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Sonnenaktivität und die Herausforderungen des überfüllten Erdorbits

Sonnenaktivität und die Herausforderungen des überfüllten Erdorbits

2025-06-01
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Sonnenaktivität und das wachsende Satellitenumfeld im Erdorbit

Mit der zunehmenden Anzahl von Satelliten im Erdorbit rücken die Auswirkungen starker Sonnenaktivität immer mehr in den Fokus der Raumfahrtforschung. Neue Studien zeigen: Intensive Sonnenstürme führen dazu, dass die Starlink-Satelliten von SpaceX schneller und früher als erwartet in die Erdatmosphäre eintreten. Dies erhöht das Risiko von Weltraummüll und wirft neue Fragen zur Sicherheit von Satellitenmissionen auf.

Solar-Maximum und Megakonstellationen von Satelliten

Die Sonnenaktivität folgt einem etwa elfjährigen Zyklus, in dem Phasen besonders hoher Sonnenflecken- und Sonnensturmaktivität – bekannt als Solar Maximum – auftreten. In den letzten Jahren näherte sich die Sonne erneut einem solchen Höhepunkt. Dies führte zu einer spürbaren Zunahme geomagnetischer Stürme, die das Magnetfeld der Erde durch Sonnenereignisse erheblich stören. Gleichzeitig wächst die Anzahl der Satelliten durch Initiativen wie die Starlink-Megakonstellation rapide an, was das All im niedrigen Erdorbit stark bevölkert und die Herausforderungen im Bereich Weltraumsicherheit und Trümmermanagement verschärft.

Neue Erkenntnisse: Auswirkungen von Sonnenstürmen auf die Lebensdauer von Starlink-Satelliten

Ein Forschungsteam um Denny Oliveira vom Goddard Space Flight Center der NASA analysierte zwischen 2020 und 2024 die Wiedereintrittsmuster von Starlink-Satelliten – einem Zeitraum, der mit steigender Sonnenaktivität und dem Solar Maximum im Oktober 2024 verbunden ist. Mit fortschrittlichen statistischen Methoden untersuchten die Wissenschaftler, wie sich Satellitenzerfall und Wiedereintrittsraten während intensiver Sonnen- und geomagnetischer Ereignisse veränderten.

Die Ergebnisse zeigen: Geomagnetische Stürme erwärmen und dehnen die obere Atmosphäre der Erde, was zu erhöhtem Widerstand für Satelliten wie Starlink führt. Durch diese verstärkte Bremswirkung verlieren die Satelliten schneller an Höhe und ihre durchschnittliche Lebensdauer von rund fünf Jahren verkürzt sich – in extremen Fällen um 10 bis 12 Tage während starker Weltraumwetter-Ereignisse. Dr. Oliveira erläuterte gegenüber Gizmodo: „Geomagnetische Aktivität beschleunigt den orbitalen Zerfall – Satelliten treten somit früher und mit höherer Geschwindigkeit in die Atmosphäre ein.“

Folgen für Satellitensicherheit und Weltraummüll

Selbst ein Verlust von 10 bis 12 Tagen an Steuerungszeit beeinträchtigt SpaceXs Möglichkeiten, kontrollierte Wiedereintrittsmanöver für Starlink-Satelliten durchzuführen. Bei schnelleren und unvorhergesehenen Wiedereintrittsgeschwindigkeiten steigt zudem das Risiko, dass größere Satellitenfragmente die Erdoberfläche erreichen – ein zentrales Thema bei der Risikominderung von Weltraummüll. Zwar gilt, dass höhere Wiedereintrittsgeschwindigkeiten zu einer vollständigen Zerstörung durch die Hitze führen, doch die Untersuchungen von Oliveira deuten darauf hin, dass die rasche Passage der Atmosphäre möglicherweise nicht ausreicht, um alle Komponenten sicher zu verglühen.

Obwohl SpaceX die Starlink-Satelliten so konstruiert, dass sie bei Wiedereintritt vollständig zerfallen, gab es bereits Gegenbeispiele. Im Jahr 2024 landete beispielsweise ein 2,5 Kilogramm schweres Starlink-Trümmerteil auf einer Farm in Saskatchewan, wie New Scientist berichtete. SpaceX bestätigt zwar ein theoretisches Restrisiko, betont aber, dass die Gefahr für Menschen, Flugzeuge oder Schiffe minimal sei.

Statistische Trends und wachsende Satellitenpopulation

Der Astronom Jonathan McDowell von der Harvard University berichtet, dass aktuell über 7.500 Starlink-Satelliten im Orbit kreisen; in den kommenden Jahren soll diese Zahl auf über 42.000 steigen. Die Häufigkeit von Satellitenwiedereintritt erhöht sich bereits jetzt von einstmals wöchentlich auf nahezu täglich. Oliveira stellt fest: „Zum ersten Mal in der Geschichte befinden sich so viele Satelliten gleichzeitig im Orbit. Die dynamischen Auswirkungen der Sonnenaktivität auf ihre Lebensdauer und ihr Wiedereintrittsverhalten zu verstehen, ist deshalb von zentraler Bedeutung.“

Wichtige Erkenntnisse und zukünftige Maßnahmen

Die Forschungsergebnisse, die als Preprint auf arXiv verfügbar sind, beweisen die Dringlichkeit umfassender Analysen zur Wechselwirkung von Weltraumwetter und Satellitenbetrieb. Die durch geomagnetische Stürme ausgelöste Expansion und Erwärmung der oberen Atmosphäre verkürzt nicht nur die Lebensdauer von Satelliten im niedrigen Erdorbit, sondern erschwert auch die Kollisionsvermeidung und die Steuerung von gezielten Wiedereintrittsprozessen. Zudem kann erhöhter Widerstand während solcher Sonnenereignisse die Risiken und die Unsicherheit bezüglich herabfallender Satellitentrümmer weiter steigern.

Um diesen Herausforderungen zu begegnen, empfehlen Fachleute die Integration von Echtzeit-Prognosen zum Weltraumwetter sowie geomagnetischen Aktivitätsmodellen in die Satellitenbetriebsstrategien. Mit der wachsenden Zahl von Satelliten-Megakonstellationen werden robuste Richtlinien und effiziente Satellitenverfolgungssysteme unerlässlich, um das Orbitalumfeld zu schützen sowie Kollisionen und Gefahren durch Trümmerteile zu minimieren.

Fazit

In einer Zeit, in der die Anzahl von Satelliten und ihre Besiedelung des niedrigen Erdorbits rasant zunimmt, wird das Verständnis der Auswirkungen von Sonnenaktivität auf Satellitenlebensdauer und Wiedereintritt zu einer zentralen Aufgabe für Raumfahrtindustrie und Regulierungsbehörden. Die neuesten Erkenntnisse von Oliveira und seinem Team verdeutlichen die komplexe Beziehung zwischen Sonnenstürmen und dem Schicksal erdumkreisender Satelliten – und weisen auf die Notwendigkeit flexibler Strategien zur Risikominderung hin, um den nachhaltigen und sicheren Zugang zum Orbit für Kommunikation, Forschung und globale Konnektivität zu gewährleisten.

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