Die Geburt einer Drag-Racing-Ikone: Der 1968 Hemi Cuda Prototyp | Technologie, Auto, Krypto & Wissenschaft – Testright.de
Die Geburt einer Drag-Racing-Ikone: Der 1968 Hemi Cuda Prototyp

Die Geburt einer Drag-Racing-Ikone: Der 1968 Hemi Cuda Prototyp

2025-07-27
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6 Minuten

Der Ursprung der Super-Stock-Dominanz von Chrysler

Wie alles mit einem Dollar begann

Der Plymouth Hemi Cuda gilt unter Automobilenthusiasten als Legende, doch nur wenige kennen die Entstehungsgeschichte des ersten werkseitigen Super Stock Hemi Cuda. Während die offiziellen Aufzeichnungen das Debüt des Hemi Cuda auf 1970 datieren, begann die wahre Erfolgsgeschichte – ein technisches Meisterwerk für den Dragstrip – bereits 1968 mit dem Prototyp Plymouth Barracuda B029, bekannt als „the Mule“.

Die E-Body-Revolution und geheime Anfänge

Eine Plattform für Höchstleistungen

Ende der 1960er-Jahre setzte sich Chrysler das Ziel, die Geschichte der Performance-Cars neu zu schreiben. Die E-Body-Plattform wurde so konzipiert, dass sie motorseitig alles vom sparsamen Slant Six bis hin zum mächtigen 426 Hemi V8 aufnehmen konnte. Doch bevor der Produktionsstart des Hemi Cuda anstand, arbeitete die Special Vehicle Division von Chrysler im Geheimen an einem Dragster-Experiment: Ingenieur Tom Hoover beauftragte den jungen Bob Tarozzi, einen 340ci Formula S Fastback zu nehmen und in das Barracuda-Chassis einen 426 Hemi zu integrieren – mit dem Fokus, daraus das ultimative Drag Racing-Fahrzeug zu machen.

Technische Meisterleistung: Tarozzis Laborauto

Unter der Leitung von Bob Tarozzi wurde der Prototyp in jedem Detail neu gedacht. Magnesium-Vorderräder, flexible, maßgeschneiderte Bremsleitungen zur Anpassung an die breiten Hemi-Ventildeckel – Tarozzi optimierte das Fahrzeug auf maximale Leichtbauweise, perfekte Balance und Rennstrecken-Performance. Die Aufschrift „Nobody Cares“ auf dem Deckel spiegelte die anfängliche Skepsis, die er bei Chrysler und in der Rennszene überwinden musste. Selbst Racing-Größen wie Ronnie Sox zweifelten – doch auf der Strecke zeigte „the Mule“ eine beispiellose Performance und Ausgewogenheit.

Vom Verschrotten zum Dragstrip: Das 1-Dollar-Wunder

Historische Rettung durch Arlen Vanke

Nachdem Chrysler alle Testdaten gewonnen hatte, sollte der Prototyp verschrottet werden. Drag-Racing-Ass Arlen Vanke bewahrte das Fahrzeug jedoch vor der Vernichtung, indem er es für symbolische 1 Dollar (etwa neun Dollar nach heutiger Kaufkraft) erwarb. Mit eigenhändig aufgebautem Hemi-Motor und Tony Suppa am Volant wurde daraus der „Suppa Cuda“, der bei der NHRA in Indianapolis beinahe den Sieg errang.

Historische Einzigartigkeit: Restauration und Bewahrung

Der renommierte Sammler Pat McGroder restaurierte das Fahrzeug später akribisch nach Irwindale-Spezifikationen, wobei Bob Tarozzi persönlich jedes Originalteil prüfte. Später wurde „the Mule“ von Sammler Myron Serbay übernommen, der ihn bei Veranstaltungen wie dem All Hemi Reunion, im Chrysler Museum in Auburn Hills und bei der ikonischen Sox & Martin Hemi Challenge 2024 in Indy präsentierte. Auch zeitgenössische Drag Racing-Stars erkennen diesen Cuda als Fundament von Chryslers Super Stock-Dominanz an.

Schlüssel-Spezifikationen: Ein kompromissloser Dragster

Motor, Antrieb und Leistung

Das Herzstück des 1968 Hemi Cuda Prototyps ist ein handmontierter 426ci Hemi V8 mit Cross-Ram-Ansaugung, zwei Holley-Vierfachvergasern und einer Verdichtung von 12,5:1 – genau jenes aggressive Setup, das Arlen Vanke perfektionierte. Der Antriebsstrang umfasst ein TorqueFlite A727 Automatikgetriebe, ein renntaugliches Dana 60 Sure Grip Hinterachsdifferenzial, Super Stock Blattfedern, ultraleichte Vorderrad-Torsionsstäbe und spezialisierte Lenk- und Hauptbremszylinder.

Für Geschwindigkeit gebaut: Gewichtsersparnis und Rennausstattung

Radikale Leichtbauweise prägte das Konzept: Teppiche fehlten komplett, die Stahltüren wurden säurebehandelt, die Frontpartie bestand aus Fiberglas, Plexiglas-Fenster wurden mit Zugriemen bedient, und Rennsitze waren federleicht. Während hinten verchromte Stahlfelgen für Robustheit sorgten, kamen vorne ultraleichte Magnesiumräder zum Einsatz – alle mit zeitgemäßen Drag Slicks. Dieses technische Konzept wurde zur Blaupause für alle weiteren Super Stock Barracudas.

