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Unerwartetes Flaggschiff: Ein LS, wie Sie ihn noch nie gesehen haben
Lexus hat eine radikale Neuinterpretation seines Flaggschiffs angekündigt: ein LS‑benannter Minivan‑Prototyp mit sechs Rädern. Die Vorschau erschien in düsteren Clips während eines Livestreams vor der Japan Mobility Show 2025 und verschiebt sofort die Frage, was eine „Luxuslimousine“ heute für wohlhabende Käufer bedeuten kann. Dieses Sechsrad‑LS‑Konzept provoziert eine Neubewertung von Flagship‑Begriffen wie Raum, Komfort, Präsenz und Chauffeur‑orientiertem Innenraum.
Vom klassischen Limousinen‑Erbe zum luxuriösen Personenbeförderer
In seiner rund 36‑jährigen Geschichte prägte der LS die Wahrnehmung von Toyotas Luxusmarke Lexus maßgeblich. Gleichzeitig haben sich die Präferenzen der Kundschaft verändert: In Märkten, in denen wohlhabende Besitzer Chauffeur‑geführte Fahrzeuge mit großzügigem Raumangebot bevorzugen, reagierte Lexus bereits mit dem LM — einer besonders hochwertigen Interpretation des Alphard. Das jetzt gezeigte LS‑Konzept scheint diesen Trend weiterzudenken und nutzt die traditionsreiche Typenbezeichnung für ein premiumorientiertes, personenzentriertes Fahrzeug.
Die Umwidmung des Namens vom klassischen Heckantriebs‑Sedan hin zu einem luxuriösen MPV signalisiert nicht nur eine Design‑Experimentierfreude, sondern auch strategische Marktüberlegungen: Lexus adressiert damit explizit Kundensegmente, für die Innenraumkomfort, Privatsphäre und repräsentative Präsenz wichtiger sind als sportliche Fahrdynamik. Die Verwendung des LS‑Emblems verleiht dem Experiment Vertrautheit und vermittelt, dass es sich nicht nur um eine Studie, sondern um eine Untersuchung des künftigen Flaggschiffs handelt.
Was der Teaser zeigt
Das kurze offizielle Video verrät keine technischen Details, doch die Silhouette ist unverkennbar: ein hohes, kantiges Profil mit flacher Dachlinie und einer auffälligen Sechsrad‑Anordnung. Auf der gezeigten Fahrzeugseite fehlt scheinbar eine konventionelle vordere Tür — an ihrer Stelle tritt eine große, elektrisch öffnende Schiebetür, die auf einen äußerst geräumigen Innenraum hindeutet. Die Anmutung ist eher Wohnraum als Rückbank, mit Fokus auf Beinfreiheit, Sitzkomfort und Privatsphäre.

Höhepunkte des sichtbaren Designs:
- Drei Achsen und sechs Räder für visuelle Dramatik und potenzielle Vorteile bei Lastverteilung und Stabilität
- Hohe, flache Dachlinie zur Maximierung des Innenraums und zur Schaffung einer aufrechten Sitzposition
- Markante vertikale LED‑Frontleuchten und ein durchgehender Leuchtstreifen hinten, die die Höhe betonen und eine repräsentative Präsenz unterstützen
Lexus hat bisher keine technischen Spezifikationen veröffentlicht, doch ein batterieelektrischer Antriebsstrang erscheint die plausibelste Option. Eine EV‑Architektur bietet große Freiheiten bei der Verpackung (Packaging), um den Innenraum zu priorisieren, tief flache Fußböden zu ermöglichen und das ruhige, vibrationsarme Fahrgefühl zu liefern, das Käufer von einem Flaggschiff‑Luxusfahrzeug erwarten. Außerdem erlaubt Elektroantrieb eine flexiblere Gewichtsverteilung und zusätzliche Raumreserven durch die Integration von Batteriepacks unter dem Fahrzeugboden.
Aus Sicht der Konzeption sind weitere technische Überlegungen naheliegend: adaptive Luftfederung für maximalen Fahrkomfort, aktive Geräuschunterdrückung (ANC) im Innenraum, sowie spezielle Isolationselemente für eine chauffeurorientierte Geräusch‑ und Vibrationskontrolle. Auch spezielle Komfortoptionen wie drehbare, elektrisch verstellbare Sitzsysteme mit Massagefunktionen, variable Innenraumbeleuchtung und modulare Trennsysteme wären typische Feature‑Kandidaten für ein solches Flaggschiff‑MPV.
