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Grafikkarten sind teuer, heiß begehrt und deshalb ein beliebtes Ziel für Betrüger. Bevor du für eine vermeintlich neue GPU bezahlst, lohnt sich ein kurzer, systematischer Check: Viele Fälschungen sind clever gemacht, aber sie verraten sich durch wiederkehrende Details. Hier erkläre ich praxisnah, worauf du achten musst — von Verpackung und Anschlüssen bis zu BIOS, Treibern und Benchmarks.
10 klare Anzeichen, dass deine neue GPU gefälscht sein könnte
1. Verpackung und Branding wirken nicht echt
Offizielle Hersteller wie NVIDIA, AMD oder Drittanbieter (ASUS, MSI, Gigabyte u. a.) nutzen durchgängig scharfe, hochwertige Verpackungen. Achte auf folgende Punkte:
- Verwaschene Farben, Rechtschreibfehler, verschwommene Logos oder nicht funktionierende Barcodes.
- Eine andere Box als das Modell, das verkauft wird — zum Beispiel eine ältere GTX-Verpackung für eine angebliche RTX-Karte.
- Fehlende oder unsauber angebrachte Labels, Garantieaufkleber oder Seriennummern.
Vergleiche die Boxabbildungen und Seriennummern mit offiziellen Produktfotos und der Herstellerseite. Händlerfotos auf Marktplätzen lassen sich oft mit Bildersuche überprüfen — ein schneller Weg, um Fälschungen zu enttarnen.
2. Alte oder unerwartete Anschlüsse
Moderne Grafikkarten haben in der Regel HDMI- und DisplayPort-Anschlüsse, zunehmend auch den neuen 12VHPWR-Stromanschluss bei High-End-Modellen. Wenn eine „neue“ Karte VGA oder nur DVI-Anschlüsse bietet, ist das verdächtig. Viele Fälscher nehmen alte Karten, lackieren sie neu und kleben neue Labels auf.
Prüfe außerdem die PCIe-Kontakte: stark verblasste oder verkratzte, vergoldete Pins deuten auf vorherigen Gebrauch oder Manipulation hin. Achte auch auf die Anzahl und Form der Stromanschlüsse — ein aktuelles Modell kann einen 8‑Pin+6‑Pin, 2×8‑Pin oder den neuen 12‑Pin/12VHPWR haben. Wenn das Gehäuseanschlussbild nicht zum angegebenen Modell passt, fragt das nach einer Erklärung.
3. Das Gewicht fühlt sich falsch an
Echte Grafikkarten haben Gewicht — schwere Kühlkörper, Heatpipes und solide Kühllösungen sind spürbar. Fälschungen versuchen oft, Kosten zu sparen und fühlen sich deutlich leichter an, oder sie kleben Gewichte aus billigem Material ein, um eine täuschende Schwere zu simulieren.
Gewicht allein ist kein Beweis, aber in Kombination mit anderen Auffälligkeiten (z. B. schlechter Kühlung oder billig wirkenden Anschlüssen) ist es ein guter Hinweis, etwas genauer hinzuschauen.
4. Unordentliche Leiterplatte, abweichende Bauteile oder gefälschte Seriennummern
Wenn möglich, inspiziere die Leiterplatte (PCB). Bei echten Karten sind Lötstellen, Bauteile und Leiterbahnen sauber und gleichmäßig. Hinweise auf Fälschungen können sein:
- Uneinheitliche Lötstellen, fehlende Chips, ungewöhnliche Kabel oder handverdrahtete Reparaturen.
- Aufgeklebte oder nachträglich angebrachte Komponenten, die nicht standardmäßig aussehen.
- Seriennummern, die auf der Herstellerwebseite nicht gefunden werden — das ist ein deutliches Warnsignal.
Viele Hersteller bieten auf ihren Supportseiten die Möglichkeit, Seriennummern für Garantie- oder Echtheitsprüfungen einzugeben. Nutze das.
5. Dein Betriebssystem erkennt eine andere GPU
Windows-Gerätemanager oder Task-Manager zeigen normalerweise den korrekten Modellnamen. Wenn dort ein deutlich älteres Modell auftaucht (z. B. GT 640 statt einer aktuellen RTX-Generation), solltest du hellhörig werden. Unter Linux verrät dir lspci ähnliche Details; für NVIDIA-Karten hilft nvidia-smi.
Einige Betrüger flashen die Firmware oder manipulieren die GPU-BIOS, um die Karte anders erscheinen zu lassen. Nutze Tools wie GPU‑Z, HWiNFO oder Speccy, um Angaben zu Shader‑Kernen, Taktfrequenzen, Speichertyp und -größe zu prüfen. Stimmen diese Parameter nicht mit dem beworbenen Modell überein, ist Vorsicht geboten.

