4 Minuten
Dinosaurier-DNA liegt weiterhin außerhalb unserer Reichweite, daher wenden sich Paläontologen selteneren Spuren von Weichteilen zu, die in Knochen erhalten sind. Mithilfe hochintensiver Synchrotron-Röntgenstrahlen und 3D-Rekonstruktion haben Forscher eisenreiche, mineralisierte Abgüsse von Blutgefäßen in einer teilweise verheilten Rippe eines Tyrannosaurus rex sichtbar gemacht. Credit: Shutterstock
Untersuchungsobjekt und wissenschaftlicher Kontext
Der Großteil des Wissens über Dinosaurier stammt aus harten Geweben – Knochen und Zähnen –, die im Gesteinsarchiv erhalten geblieben sind. Diese Elemente sind unerlässlich, geben aber nur begrenzte Informationen über Physiologie, Wachstum und Erscheinungsbild. Außergewöhnlich erhaltene Weichteile – Hautabdrücke, Pigmente, Muskelreste, Bänder – liefern weitaus reichhaltigere biologische Details. Gefäßstrukturen, die innerhalb von Knochen konserviert sind, stellen eine weitere Form seltener Weichteilbelege dar.
Die in dieser Studie untersuchten Gefäßabgüsse stammen von „Scotty“, dem größten und einem der vollständigsten T. rex-Exemplare, das im Royal Saskatchewan Museum in Kanada verwahrt wird. Das Skelett zeigt mehrere Verletzungen, die sich vermutlich über Scottys Leben vor etwa 66 Millionen Jahren angesammelt haben. Eine Rippe weist einen großen, teilweise verheilten Bruch auf; das dort abgebildete Netzwerk der Blutgefäße scheint die erhöhte vaskuläre Aktivität zu dokumentieren, die mit der Knochenheilung einhergeht.

Methoden: Synchrotron-Bildgebung und 3D-Rekonstruktion
Die Analyse innerer Mikrostrukturen in fossilem Knochen stellt zwei Hauptprobleme: die Darstellung des Inneren ohne zerstörerische Probenahme und das Eindringen in sehr dichte, mineralisch ersetzte Materialien. Medizinische CT-Scanner besitzen oft nicht die nötige Auflösung und Penetrationskraft für stark mineralisierte Fossilien.
Synchrotron-Röntgenmikrotomographie
Das Forscherteam nutzte Synchrotronlicht – intensive, stark gebündelte Röntgenstrahlen, die an Teilchenbeschleuniger-Anlagen erzeugt werden – um die Rippe in Mikrometerauflösung zu scannen. Die Synchrotron-Mikrotomographie kann feine dreidimensionale Details auflösen und bietet zudem element-sensitiven Kontrast, sodass eine chemische Kartierung der Mineralphasen möglich ist.
Die chemische Kartierung zeigte, dass die Gefäßkanäle als eisenreiche mineralisierte Abgüsse erhalten sind, angeordnet in zwei unterscheidbaren Minerallagen. Diese Schichtung spiegelt eine komplexe diagenetische Geschichte wider – die Abfolge chemischer und umweltbedingter Veränderungen nach der Begrabung –, die zur außergewöhnlichen Erhaltung der Mikrostrukturen führte.

Wesentliche Entdeckungen und Bedeutungen
Das Muster der mineralisierten Gefäße entspricht dem, was man bei aktiver Knochenheilung erwartet: eine lokalisierte Zunahme der Gefäßbildung, um Zellen und Mineralien zur Reparaturstelle zu transportieren. Durch die Dokumentation dieser erhaltenen angiogenen (gefäßbildenden) Muster erhalten Wissenschaftler direkte anatomische Hinweise darauf, wie große Theropoden wie der T. rex auf Traumata reagierten.
Ein vergleichende Analyse der Gefäßmorphologie könnte evolutionäre Fragen beleuchten: ähneln die Gefäßnetze von Dinosauriern denen moderner Archosaurier (Vögel und Krokodile)? Lassen sich Unterschiede in der Gefäßarchitektur mit Wachstumsraten, Stoffwechsel oder Immunantwort in Verbindung bringen? Diese Entdeckung bietet zudem einen praktischen Hinweis für künftige Feldarbeit – Knochen mit verheilt erscheinenden Verletzungen könnten vielversprechende Zielobjekte sein, um weitere Weichteilspuren zu finden.
Verwandte Technologien und Zukunftsperspektiven
Der Einsatz teilchenbeschleunigerbasierter Bildgebung, kombiniert mit 3D-Modellierung und zerstörungsfreier chemischer Analyse, verändert die Paläontologie. Diese interdisziplinären Methoden erlauben es Forschern, Fossilien auf zellulärer und mikrostruktureller Ebene zu untersuchen und gleichzeitig die Proben für künftige Studien zu bewahren. Daten aus mineralisierten Weichteilen lassen sich mit Histologie, Isotopenanalysen und Vergleichen zu lebenden Verwandten integrieren, um Physiologie und Lebensgeschichte zu rekonstruieren.
Expertinnen- und Experteneinschätzung
„Das Auffinden erhaltener Gefäßabgüsse in einer T. rex‑Rippe gibt uns ein direktes Fenster in Heilungsprozesse bei urzeitlichen Tieren“, sagt Dr. Ana Ruiz, eine paläobiologische Forscherin, die nicht an der Studie beteiligt war. „Es verbindet Paläopathologie mit realen physiologischen Mechanismen und hilft uns, messbare Fragen zu Wachstum, Immunantwort und Verhalten ausgestorbener Arten zu stellen.“
Fazit
Die Visualisierung eisenreicher Blutgefäßabgüsse in Scottys Rippe zeigt, wie fortschrittliche Bildgebung und chemische Kartierung empfindliche biologische Signale aus der Tiefenzeit zurückgewinnen können. Diese Ergebnisse erweitern unsere Möglichkeiten, Dinosaurierbiologie über die Knochenform hinaus zu erschließen – und liefern neue Daten zu Heilung, Physiologie und evolutionären Beziehungen. Sie weisen zudem auf gezielte Strategien hin, um in Zukunft weitere Weichteilbelege im Fossilbericht zu entdecken.
Quelle: scitechdaily
Kommentare