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Die Wirkweise von Anti-Adipositas-Medikamenten: Forschungserkenntnisse
Neue Forschungsergebnisse liefern aufschlussreiche Einblicke in die Wirksamkeit und die Grenzen von Anti-Adipositas-Medikamenten (AOM), insbesondere bei GLP-1-Rezeptoragonisten wie Ozempic und Wegovy, die weltweit zunehmend zur Behandlung von Adipositas eingesetzt werden. Eine umfassende Analyse von Wissenschaftlern der Peking-Universität in China bewertete 11 frühere Studien mit insgesamt 2.466 Erwachsenen. Ziel war es, zu untersuchen, wie sich das Absetzen dieser Medikamente auf die langfristige Gewichtskontrolle auswirkt.
Wie GLP-1-Medikamente beim Abnehmen helfen
GLP-1-Rezeptoragonisten, zu denen gängige Medikamente wie Ozempic, Wegovy und Zepbound (Tirzepatid) gehören, imitieren das körpereigene Hormon Glucagon-like Peptid-1. Dieses Hormon spielt eine entscheidende Rolle bei der Regulierung von Appetit und Blutzuckerspiegel. Durch die Förderung des Sättigungsgefühls und die Verringerung der Nahrungsaufnahme gelten GLP-1-Agonisten als besonders wirksam bei der Gewichtsreduktion – sowohl in klinischen Studien als auch im Alltag.
Studienergebnisse: Nach Therapieende folgt oft schnelle Gewichtszunahme
Trotz anfänglicher Erfolge zeigen die Analysen ein klares Muster: Nach dem Absetzen der Medikamente neigen viele Betroffene dazu, das verlorene Gewicht rasch wieder zuzunehmen. Hauptautorin Han Wu erklärt: „Eine signifikante Gewichtszunahme trat bereits acht Wochen nach dem Absetzen der Anti-Adipositas-Medikamente auf und blieb bis zur zwanzigsten Woche bestehen.“ Im Durchschnitt nahmen die Studienteilnehmenden rund 2,5 Kilogramm innerhalb von 20 Wochen nach Therapieende wieder zu.
Besonders ausgeprägt war die Gewichtszunahme bei jenen, die mit GLP-1-Rezeptoragonisten behandelt wurden. Auffällig war auch, dass Personen mit dem größten initialen Gewichtsverlust häufig am meisten Gewicht nach Ende der Behandlung wieder zunahmen.
Die Forscher berücksichtigten dabei mögliche Einflussfaktoren wie körperliche Aktivität, das Vorliegen von Diabetes und weitere Begleiterkrankungen, die das Gewicht beeinflussen können.

Offene Fragen: Warum kehrt das Gewicht zurück?
Die Ursachen für diesen Rebound-Effekt sind bislang nicht vollständig geklärt. Es wird angenommen, dass sowohl metabolische Anpassungen als auch physiologische Veränderungen während der Gewichtsabnahme dazu beitragen könnten, nach Therapieende das geringere Körpergewicht schwerer zu halten. Weitere Forschung ist notwendig, um diese Mechanismen besser zu verstehen. Die Studienautoren merken an: „Die Auswirkungen von Gewichtsschwankungen auf die Gesundheit und den Stoffwechsel sind bislang nicht umfassend beschrieben.“
Ein beispielhafter Befund aus dem Review ist eine klinische Studie aus 2023 zu Tirzepatid (Zepbound): Nachdem Teilnehmende die wöchentliche Injektion abgesetzt und stattdessen ein Placebo erhalten hatten, gewannen sie im Schnitt die Hälfte des zuvor abgenommenen Gewichts zurück.
Größerer Zusammenhang: Gewichtszunahme nach verschiedenen Adipositas-Therapien
Das Phänomen der Gewichtszunahme nach einem erfolgreichen Gewichtsverlust ist nicht auf medikamentöse Behandlungen wie GLP-1-Medikamente beschränkt. Ähnliche Muster wurden nach chirurgischen Maßnahmen wie Magenbypass oder Magenbanding beobachtet. Das verdeutlicht, dass die dauerhafte Gewichtsstabilisierung – unabhängig von der Methode – eine große Herausforderung darstellt.
Mit der zunehmenden Verbreitung von Anti-Adipositas-Medikamenten wächst auch die Sorge um mögliche Nebenwirkungen, langfristige Gesundheitsrisiken und die Nachhaltigkeit der Therapieergebnisse. Experten betonen die Bedeutung weiterer Forschung zu wirksamen Unterstützungskonzepten und alternativen Therapien, um Patientinnen und Patienten nach Therapieende beim Halten des Wunschgewichts zu unterstützen.
Ausblick und Empfehlungen für künftige Forschung
Um die Hintergründe der Gewichtszunahme nach Medikation besser zu verstehen, empfehlen die Forscher künftige Studien mit größeren Stichproben sowie längeren Nachbeobachtungszeiten. So könnten sowohl biologische als auch verhaltensbezogene Einflussfaktoren besser identifiziert und neue, nachhaltige Therapieansätze für das Gewichtsmanagement entwickelt werden. Gleichzeitig fordern die Autoren den Ausbau umfassender Programme zur langfristigen Gewichtskontrolle über die eigentliche Arzneimitteltherapie hinaus.
Im Wortlaut der Wissenschaftler: „Studien mit längeren Beobachtungszeiträumen sind notwendig, um mögliche Einflussfaktoren für Gewichtsveränderungen nach Therapieende näher zu beleuchten.“
Fazit
Die aktuellen Erkenntnisse unterstreichen eine zentrale Herausforderung beim Adipositas-Management: GLP-1-Rezeptoragonisten und vergleichbare Anti-Adipositas-Medikamente ermöglichen beeindruckende kurzfristige Erfolge bei der Gewichtsabnahme, aber ein Großteil dieses Erfolgs geht nach Absetzen häufig wieder verloren. Das Verstehen der Ursachen und die Entwicklung neuer Strategien für ein nachhaltiges Gewichtsmanagement bleiben wichtige Aufgaben für Wissenschaft und Medizin. Menschen, die den Einsatz von Anti-Adipositas-Medikamenten in Erwägung ziehen oder bereits damit behandelt werden, sollten mit ihren behandelnden Ärzten einen Langzeitplan besprechen und mögliche Gewichtszunahme nach Therapieende berücksichtigen.
Quelle: bmcmedicine.biomedcentral
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