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Metformin als möglicher Faktor für eine höhere Lebenserwartung bei Frauen
Das breit eingesetzte Diabetesmedikament Metformin könnte weit mehr als nur den Blutzuckerspiegel regulieren – aktuellen Studien zufolge trägt es möglicherweise dazu bei, das Leben älterer Frauen zu verlängern. Eine jüngst veröffentlichte Langzeitstudie zeigt: Frauen, die Metformin zur Behandlung von Typ-2-Diabetes einnehmen, erreichten signifikant häufiger das 90. Lebensjahr als Patientinnen, die mit einem anderen Wirkstoff therapiert wurden. Diese Ergebnisse liefern einen wichtigen Beitrag zur wachsenden Forschung über die Rolle von Medikamenten beim Verlangsamen des Alterungsprozesses und dem Erhalt gesunder Lebensjahre.
Wissenschaftlicher Hintergrund: Wie Metformin und Altern zusammenhängen
Metformin gilt seit Jahren als Grundpfeiler in der Therapie des Typ-2-Diabetes, vor allem durch seine wirksame Kontrolle des Glukosehaushalts. In der letzten Zeit verstärkt sich das Interesse insbesondere in den Forschungsbereichen Altersmedizin und Langlebigkeit. Metformin zählt zu den sogenannten Gerotherapeutika – Arzneimitteln, die gezielt biologische Prozesse des Alterns beeinflussen könnten. Forschende gehen davon aus, dass Metformin mehrere alterungsbedingte Signalwege adressiert, zum Beispiel durch Verringerung von DNA-Schäden oder die Förderung positiver Genaktivität, die mit einer längeren Gesundheitsspanne verbunden ist.
Frühere Untersuchungen deuten darauf hin, dass Metformin den Zellverschleiß reduzieren, die Alterung des Gehirns verlangsamen und sogar Risiken im Zusammenhang mit Erkrankungen wie Long-COVID senken könnte. Eindeutige Belege, dass Metformin tatsächlich die Lebensdauer verlängert, fehlten bislang jedoch und machen weitere Forschung notwendig.
Studienergebnisse zur Lebenserwartung und Metformin
Die neue Erhebung basiert auf den Daten einer umfassenden US-Studie zu postmenopausalen Frauen. Analysiert wurden die medizinischen Daten von 438 Frauen mit Typ-2-Diabetes – die Hälfte erhielt Metformin, die andere Hälfte wurde mit einem Sulfonylharnstoff behandelt. Über einen durchschnittlichen Beobachtungszeitraum von 14 bis 15 Jahren zeigte sich: Teilnehmerinnen in der Metformin-Gruppe hatten ein um 30 Prozent geringeres Sterberisiko vor dem 90. Lebensjahr im Vergleich zur Sulfonylharnstoff-Gruppe.
Die Studienautoren resümieren: „Metformin wirkt auf verschiedene Alterungswege und gilt daher als Medikament mit Potenzial zur Lebensverlängerung beim Menschen … Unsere Untersuchungen ergaben, dass die Metformin-Einnahme die Wahrscheinlichkeit für ein sehr hohes Lebensalter bei Frauen mit Typ-2-Diabetes deutlich steigert, verglichen mit der Therapie mit Sulfonylharnstoffen.“

Bewertung der Ergebnisse: Chancen, Grenzen und Bedeutung
Die Ergebnisse sind vielversprechend, es gilt jedoch einige Einschränkungen zu beachten. Im Gegensatz zu randomisierten kontrollierten Studien (RCT), bei denen die Zuteilung zu den Behandlungsgruppen zufällig erfolgt, begleitete diese Studie Frauen, die ohnehin eine Standard-Therapie erhielten. Ein Placebo-Vergleich fehlte, zudem war die Teilnehmerzahl im Vergleich zu anderen klinischen Studien moderat. Aufgrund dieser Faktoren lässt sich kein klarer ursächlicher Zusammenhang zwischen Metformin-Einnahme und erhöhter Lebenserwartung ableiten.
Dennoch weist die Studie bemerkenswerte Stärken auf: Der lange Beobachtungszeitraum – von der Lebensmitte bis ins hohe Alter von über 90 Jahren – ist in klinischen Studien selten und bietet wertvolle Einblicke in die langfristigen Auswirkungen von Medikamenten auf Lebenserwartung und chronische Erkrankungen bei älteren Menschen. Die Forschenden betonen: „Das ausgedehnte Follow-up nach Therapiebeginn in unserem Kollektiv ermöglicht eine besonders realistische Betrachtung lebenslanger Gesundheitsentwicklung – etwas, das klassische RCTs nur schwer leisten können.“
Blick in die Zukunft: Gerowissenschaften und Alternsforschung
Die Resultate stützen die sogenannte „Geroscience-Hypothese“, nach der sich biologische Alterungsprozesse beim Menschen gezielt beeinflussen lassen – mit potenziell großem Nutzen für die Prävention zahlreicher altersbedingter Erkrankungen und Einschränkungen. Angesichts steigender Lebenserwartung gewinnen Forschung und Entwicklung von neuen Therapien und Präventionsstrategien zur Förderung von Gesundheit und Langlebigkeit weltweit an Bedeutung.
Weitere großangelegte, randomisierte Studien sind erforderlich, um die Möglichkeiten von Metformin als Medikament zur Lebensverlängerung zu bestätigen und die zugrundeliegenden Wirkmechanismen zu erforschen. Bis dahin macht die aktuelle Studie Hoffnung, dass bereits bestehende Medikamente zu einem längeren, gesünderen Leben beitragen könnten.
Fazit
Aktuelle Hinweise sprechen dafür, dass Metformin – seit Langem weltweit in der Diabetesbehandlung bewährt – auch das Potenzial hat, die Lebenserwartung von Frauen mit Typ-2-Diabetes zu erhöhen. Um diese vielversprechenden Ergebnisse abzusichern und die genauen Mechanismen aufzuklären, sind jedoch weitere Forschungen notwendig. Die Studie stellt einen wichtigen Schritt dar, um das Potenzial von Gerotherapeutika für ein längeres und gesünderes Leben in einer alternden Gesellschaft besser zu verstehen.
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