6. Treiberinstallation scheitert oder die Hersteller‑Kontrollsoftware funktioniert nicht
Echte GPUs unterstützen offizielle Treiber von NVIDIA, AMD oder Intel. Wenn sich Treiber nicht installieren lassen, öfter abstürzen oder die zugehörigen Einstellungs‑Utilities (z. B. NVIDIA Control Panel, AMD Radeon Software) Funktionen falsch anzeigen, ist das ein Warnsignal.
Manche Fälschungen unterstützen zwar Basisfunktionen, lassen aber Features wie Raytracing, DLSS/FSR oder korrekte Downsamplings vermissen. Teste die Karte mit offiziellen Treibern direkt vom Hersteller und achte auf Fehlermeldungen oder black‑screen‑Phänomene.
7. Die Leistung entspricht nicht dem angegebenen Modell
Benchmarks sind einer der zuverlässigsten Indikatoren. Nutze 3DMark, Cinebench, FurMark oder Spiele‑Benchmarks und vergleiche die Ergebnisse mit seriösen Online‑Datenbanken oder Reviews. Wenn die FPS oder Compute‑Scores deutlich unter dem zu erwartenden Niveau liegen, könnte es sich um eine Rebrand‑ oder Fake‑Karte handeln.
Beispiel: Eine angebliche RTX‑40‑Serie, die in 3DMark deutlich unter einer RTX‑30‑Serie liegt, ist ungewöhnlich. Umgekehrt können extrem hohe Scores auf illegale Übertaktungen, manipulierte Treiber oder falsche Reporting‑Mechanismen hindeuten — in jedem Fall gilt: genau prüfen.
8. Schlecht verarbeitete Anschlüsse und Metallteile
Die I/O‑Blende und die Ports sind bei echten Karten sauber verarbeitet: präzise Ausschnitte, fest sitzende Buchsen und gleichmäßige Lackierung. Günstige oder ungleichmäßige Portgehäuse, wackelige Halterungen, schiefe Befestigungslöcher oder locker sitzende Metalllaschen signalisieren oft Billigproduktion.
Wenn HDMI‑ oder DisplayPort‑Stecker nicht ordentlich sitzen oder wackeln, kann das auch zu Funkstörungen und Bildaussetzern führen — ein weiterer praktischer Grund, solche Karten zu meiden.
9. Mangelhafte Kühlung oder schlampige Wärmeleitpaste
Gute Kühlung ist für Leistungsfähigkeit und Lebensdauer entscheidend. Öffne die Karte nur, wenn du sicher bist, dass du dadurch keine Garantie verlierst. Achte ansonsten beim Blick in den Kühler auf:
- passende, massiv wirkende Kühlkörper und Heatpipes;
- sauber aufgetragene Wärmeleitpaste (nicht matschig oder stark verschmutzt);
- feste Schrauben und keine Anzeichen dafür, dass Komponenten ausgetauscht oder wiederverwendet wurden.
Fälscher sparen oft an Kühlung oder verwenden alte, ausgebaut gealterte Kühlkörper — das führt schnell zu Überhitzung, thermischem Throttling und Abstürzen.
10. Der Preis ist unrealistisch niedrig
„Zu gut, um wahr zu sein“ gilt besonders für GPUs. Wenn ein aktuell auf dem Markt gefragtes Modell weit unter Marktpreis angeboten wird, solltest du skeptisch sein. Seriöse Verkäufer können Sonderangebote haben, aber:
- fordere Rechnung, Originalverpackung und Seriennummern;
- bestehe auf einer persönlichen Abholung und einem Schnelltest (in deinem eigenen PC, wenn möglich);
- vermeide Vorkasse an unbekannte Privatverkäufer ohne Reputation.
Auf Plattformen wie eBay, Craigslist oder Facebook Marketplace sind Fotos, Verkäuferbewertungen und eine Zahlungsabwicklung mit Käuferschutz essenziell. Weigere dich, wenn der Verkäufer ausweicht oder keine Nachweise liefert.
Wie Betrüger vorgehen — und wie du sie überlisten kannst
Die häufigsten Tricks sind:
- Refurbishment: alte Karten werden gereinigt, lackiert und mit neuen Aufklebern versehen.
- Rebranding: eine ältere GPU bekommt eine andere BIOS‑Signatur oder Labels, um wie ein neueres Modell zu wirken.
- Klonen von Seriennummern: ein Käufer erhält eine Karte mit einer Seriennummer, die mehrfach im Netz auftaucht.
