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Hitzewellen im Ozean: Wie sich Clownfische durch Schrumpfen anpassen

Hitzewellen im Ozean: Wie sich Clownfische durch Schrumpfen anpassen

2025-06-01
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4 Minuten

Einleitung: Clownfische trotzen steigender Ozeanwärme

Der Clownfisch (Amphiprioninae), bekannt aus Pixars "Findet Nemo" und weltberühmt durch sein auffälliges orangefarbenes Muster mit den weißen Streifen, zieht nicht nur durch sein Aussehen Aufmerksamkeit auf sich. Im Schatten seiner Popularität steht eine große ökologische Herausforderung: Durch den Klimawandel bedingte steigende Ozeantemperaturen zwingen zahlreiche Meeresbewohner – darunter auch der Clownfisch – zu außergewöhnlichen Anpassungen.

Neue Forschungsergebnisse, veröffentlicht in Science Advances, zeigen eine bemerkenswerte evolutionäre Reaktion bei Clownfischen: Während extremer Meeres-Hitzewellen können diese farbenfrohen Riffbewohner ihren Körper aktiv verkleinern. Diese seltene Anpassung erhöht ihre Überlebenschancen unter klimatischem Stress deutlich.

Wissenschaftlicher Hintergrund: Schrumpfen als Überlebensstrategie

Der Klimawandel und wiederkehrende Meeres-Hitzewellen gefährden weltweit die sensiblen Ökosysteme der Korallenriffe. Viele Wirbeltiere wachsen unter Umweltstress wie Nahrungsmangel oder hohen Temperaturen langsamer oder werden sogar kleiner. So schrumpfen beispielsweise Meerechsen, indem sie Knochenmaterial abbauen, und junge Lachse verkleinern sich oft im Winter. Auch soziale Faktoren beeinflussen das Wachstum: Bei Erdmännchen und Buntbarschen bestimmt der soziale Rang die Entwicklung.

Vor diesem Hintergrund erforschte das Team um Doktorandin Melissa Froesteg an der Newcastle University erstmals systematisch, wie Clownfische mit der doppelten Belastung durch hohe Temperaturen und komplexe soziale Strukturen innerhalb ihrer Gruppen umgehen.

Die Studie: Clownfische während einer globalen Korallenbleiche

Versuchsübersicht

Zwischen Februar und August 2023 beobachteten Wissenschaftler 67 wildlebende Clownfisch-Paare, die in Einzeleanemonen in der Kimbe-Bucht (Papua-Neuguinea) lebten – im Zeitraum der vierten globalen Korallenbleiche. Jeden Monat wurden die Clownfische für kurze Zeit gefangen, fotografiert und vermessen, anschließend wurden sie wieder ausgesetzt. In Abständen von vier bis sechs Tagen erfassten die Forscher die Wassertemperaturen rund um jede Wirtsanemone, um die jeweiligen Umweltbedingungen genau zu dokumentieren.

Zentrale Ergebnisse

Die Resultate waren beeindruckend: Im Untersuchungszeitraum schrumpften 101 von 134 beobachteten Clownfischen mindestens einmal in Reaktion auf die Hitzebelastung – dadurch stieg ihre Überlebenswahrscheinlichkeit um bis zu 78 %. Jene 33 Fische, deren Körpergröße unverändert blieb, hatten diesen Überlebensvorteil nicht. Besonders auffällig: Innerhalb der Brutpaare zeigten ranghohe und untergeordnete Tiere unterschiedliche Schrumpfmuster. Paare, in denen beide Fische gleichzeitig schrumpften, widerstanden Hitzewellen besonders erfolgreich.

Einblicke in Mechanismen und Bedeutung für die Meeresforschung

Obwohl die genauen zellulären und hormonellen Mechanismen des Schrumpfens bislang unerforscht sind, vermutet das Forschungsteam eine zentrale Rolle der Schilddrüse sowie neuroendokriner Regelkreise, die das Wachstum bei Wirbeltieren steuern. Melissa Froesteg betont: „Es handelt sich nicht einfach um Gewichtsabnahme. Die Fische werden während der Hitzestressphasen wirklich kürzer. Die Biochemie dahinter ist noch nicht im Detail bekannt, aber ähnliche Schrumpfprozesse wurden bereits bei anderen Tierarten beschrieben.“

Durch das gezielte Schrumpfen können Clownfische ihren Stoffwechsel flexibel an die veränderten Bedingungen anpassen. Allerdings gibt es auch Nachteile: Das Überleben steht in Hitzewellen zwar im Vordergrund, jedoch kann die verringerte Körpergröße die Fortpflanzung beeinträchtigen, da weniger Energie für die Eiablage bleibt.

Seniorautorin Dr. Theresa Rueger von der Newcastle University unterstreicht die Bedeutung der Studie: „Unsere Forschung zeigt, dass das durch Hitze ausgelöste Schrumpfen bei Fischen auch durch sozialen Stress beeinflusst wird. Dieser weit verbreitete Mechanismus könnte neue Erklärungen für den globalen Rückgang der Fischgrößen liefern, aber sein tatsächliches Ausmaß und die langfristigen Folgen müssen weiter untersucht werden.“

Zukunftsperspektiven und Artenschutz

Angesichts des Klimawandels sind Kenntnisse über die Widerstandsmechanismen von Schlüsselarten wie dem Clownfisch zentral für effektiven Meeresschutz. Die Studie macht sichtbar, wie soziale Dynamik und physiologische Anpassungsfähigkeit zusammenwirken – ein bedeutender Hinweis, um zukünftige Entwicklungen von Meereslebewesen in wärmer werdenden Ozeanen besser vorherzusagen, insbesondere in fragilen Riffhabitaten.

Die Forschenden fordern vertiefende Untersuchungen an verschiedenen Arten und Lebensräumen, um festzustellen, wie verbreitet das hitzebedingte Schrumpfen tatsächlich ist und welchen Einfluss es auf Fortpflanzung, Bestandsentwicklung und Stabilität des Ökosystems hat.

Fazit

Die Fähigkeit der Clownfische, ihren Körper aktiv zu verkleinern und so extreme Hitzewellen zu überstehen, bietet neue Hoffnung für diese Symbolart im Zeitalter des beschleunigten Klimawandels. Ihre kombinierte physiologische und soziale Anpassungsfähigkeit demonstriert eine dynamische Evolution, mahnt jedoch auch zur Vorsicht, da langfristige Gesundheit und Fortpflanzung gefährdet sein könnten. Je häufiger Hitzewellen auftreten, desto wertvoller wird dieses Wissen über Resilienz bei Meeresfischen – eine entscheidende Grundlage für den Schutz und die nachhaltige Bewirtschaftung mariner Lebensräume in einer sich rapide erwärmenden Welt.

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