Die Entschlüsselung des Blazars PKS 1424+240: Torusförmiges Magnetfeld enthüllt

Die Entschlüsselung des Blazars PKS 1424+240: Torusförmiges Magnetfeld enthüllt

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Entdeckung und das anhaltende Rätsel

PKS 1424+240 ist ein Blazar – ein aktiver Galaxienkern, der von einem supermassereichen Schwarzen Loch angetrieben wird und dessen relativistischer Jet nahezu direkt auf die Erde gerichtet ist. Diese entfernte Galaxie, die vor mehr als fünf Jahrzehnten entdeckt wurde, bereitete Astronomen lange Zeit Kopfzerbrechen: Sie zählt zu den hellsten bekannten Quellen hochenergetischer Neutrinos und Gammastrahlung, was auf extrem schnelle, energiegeladene Jets hindeutet. Gleichzeitig erschienen die gemessenen scheinbaren Geschwindigkeiten von Strukturen im Jet ungewöhnlich langsam, wodurch ein Widerspruch zwischen der beobachteten Helligkeit und der Jet-Kinematik entstand.

Als Blazare bezeichnet man jene Objekte, bei denen einer der relativistischen Jets nahezu entlang unserer Sichtlinie liegt. Diese Ausrichtung führt zu starker Doppler-Verstärkung, wodurch der Jet deutlich heller wirkt und mitunter scheinbar überlichtschnelle Bewegungen zeigt – eine optische Täuschung, die durch relativistische Bewegungen und Projektions-Effekte entsteht. Bei PKS 1424+240 sorgte die Inkonsistenz zwischen der Gammastrahlungs- und Neutrinoleistung einerseits und der scheinbaren Jet-Geschwindigkeit andererseits dafür, dass man eine langfristige, hochaufgelöste Untersuchung der Magnetfeldstruktur des Jets begann.

Beobachtungen und Magnetfeldabbildung mit dem VLBA

Um das Paradoxon zu klären, wertete ein internationales Team unter Leitung von Yuri Kovalev vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie 15 Jahre Radiobeobachtungen des Very Long Baseline Array (VLBA) aus. Das VLBA liefert Bilder von kompakten Radiosources im Millibogensekundenmaßstab und – für diese Studie entscheidend – Vollpolarisationdaten, die die Polarisation der Radioemission offenlegen. Polarisation beschreibt die Ausrichtung elektromagnetischer Wellen und wird durch die Magnetfelder des emittierenden Plasmas geprägt.

Durch das Stapeln und Analysieren langfristiger Polarisationskarten rekonstruierte das Team die Geometrie des Magnetfeldes im inneren Jet von PKS 1424+240. Das Ergebnis war eindrucksvoll: Die Polarisationsdaten zeigen ein nahezu perfektes toroidales (ringförmiges) Magnetfeld, das sich um die Achse des Jets windet. „Als wir das Bild rekonstruierten, war es absolut atemberaubend“, sagte Kovalev. „So etwas haben wir noch nie gesehen – ein nahezu perfektes toroidales Magnetfeld mit einem Jet, der direkt auf uns zeigt.“ Diese Geometrie deutet darauf hin, dass wir den Jet beinahe genau längs seiner Achse betrachten.

Wesentliche Entdeckung und physikalische Interpretation

Ein toroidales Magnetfeld, das mit der Jet-Achse ausgerichtet ist, erklärt den scheinbaren Widerspruch. Wenn man nahezu entlang eines relativistischen Jets mit einem umschlossenen Magnetfeld blickt, erzeugt dies eine sehr starke Doppler-Verstärkung der Helligkeit, während durch Projektions-Effekte transversale Bewegungen langsam erscheinen. „Diese Ausrichtung bewirkt eine Aufhellung um einen Faktor von 30 oder mehr“, erklärte Jack Livingston vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie. „Gleichzeitig erscheint der Jet aufgrund von Projektions-Effekten langsam – eine klassische optische Täuschung.“

Die Polarisationskartierung bringt damit die Produktion hochenergetischer Neutrinos und Gammastrahlung mit der langsamen scheinbaren Bewegung in Einklang: Die Quelle ist stark auf uns hin verstärkt, und interne Teilchenbeschleunigungsprozesse bleiben effizient, selbst wenn die gemessenen Eigenbewegungen moderat ausfallen. Kovalev hob die weiterreichende astrophysikalische Bedeutung hervor: „Die Lösung dieses Rätsels bestätigt, dass aktive Galaxienkerne mit supermassereichen Schwarzen Löchern nicht nur starke Beschleuniger von Elektronen sind, sondern auch von Protonen – dem Ursprung der beobachteten hochenergetischen Neutrinos.“ Dies stützt Modelle, in denen Blazar-Jets Hadronen beschleunigen, die dann wechselwirken und Neutrinos sowie Gammastrahlung erzeugen.

Verwandte Technologien und künftige Perspektiven

Hochaufgelöste Radiointerferometrie und langfristige Polarisationsüberwachung waren für diese Entdeckung unverzichtbar. Zukünftige Verbesserungen der Very-Long-Baseline-Netzwerke, begleitende Mehrwellenlängen-Beobachtungen (von Radio bis Gamma) und koordinierte Neutrino-Beobachtungen (IceCube und Nachfolger) werden unser Verständnis der Teilchenbeschleunigung in Jets weiter schärfen. Teleskope, die zeitaufgelöste Polarisationsstudien liefern, können prüfen, wie verbreitet toroidale Magnetkonfigurationen in neutrinstarken Blazaren sind und wie sich die magnetische Topologie während Ausbrüchen verändert.

Expertenkommentar

Dr. Elena Morales, Astrophysikerin mit Schwerpunkt Jet-Magnetohydrodynamik, bemerkt: „Dieses Ergebnis unterstreicht, wie sehr die Geometrie des Magnetfeldes unsere Interpretation der Jet-Physik verändern kann. Langbasige Polarisationsabbildung fügt kinematischen Studien eine dritte Dimension hinzu – ohne sie laufen wir Gefahr, durch Doppler-verstärkte Quellen in die Irre geführt zu werden. Koordinierte Neutrino- und Polarisationskampagnen sind der nächste logische Schritt.“

Schlussfolgerung

Fünfzehn Jahre VLBA-Polarisationsdaten zeigen, dass der Jet von PKS 1424+240 von einem toroidalen Magnetfeld umschlossen ist und nahezu direkt auf die Erde gerichtet ist. Diese Geometrie erklärt die extreme Helligkeit und Neutrinoproduktion des Blazars und macht die trügerisch langsamen scheinbaren Jet-Geschwindigkeiten durch Projektions-Effekte verständlich. Das Ergebnis stärkt die Verbindung zwischen aktiven Galaxienkernen, der Physik relativistischer Jets und hochenergetischen Neutrinos und demonstriert die Kraft langfristiger, hochaufgelöster polarimetrischer Beobachtungen bei der Entschlüsselung kosmischer Teilchenbeschleuniger.

Quelle: aanda

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