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Das Rätsel des minimalen Schlafs: Warum gedeihen manche Menschen mit wenig Schlaf?

Das Rätsel des minimalen Schlafs: Warum gedeihen manche Menschen mit wenig Schlaf?

2025-06-04
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Das Rätsel des minimalen Schlafs: Warum kommen manche Menschen mit weniger Schlaf aus?

Weltweit beschäftigen sich Schlafexperten und Neurowissenschaftler intensiv mit einem ungewöhnlichen Phänomen: Während die meisten Erwachsenen sieben bis neun Stunden Schlaf für optimale Gesundheit und mentale Leistungsfähigkeit benötigen, gibt es eine kleine Gruppe von Menschen, die bereits mit vier bis sechs Stunden Schlaf pro Nacht auskommt und dabei vital und konzentriert bleibt. Diese sogenannten "natürlichen Kurzschläfer" stellen die herkömmlichen Vorstellungen über das menschliche Schlafbedürfnis sowie die komplexe Wissenschaft der zirkadianen Rhythmen und Schlafzyklen infrage.

Ein berühmtes Beispiel war die ehemalige britische Premierministerin Margaret Thatcher, die mit lediglich vier Stunden Schlaf pro Nacht ihre Aufgaben mit bemerkenswerter Energie und Klarheit erfüllte – was viele Beobachter faszinierte. Für die große Mehrheit der Bevölkerung jedoch würde ein solches Schlafpensum rasch zu Erschöpfung, Stimmungsschwankungen, Konzentrationsproblemen und verstärktem Verlangen nach Zucker oder Koffein führen – klassische Anzeichen von Schlafmangel.

Natürliche Kurzschläfer: Erkenntnisse aus Genetik und Neurowissenschaft

Das Kurzschlaf-Phänotyp

Natürliche Kurzschläfer unterscheiden sich grundlegend von Menschen, die sich mithilfe von Disziplin oder Willenskraft wachhalten. Jahrzehntelange Schlaf-Forschung belegt, dass diese Menschen einer seltenen genetischen Kategorie angehören. Im Gegensatz zu Personen, die gegen Müdigkeit ankämpfen, profitieren natürliche Kurzschläfer in kürzerer Zeit von denselben regenerierenden Schlafphasen, ohne typische Anzeichen von Schlafentzug zu zeigen oder tagsüber häufig zu schlafen.

Wissenschaftlern gelang es 2010 erstmalig, eine seltene Mutation des Gens DEC2 bei Familien zu identifizieren, deren Mitglieder auf natürliche Weise mit weniger Schlaf auskamen. Auch Mutationen in anderen Genen wie ADRB1 scheinen die Effizienz des Schlafs zu steigern und führen dazu, dass Tief- und Erholungsschlaf in ein kleineres Zeitfenster komprimiert werden.

Eine aktuelle Fallstudie aus dem Jahr 2025, veröffentlicht in einer renommierten Fachzeitschrift für Neurowissenschaft, stellt eine über 70-jährige Frau mit einer solchen Mutation in den Fokus. Sie schlief seit Jahrzehnten regelmäßig nur sechs Stunden pro Nacht, blieb dabei jedoch körperlich und geistig fit bis ins hohe Alter. Ihr Fall verdeutlicht, wie bestimmte Genvarianten das individuelle Schlafbedürfnis grundlegend beeinflussen können.

Obwohl noch nicht alle beteiligten Gene und Mechanismen vollständig erforscht sind, unterstreichen diese Erkenntnisse die enge Verbindung zwischen genetischer Veranlagung und Schlafregulation. Forschungen laufen weiter, um die Verbreitung solcher Mutationen und ihre möglichen evolutionären Vorteile besser zu verstehen.

Der Mythos vom Kurzschlaf: Schlafmangel und moderne Lebensweise

Es ist wichtig, zwischen echten natürlichen Kurzschläfern und Menschen zu unterscheiden, die aufgrund von Lebensstil, beruflichen Anforderungen oder gesellschaftlichem Druck zu wenig schlafen. Viele sehen darin ein Zeichen von Produktivität und Belastbarkeit – besonders in schnelllebigen Branchen oder der sogenannten "Hustle Culture". Für die Mehrheit bedeutet zu wenig Schlaf jedoch nicht mehr Effizienz, sondern die Anhäufung eines gefährlichen "Schlafdefizits".

