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Drive Capital: Aufstieg eines Midwest-Venture-Capital-Fonds nach turbulenter Trennung

Drive Capital: Aufstieg eines Midwest-Venture-Capital-Fonds nach turbulenter Trennung

2025-07-06
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Drive Capital im Wandel: Ein aufstrebender VC aus dem Mittleren Westen

Das amerikanische Venture-Capital-Ökosystem ist bekannt für sein wechselhaftes Verhältnis zu Regionen jenseits der Küstenzentren. Besonders deutlich wird diese Entwicklung am Beispiel von Drive Capital: Das in Columbus ansässige VC-Unternehmen hat interne Turbulenzen überstanden und sich als Schlüsselfigur in der Tech-Investment-Landschaft des Mittleren Westens etabliert.

In den letzten zehn Jahren widersetzte sich Drive Capital den Konventionen und der dominanten Anziehungskraft des Silicon Valley, indem es überdurchschnittliche Ergebnisse in einem oft übersehenen Markt erzielte. Nach einer überraschenden Trennung der Mitgründer, die das Aus des Fonds hätte bedeuten können, setzt Drive Capital heute neue Maßstäbe für Innovation und Startup-Finanzierung abseits der Küsten.

Historische Woche für Tech-Investment-Renditen

Im Mai sorgte Drive Capital für Schlagzeilen, als der Fonds innerhalb einer Woche beeindruckende 500 Millionen US-Dollar an seine Limited Partner zurückzahlte. Fast 140 Millionen US-Dollar entfielen dabei auf Root Insurance-Aktien, wenige Tage nach dem erfolgreichen Ausstieg bei Thoughtful Automation aus Austin und einer weiteren nicht genannten Beteiligung.

Solch ein Liquiditätsereignis ist in der heutigen VC-Landschaft, insbesondere außerhalb von Technologiezentren wie dem Silicon Valley, ausgesprochen selten. Chris Olsen, Mitgründer und inzwischen alleiniger Managing Partner von Drive Capital, betonte die besondere Bedeutung dieses Erfolgs, besonders nach schwierigen Zeiten infolge der Trennung von Sequoia-Veteran Mark Kvamme im Jahr 2021.

Während Kvamme mit The Ohio Fund einen breit aufgestellten Investmentfonds für Immobilien, Infrastruktur, Fertigung und Tech-Start-ups gründete, lenkte Olsen Drive Capital mit einer klar fokussierten Innovationsstrategie in die Zukunft.

Konträre Strategie: Fokus über Silicon Valleys „Unicorns“ hinaus

Drive Capitals jüngste Erfolge basieren auf einer gegenläufigen Investmentphilosophie. In einer Branche, die vorrangig nach extrem erfolgreichen Unicorn-Exits sucht, konzentriert sich Drive auf realistische und häufigere Exits im Bereich von drei Milliarden US-Dollar.

Olsen hebt hervor, dass es in den USA in den letzten 20 Jahren nur etwa ein Dutzend IPOs mit Bewertungen über 50 Milliarden US-Dollar gab, während mehr als 127 Börsengänge von mindestens drei Milliarden US-Dollar stattfanden und jedes Jahr Hunderte größere Übernahmen erfolgen. Diese praxisnahe Perspektive führte beispielsweise zum erfolgreichen Exit bei Thoughtful Automation, einem Healthtech-Automatisierungsunternehmen, das von New Mountain Capital übernommen wurde.

Bemerkenswert ist auch, dass Drive deutlich höhere Beteiligungsquoten an Portfoliounternehmen hält – oft bis zu 30 Prozent, im Vergleich zum Silicon-Valley-Durchschnitt von etwa 10 Prozent. Als dominanter oder alleiniger VC-Investor in rund einem Fünftel des Portfolios kann Drive herausragende Renditen erzielen, wenn Unternehmen übernommen oder an die Börse gebracht werden.

Erfolge und Rückschläge im Überblick

Die Bilanz von Drive Capital zeigt signifikante Erfolge – aber auch lehrreiche Rückschläge. So investierte Drive früh in Duolingo und glaubte an das Potenzial des Sprachlern-Startups noch vor der Umsatzgenerierung. Heute ist Duolingo ein börsennotiertes Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung von fast 18 Milliarden US-Dollar.

Ein weiteres Beispiel ist Vast Data, ein führender Anbieter für Datenspeicherung und aktuell mit 9 Milliarden US-Dollar bewertet. Auch beim turbulenten Börsengang von Root Insurance gelang es Drive, den Investoren signifikante Renditen zu sichern.

