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Neue wissenschaftliche Erkenntnisse legen nahe, dass die Integration von Radfahren in den Alltag einen wirksamen Schutz vor Demenz bieten kann – einer Erkrankung, die immer mehr ältere Menschen weltweit betrifft. In einer groß angelegten Kohortenstudie untersuchten Forscher der Huazhong University of Science and Technology in China und der Universität Sydney in Australien die Gesundheitsdaten von fast 500.000 Personen im Vereinigten Königreich. Die Ergebnisse liefern überzeugende Hinweise darauf, dass aktiver Arbeitsweg – insbesondere das Fahrradfahren – die kognitive Gesundheit fördert und einem neurodegenerativen Abbau vorbeugen kann.
Studienmethodik: Verbindung zwischen Mobilität und geistiger Gesundheit
Die Forscher analysierten Daten von Teilnehmern mit einem Durchschnittsalter von 56 Jahren und konzentrierten sich gezielt auf den Zusammenhang zwischen persönlichen Mobilitätsgewohnheiten und der späteren Entwicklung unterschiedlicher Formen von Demenz. Die Fortbewegungsmittel der Teilnehmer wurden in vier Kategorien eingeteilt: inaktive Fortbewegung (wie Autofahren oder Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel), Gehen, eine Kombination aus Gehen und inaktiver Mobilität sowie Radfahren (allein oder kombiniert mit anderen Verkehrsmitteln). Um potenzielle Störfaktoren durch Lebensstil und Arbeitsroutinen auszuschließen, wurden Pendelwege zum Arbeitsplatz nicht berücksichtigt.

Schlüsselerkenntnisse: Deutliche Risikosenkung bei Radfahrern
Die Analyse offenbarte ein signifikant reduziertes Demenzrisiko bei Menschen, die regelmäßig Fahrrad fahren. Im Vergleich zu Personen, die ausschließlich inaktive Verkehrsmittel nutzten, zeigte sich bei den Radfahrern:
- 19 % geringeres Risiko für die Entwicklung jeglicher Form von Demenz
- 22 % niedrigeres Risiko für Alzheimer-Krankheit
- 40 % geringeres Risiko für früh einsetzende Demenz (Diagnose vor dem 65. Lebensjahr)
- 17 % niedrigeres Risiko für spät einsetzende Demenz (Diagnose nach dem 65. Lebensjahr)
Die Autoren betonen: „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Förderung aktiver Fortbewegung, insbesondere des Radfahrens, mit einem geringeren Demenzrisiko bei Mittelalten und Älteren verbunden ist und durch leicht zugängliche, nachhaltige Lebensstilmaßnahmen erhebliche Vorteile für die öffentliche Gesundheit bieten kann.“
Wissenschaftliche Hintergründe: Warum schützt Radfahren das Gehirn?
Demenz ist eine komplexe neurologische Erkrankung, die sowohl durch genetische Faktoren als auch Umwelt- und Lebensstileinflüsse verursacht wird. Die Forscher stellen verschiedene Erklärungsansätze für die positiven Effekte des Fahrradfahrens auf das Demenzrisiko vor. So fördert die körperliche Aktivität beim Radfahren die Herz-Kreislauf- und Gehirngesundheit, während die räumliche Orientierung und das Planen von Routen wichtige Gehirnregionen für das Gedächtnis stimulieren. MRI-Aufnahmen belegen, dass Radfahrer größere Hippocampus-Volumina aufweisen – ein Bereich des Gehirns, der für die Gedächtnisbildung entscheidend ist. Auch der Aufenthalt im Freien und die kognitiven Anforderungen der Aufmerksamkeit im Straßenverkehr können zum Schutz des Gehirns beitragen. Interessant ist, dass der schützende Effekt des Radfahrens bei Menschen mit dem APOE4-Gen, das das Alzheimer-Risiko erhöht, weniger ausgeprägt war. Trotz sorgfältiger Berücksichtigung von Faktoren wie Alter und Bildungsstand weisen die Forscher darauf hin, dass es sich um eine Korrelation handelt; andere, nicht gemessene Einflüsse können vorhanden sein. Diese Erkenntnisse stehen jedoch im Einklang mit weiteren Studien, die den Zusammenhang zwischen körperlicher Aktivität und Demenzrisiko belegen.

Demenz als globale Herausforderung und neue Präventionsansätze
Da die weltweiten Demenzfälle Prognosen zufolge von 55 Millionen im Jahr 2019 auf 139 Millionen im Jahr 2050 nahezu verdreifacht werden könnten, steigt der Bedarf an kostengünstigen, wirksamen Präventionsstrategien rasant. Die Studienergebnisse zeigen, dass regelmäßiges Fahrradfahren eine praktikable und sparsame Möglichkeit für viele Menschen darstellt, ihre kognitive Gesundheit langfristig zu unterstützen. Die Forscher kommen zu dem Schluss: „Demenz ist weiterhin eine der Hauptursachen für Abhängigkeit und Behinderung im Alter, und unsere Ergebnisse belegen die Notwendigkeit, aktive Mobilität zu fördern, um dieser Herausforderung im Bereich der öffentlichen Gesundheit zu begegnen.“
Fazit
Angesichts des drohenden Anstiegs der Demenzfälle weltweit unterstreicht die umfassende Studie das enorme Potential des Fahrradfahrens in der Demenzprävention. Die Förderung aktiver Mobilitätsformen kann nicht nur zur ökologischen Nachhaltigkeit beitragen, sondern auch unsere geistige Gesundheit im Alter schützen. Öffentlich geförderte Fahrrad-Infrastrukturen können damit wichtige Beiträge für eine gesündere, widerstandsfähigere Gesellschaft leisten.
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