Dieses Schlafdefizit führt nachweislich zu eingeschränkter Gedächtnisleistung, schlechteren Entscheidungsfähigkeiten, emotionaler Instabilität und erhöht das Risiko sogenannter Mikroschlaf-Phasen – kurzen, unkontrollierbaren Einschlafmomenten während des Wachseins. Diese Defizite akkumulieren sich und können langfristig massive gesundheitliche Folgen haben.

Chronischer Schlafmangel: Langfristige Gesundheitsrisiken

Zahlreiche Studien zeigen, dass anhaltender Schlafmangel das Risiko für Stoffwechselerkrankungen wie Übergewicht, Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Leiden und eine verkürzte Lebenserwartung erhöht. Der biologische Taktgeber, der suprachiasmatische Nukleus im Gehirn, braucht einen regelmäßigen Schlaf-Wach-Rhythmus, um sämtliche Organsysteme leistungsfähig zu halten. Unregelmäßiger oder verkürzter Schlaf stört diese Systeme und schwächt die Abwehrkräfte gegen Krankheiten und äußere Belastungen.

Ausgleich am Wochenende: Lässt sich verlorener Schlaf nachholen?

Um Schlafmangel unter der Woche auszugleichen, gönnen sich viele Menschen am Wochenende längere Schlafphasen oder versuchen durch kurze Nickerchen Müdigkeit zu bekämpfen. Doch obwohl sich damit kurzfristig Erschöpfung oder Konzentrationsmangel mindern lassen, bieten diese Maßnahmen laut Forschung keinen vollständigen Ausgleich.

Immer mehr groß angelegte Studien zeigen, dass Wochenendschlaf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Stoffwechselprobleme, das mit chronischem Schlafmangel einhergeht, kaum senkt. Zudem können unregelmäßige Schlafenszeiten, wie das lange Ausschlafen am Wochenende, zirkadiane Rhythmen stören und es in den folgenden Nächten erschweren, rechtzeitig einzuschlafen.

Neuere epidemiologische Untersuchungen deuten zudem darauf hin, dass häufige Schwankungen im Schlafmuster und unterschiedliche Schlafdauer langfristig schädlicher für die Gesundheit sind als die absolute Schlafzeit selbst. Das hat weitreichende Folgen unter anderem für Schichtarbeiter, Vielreisende und Personen mit ungewöhnlichen Arbeitszeiten.

Individuelle Schlafbedürfnisse anerkennen

Über die Genetik hinaus: Alter, Gesundheit und persönliche Voraussetzungen

Obwohl die genetische Veranlagung bei natürlichen Kurzschläfern eine zentrale Rolle spielt, beeinflussen auch Alter, Gesundheit und individuelle Lebensumstände das Schlafbedürfnis. Insbesondere mit zunehmendem Alter verändern sich zirkadiane Rhythmen, Schlaf wird fragmentierter – vor allem bei älteren Menschen, die chronische Erkrankungen wie Arthritis oder Herzleiden haben.

Schlafmediziner betonen: Während eine glückliche Minderheit mit bestimmten Genen wirklich mit wenig Schlaf auskommt, empfiehlt die Wissenschaft weiterhin sieben bis neun Stunden Schlaf für den Großteil der Erwachsenen. Kinder, Jugendliche und Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen benötigen oftmals sogar mehr Schlaf, um Körperfunktionen und Gehirngesundheit zu fördern.

Bekannte "Kurzschläfer" kritisch betrachtet

Auch berühmte Persönlichkeiten wie Margaret Thatcher verdienen eine differenzierte Betrachtung. Zwar gibt es Berichte über ihren kurzen Nachtschlaf, doch Hinweise deuten darauf hin, dass sie tagsüber durch Nickerchen kompensierte. Das spricht eher für eine Anpassung als für ein echtes Kurzschläfer-Phänomen.

Fazit

Zusammengefasst ist die Fähigkeit, mit wenigen Stunden Schlaf auszukommen, meist das Ergebnis seltener genetischer Mutationen – und nicht Ausdruck von Willenskraft oder eines bestimmten Lebensstils. Für die allermeisten ist ausreichender, qualitativ hochwertiger Schlaf unverzichtbar für lebenslange Gesundheit, geistige Leistungsfähigkeit und emotionales Wohlbefinden. Trotz genetischer Ausnahmen bleiben konsequente Schlafroutinen und gute Schlafhygiene die Basis für ein gesundes Leben. Mit jedem neuen Forschungsergebnis zu Schlafgenetik und Chronobiologie wächst unser Verständnis für das Zusammenspiel von Genen, Umwelt und Verhalten weiter.

Quelle: theconversation

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