Dennoch musste Drive Capital auch drastische Verluste verkraften. Olive AI, ein ursprünglich vielversprechendes Healthtech-Startup aus Columbus, scheiterte nach einer Gesamtfinanzierung von fast einer Milliarde Dollar – und demonstrierte die Risiken ehrgeiziger Technologie-Investments außerhalb des Silicon Valley.

Besondere Stärken: Gründerförderung abseits der Tech-Zentren

Drive Capital hebt sich vor allem durch sein Engagement für Startups außerhalb der überlaufenen Technologieknotenpunkte ab. Das Fonds-Team ist mittlerweile in Columbus, Austin, Boulder, Chicago, Atlanta und Toronto vertreten und gibt Gründerinnen und Gründern Zugang zu Wachstumskapital, ohne Kompromisse zwischen Kundenähe und Finanzierung machen zu müssen.

Laut Chris Olsen müssen Unternehmen außerhalb der Küstenregionen oft mit besonderer Effizienz und Qualität arbeiten. Während Investitionen im Silicon Valley dieselbe hohe Hürde nehmen müssen, liegt Drives Fokus auf vernachlässigten Chancen in bislang wenig beachteten US-Märkten. Dazu zählen so unterschiedliche Branchen wie autonomes Schweißen und innovative Zahntechnik – Märkte mit großem Digitalisierungspotenzial in der US-Wirtschaft.

Portfolio im Vergleich: Drive Capital vs. VC-Fonds aus dem Valley

  • Höhere Beteiligungsquote: Drive hält in der Regel 2-3 Mal so hohe Anteile wie Fonds von den Küsten und sichert sich damit höhere Upside-Potenziale.
  • Branchendiversität: Das Portfolio umfasst KI-Healthcare, Datenspeicherung, Insurtech, Fertigung und mehr.
  • Fokus auf den Mittleren Westen: Durch gezielte Investments in Columbus, Chicago und weiteren aufstrebenden Tech-Zentren bietet Drive Gründern Geduldskapital und ein starkes Netzwerk – im Gegensatz zum Herdentrieb in San Francisco und New York.
  • Innovative Anwendungsfälle: Drive unterstützt Startups, die Spitzentechnologie für traditionelle Sektoren nutzen, von autonomen Robotern in der Fertigung bis zu Versicherungsplattformen der nächsten Generation.

Marktrelevanz: Der Aufstieg des Tech-Standorts Midwest

Drives Strategie wird zunehmend als zukunftsweisend anerkannt. So entwickelt sich Columbus zu einem wichtigen Zentrum für Startups – gestützt durch Vorhaben prominenter Technologieführer wie Palmer Luckey und Peter Thiel, die mit Erebor, einer Krypto-Bank, ihren Hauptsitz nach Columbus verlegen. Damit bestätigt sich Drive Capitals Überzeugung, dass Innovation und Tech-Investments längst nicht mehr auf das Silicon Valley beschränkt sind.

Aktueller Status und Ausblick

Drive setzt aktuell seinen 2022 aufgelegten Fonds über eine Milliarde US-Dollar ein und hält noch rund 30 Prozent Kapitalreserve für zukünftige Investments vor. Insgesamt verwaltet der VC-Fonds 2,2 Milliarden US-Dollar und erzielt mit seinen etablierten Fonds nach eigenen Angaben eine Rendite von über dem Vierfachen des ursprünglichen Kapitals – ein bemerkenswertes Resultat für amerikanische Risikokapitalgeber abseits der Küste.

Künftig wird sich zeigen, ob Drives besondere Strategie und das anhaltende Wachstumspotenzial zu noch größeren Fonds führen. Fest steht: Der Wille, festgefahrene Branchenmeinungen zu hinterfragen und gezielt in bislang übersehene US-Märkte zu investieren, bringt messbare und nachhaltige Erfolge.

Fazit: Drive Capital als Blaupause für Tech-Investments der Zukunft

Die Entwicklung von Drive Capital zeigt, dass erfolgreiche Venture-Capital-Investments nicht an eine bestimmte Region gebunden sind. Durch die gezielte Unterstützung von Gründerinnen und Gründern in aufstrebenden US-Märkten und den Fokus auf realistische Exits schafft Drive Capital ein Investmentmodell, das als Vorbild für zukünftige technologische Innovationen dienen kann. Der Siegeszug von Städten wie Columbus, verbunden mit wachsendem Zugang zu Talent und Kapital, verringert den Abstand zum Silicon Valley – und macht digitale Transformation zum landesweiten Phänomen.

Quelle: techcrunch

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