Design‑ und ingenieurtechnischer Kontext
Sechsradige Pkw sind selten; die meisten mehrachsigen Fahrzeuge stammen aus Spezialbereichen oder dem militärischen Umfeld. Historische und handwerkliche Beispiele reichen von der über hundert Jahre alten Hispano Suiza H6 bis hin zum modernen Covini C6W. Auf der anderen Seite zeigt der AMG G63 6x6, wie das Konzept in Offroad‑ und Performance‑Nischen attraktiv ist. Der Vergleich verdeutlicht: Ein drittes Achssystem kann primär als Statement dienen — als visuelle und kommunikative Verdichtung eines exklusiven Leistungsversprechens — oder als technische Antwort auf spezielle Anforderungen wie erhöhte Nutzlast, bessere Traktion oder verbesserte Geradeausstabilität.
Bei einem Personenwagen wie dem LS‑Konzept sind die technischen Herausforderungen vielfältig. Ein drittes Achssystem erfordert Änderungen an Fahrwerksgeometrie, Lenkübersetzung (falls die hintere Achse lenkbar ist), Bremssystemgröße und -verteilung sowie an der Struktur des Unterbodens. Die Integration eines dritten Achsaggregats beeinflusst das Gewicht, die energetische Effizienz und die Kosten. Deshalb dürfte Lexus unterschiedliche technische Varianten prüfen: eine passive dritte Achse nur zur Lastverteilung, eine gelenkte hintere Achse zur Verbesserung der Manövrierfähigkeit trotz langer Radstände oder sogar eine modulare Lösung, die sich je nach Markt und Einsatz unterscheiden lässt.
Für ein elektrisch betriebenes Sechsrad‑MPV ergeben sich zusätzliche Varianten: Antriebsenergie über zentrale Elektromotoren mit Verteilergetrieben, elektromotorische Achsen (z. B. separate Radnabenmotoren) oder hybride Lösungen, die elektrische Achsen mit einem Range‑Extender kombinieren. Jede Variante hat Vor‑ und Nachteile im Hinblick auf Packaging, Effizienz, Kosten, Wartung und Fahrdynamik. Die offensichtliche Präferenz für ein reines Elektrofahrzeug folgt jedoch aus dem Bestreben, ein möglichst geräumiges, ruhiges und luxuriöses Innenraumgefühl zu bieten.
Marktpositionierung und warum das wichtig ist
Die Transformation des LS in ein Minivan‑Konzept ist eine provokante Bewegung, die verdeutlicht, wie sich Luxusbegriffe wandeln. In bestimmten Regionen — vor allem in Teilen Asiens, aber auch in urbanen Märkten, in denen Chauffeur‑Fahrzeuge geschätzt werden — stehen Raum, Komfort und Präsenz oft über sportlicher Fahrdynamik. Ein Fahrzeug wie dieses LS‑Konzept zielt auf Käufer, die repräsentative Mobilität, umfangreiche Rücksitz‑Features und erstklassigen Service erwarten.
Diese Neuausrichtung hat strategische Implikationen: Lexus testet, wie flexibel die Markenidentität des LS ist und ob die Bezeichnung als Qualitäts‑ und Komfortgarant über verschiedene Karosseriekonzepte hinweg Bestand hat. Das LS‑Badge hat hohe Strahlkraft; seine Verwendung für ein MPV‑Konzept zeigt, dass Lexus bereit ist, Traditionsnamen in neue Segmente zu übertragen, um in wachstumsstarken Luxusmärkten relevant zu bleiben.
Darüber hinaus stellt das Konzept eine Antwort auf den wachsenden Wettbewerb im Premium‑MPV‑Segment und bei Chauffeur‑Fahrern dar. Rivalen aus Japan und Südkorea sowie einige europäische Marken haben längst erkannt, dass personalisierte Serviceangebote, Limousinenaufbauten und luxuriöse People‑Mover profitable Nischen sind. Lexus versucht mit dem Sechsrad‑LS, diese Segmente mit einem ungewöhnlichen, aufmerksamkeitsstarken Produkt zu adressieren und gleichzeitig seine technologische Kompetenz und Designidentität zu betonen.