Das Maß der Dinge: Einmaligkeit, Geschichte und Rennsport

50 Drag Racing-Legenden – ein Prototyp

Hurst Performance baute 1968 nur rund 50 B029 Super Stock Barracudas, explizit vorbereitet für die NHRA Super Stock/A Hemi (SS/AH)-Klasse. Doch „the Mule“ war das Testbett, das den Weg vorgab. Seine technischen Innovationen und Rennerfolge wurden von Chrysler dokumentiert und in Fachmedien wie Hot Rod Magazine legendär verewigt.

Authentisch ein Werks-Rennwagen

Ab Werk gab es keine Garantie oder Komfort – der Fokus lag ausschließlich auf Drag Racing. Der Innenraum war auf das Nötigste reduziert: zwei Schalensitze, spartanisches Instrumentenbrett, versetzte Batterie und ein schmaler Vorderwagen standen für kompromisslose 1/4-Meilen-Leistung. Chrysler warnte ausdrücklich: Diese Fahrzeuge waren nicht für den Straßeneinsatz gedacht – nur für erfahrene Rennfahrer.

Marktwert: Von 1 Dollar zu Millionenbeträgen

Einzelstück sorgt für Auktionsdrama

Trotz einzigartiger Historie verliefen die jüngsten Auktionen des Mule im Sammlermarkt turbulent. Als das 7.290 Meilen gelaufene Unikat bei Mecum Indy 2025 zur Versteigerung kam, endeten die Gebote bei 125.000 Dollar – das Mindestgebot wurde nicht erreicht. Das Stück Drag-Racing-Geschichte, das Chryslers Motorsport-DNA prägte, blieb damit zunächst unter sechsstelligen Beträgen.

Aktuelle Bewertung: Millionenwert für den Hemi Super Stock-Prototyp

Heute liegt der Angebotspreis für diesen Prototyp bei stolzen 2 Millionen Dollar – ein immenser Sprung gegenüber dem einstigen 1-Dollar-Preis. Diese Wertsteigerung spiegelt nicht nur die Seltenheit wider, sondern auch seine historische Bedeutung. Im Unterschied zu Repliken oder Tribute Cars ist dies der originale Grundstein der Hemi Super Stock-Ära – ein echtes Stück Automobilgeschichte.

Vergleich: So steht der 1968 Hemi Cuda heute da

Legende gegen moderne Muscle Cars

Während moderne Muscle Cars wie der Dodge Challenger SRT oder der Ford Mustang Shelby GT500 mit modernster Technologie und gewaltiger Leistung aufwarten, bietet kaum ein Fahrzeug die rohe, unverfälschte DNA wie der 1968 Super Stock Barracuda. Komfort oder Straßentauglichkeit standen nie im Fokus. Stattdessen festigte kompromissloser Leichtbau – Fiberglashauben, säuregedipptes Blech, Magnesiumfelgen – seinen legendären Ruf, der sich auch gegen Konkurrenten wie Yenko Camaro oder COPO Chevelle durchsetzt und modernen Luxus-Kraftpaketen gegenüber unverändert pur bleibt.

Anhaltender Einfluss

Der Einfluss des Mule überschreitet seine Zeit: Jeder moderne Drag-Racing-Mopar – vom Hemi-unterstützten Challenger bis zum exklusiven Dodge COPO – verdankt einen Teil seines Erbes der Innovationskraft und dem Pioniergeist dieses Barracuda-Prototyps. Ohne das Mule gäbe es Chryslers heutige Drag-Race-Legende nicht.

Konstruktion und Technik: Rennsport auf den Punkt gebracht

Vom Dragstrip zur Blaupause

Die Karosserie mit Gravur „Woodward Garage“ unterstreicht die Prototypen-Historie. Innen dominieren Zweckmäßigkeit und Funktionalität: zwei Schalensitze, ein großer Jones-Drehzahlmesser, Stewart-Warner-Instrumente und sonst wenig Ausstattung. Die verschmälerten Radaufnahmen erlauben leichtere Felgen, der Kofferraum hebt sich eher wie ein Jetcockpit als wie die Alltagslimousine. Chrysler betonte: Diese Autos waren nie für den öffentlichen Straßenverkehr gedacht.

Technische Genialität durch Reduktion

Unkonventionelle Technik wie der Batterieverlagerung, säurebehandelte Blechteile und maßgeschneiderte Chassis-Modifikationen zeigten den Erfindungsgeist, der Werks-Dragster fortan prägte.

Mopar-Mythos: Warum „the Mule“ heute noch zählt

Das Fundament der Muscle Car-Geschichte

„The Mule“ hat nicht nur der Zeit, sondern auch zahllosen Rennen und der Gefahr des Verschrottens getrotzt. Es bleibt der essentielle Prototyp, der Ursprung von Chryslers legendären Dragstern. Heute ist sein einstiges „Nobody Cares“-Motiv getauscht gegen weltweite Anerkennung unter Mopar-Enthusiasten und Automobilhistorikern.

Zukunft ungewiss: Das nächste Kapitel?

Wenn sich ein wahrer Liebhaber findet, wird die Geschichte des legendären 1968 Hemi Cuda Prototyps, des Mule, in eine neue Ära geführt. Bleibt dies aus, verschwindet die Ikone vielleicht erneut im Lager, bis der Markt ihren immensen Wert erkennt. Dieses Auto ist einzigartig – der lebende Mopar-Mythos, geformt aus Stahl, Fiberglas, Leidenschaft und Benzin. Für alle Liebhaber von Automobilkultur, Werkssport und Muscle-Car-Geschichte bleibt dies der heilige Gral – und wartet auf jemanden, der die Legende weiterträgt.

Quelle: autoevolution

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