung spezifischer DNA-Mutationen mit der Belastung durch Feinstaub verdeutlicht, wie dringlich Maßnahmen gegen Luftverschmutzung als Teil globaler Strategien zur Krebsprävention benötigt werden. Je mehr wir die molekularen Auslöser für Lungenkrebs verstehen, desto zielgerichteter können öffentliche Gesundheitsmaßnahmen und künftige Therapien entwickelt werden.

Quelle: doi

Kommentare

Kommentar hinterlassen