Ein weiterer zentraler Punkt ist die kulturelle Kompatibilität: In einigen Märkten fungiert ein Fahrzeug dieser Art nicht nur als Transportmittel, sondern auch als mobiles Statussymbol und als Arbeitsumgebung. Merkmale wie gedämpfte Klimaregelung, Mobilitätsservices, digitale Konnektivität für geschäftliches Arbeiten unterwegs sowie hohe Materialqualität und Verarbeitungsstandards sind für die Zielgruppe essentielle Kaufargumente.
„Es geht weniger um Praktikabilität und mehr um Möglichkeit“, sagt ein Branchenbeobachter. „Solche Konzepte kartographieren künftige Kundenwünsche und testen radikale Ideen unter einem vertrauten Namen.“
Was auf der Japan Mobility Show zu erwarten ist
Die vollständige Enthüllung ist für die Japan Mobility Show 2025 geplant, wo das LS‑Konzept die Bühne mit weiteren hochrangigen Lexus‑Präsentationen teilen wird, darunter ein opulenter Century‑Coupé‑Auftritt und möglicherweise ein Corolla‑Konzept. Besucher und Medien können detailliertere Aufnahmen erwarten, technische Erklärungen zur Sechsrad‑Anordnung sowie Aussagen zu Antriebsstrang, Reichweite und Innenraumdesign.
Erwartet werden Erläuterungen zu folgenden Aspekten:
- Konkrete Zielsetzung: Klares Positionierungsstatement des LS‑Konzepts im Luxus‑MPV‑Segment
- Technische Varianten: Hinweise, ob es sich primär um einen Elektromotor‑auf‑Achse‑Aufbau, Radnabenmotoren oder eine hybride Lösung handelt
- Fahrwerksdetails: Informationen zu Lenkbarkeit der dritten Achse, Federungsprinzipien (Luft, adaptiv) und aktiver Stabilitätskontrolle
- Innenraumkonzepte: Detaillierte Präsentation von Sitzanordnung, Materialien, Infotainment, Isolationsstandards und Chauffeur‑Features
Neben Produktinformationen dürfte Lexus die konzeptionelle Intention erläutern: welche Kundensegmente adressiert werden, welche Märkte Priorität haben (z. B. China, Japan, bestimmte Golf‑Staaten) und welche technologischen Innovationen irgendwann in Serienmodellen landen könnten. Auch Diskussionen über Homologation, Produktionskosten und mögliche Kleinserienfertigung sind denkbar, falls das Konzept positive Resonanz findet.
Unabhängig davon, ob das gezeigte Design 1:1 in Serie geht, sendet das Konzept eine klare Botschaft: Lexus ist bereit, das Flaggschiff neu zu denken und traditionelle Segmente zu überschreiten. Für die Beobachter der Automobilbranche ist dies auch ein Test, wie offen hochpreisige Kundengruppen gegenüber ungewöhnlichen Konzepten sind und welche Design‑ und Techniktrends sich daraus ableiten lassen.
Zusammengefasst ist das Sechsrad‑LS‑Konzept ein aufmerksamkeitsstarkes Experiment, das eine zentrale Frage stellt: Wie sieht Luxus aus, wenn Raum und Präsenz die Hauptprioritäten sind? Ob dieses konkrete Design je Kunden erreicht oder in modifizierter Form in eine Serie mündet, bleibt offen. Klar ist jedoch, dass Lexus mit dem Konzept seine Bereitschaft zeigt, das Flaggschiff für einen sich schnell wandelnden Markt neu zu definieren — mit Fokus auf EV‑Technologie, Innenrauminnovation und einem neuen Verständnis von Luxusmobilität.
Abschließend bleibt die Beobachtung, dass ein solches Konzept nicht nur Produktinnovation darstellt, sondern zugleich auch Markenkalkül: Es testet Akzeptanz, misst mediale Wirkung und sondiert potenzielle Geschäftsmodelle rund um exklusive Mobilitätsservices. Für Analysten, potenzielle Kunden und Wettbewerber bietet das Sechsrad‑LS reichlich Stoff für Diskussionen über Zukunftsstrategie, Technologiepfade und die Weiterentwicklung von Luxusautos in der Elektroära.
Quelle: motor1
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