- Fake‑Boxing: gebrauchte Karten kommen in neuen Verpackungen oder mit gefälschten Garantieunterlagen.
So schützt du dich:
- Frag nach Originalrechnung oder Händlerbeleg. Eine Seriennummer mit gültigem Kaufdatum beim Hersteller ist sehr hilfreich.
- Bestehe auf einem Test in deinem eigenen System, wenn das möglich ist. Ein kurzer Benchmark (5–10 Minuten) verrät oft schon viel.
- Nutze sichere Zahlungswege mit Käuferschutz (PayPal als Friends‑Option ist riskant; wähle die Käuferschutz‑Variante).
- Mache Fotos und Dokumentation vor dem Kauf — sie helfen, wenn du reklamieren oder Betrug melden musst.
Praktische Prüfcheckliste vor dem Kauf (schnell nachprüfbar)
- Verpackung prüfen: Box, Aufkleber, Seriennummern vergleichen.
- Sichtprüfung: Anschlüsse, I/O‑Blende, PCB‑Qualität, Schweißpunkte.
- Betriebssystem checken: Welches Modell meldet Windows/Linux?
- Treiberinstallation: Offizielle Treiber vom Hersteller installieren.
- Benchmark kurz laufen lassen: 3DMark, Unigine oder ein kurzer Spieltest.
- Garantie/Seriennummer beim Hersteller bestätigen.
- Preis mit aktuellem Marktpreis vergleichen — bei großer Abweichung: skeptisch bleiben.
Was tun, wenn du eine gefälschte Grafikkarte gekauft hast?
Entdeckst du nach dem Kauf Indizien für eine Fälschung, geh möglichst schnell und systematisch vor:
- Kontaktiere den Verkäufer schriftlich und fordere Nachweise (Rechnung, Verpackung, Seriennummern).
- Dokumentiere alles: Fotos, Benchmarks, Fehlermeldungen, Treiberlogs und Chats mit dem Verkäufer.
- Wende dich an die Plattform (eBay, Händler, Marktplatz) und eröffne einen Fall/Dispute. Die meisten Plattformen bieten Käuferschutz.
- Kontaktiere deine Bank oder den Zahlungsanbieter und beantrage ggf. eine Rückbuchung (Chargeback), wenn Betrug vorliegt.
- Informiere den Hersteller — viele Hersteller helfen bei der Prüfung und sperren bekannte gefälschte Seriennummern.
- Erwäge Anzeige bei der Polizei oder Meldung an Verbraucherschutzstellen, wenn es sich um gewerblichen Betrug handelt.
Je schneller du handelst, desto größer die Chance, Geld zurückzubekommen oder den Betrüger zu stoppen.
Technische Hinweise für Fortgeschrittene
Wer tiefer prüfen möchte, kann folgende Tools und Methoden nutzen:
- GPU‑Z: Zeigt GPU‑ID, BIOS‑Version, Speichertyp und -größe sowie Taktraten. Stimmen diese Angaben nicht mit offiziellen Specs überein, läuft etwas falsch.
- HWiNFO: Liefert detaillierte Sensor‑ und Hardware‑Informationen, nützlich bei Temperatur‑ und Spannungsmessungen.
- nvidia‑smi (für NVIDIA): Listet Treiber‑Version, GPU‑ID und laufende Prozesse; hilfreich bei Server‑ oder Workstation‑Checks.
- lspci (Linux): Zeigt die PCI‑ID. Die Vendor‑ und Device‑IDs lassen sich mit öffentlichen Datenbanken abgleichen.
- 3DMark / Cinebench / Unigine: Standardisierte Benchmarks zum Leistungsvergleich.
Außerdem: Achte auf den Speichertyp (GDDR6, GDDR6X, HBM2) und auf die Speichermenge. Gefälschte Karten melden oft falsche Werte oder nutzen Adapter, die nur einen Teil des Speichers wirklich ansprechen.
Günstig kaufen ohne Risiko: Tipps für Second‑Hand‑Käufer
Der Gebrauchtmarkt ist attraktiv, aber risikoreich. So minimierst du das Risiko:
- Bevorzuge Verkäufer mit vielen positiven Bewertungen und Historie.
- Bei Privatverkäufen: persönlicher Kontakt und Abholung ermöglichen Tests.
- Fordere originale Dokumente und frage nach dem Kaufgrund — viele ehrliche Verkäufer nennen nachvollziehbare Gründe wie System‑Upgrade.
- Wenn möglich: unter Last testen (Spiel, FurMark) und Temperaturen sowie Frametimes beobachten.
- Misstraue Fotos, die nur Verpackung oder Produktdetails zeigen — bitte um Detailaufnahmen von Seriennummern und PCB (falls möglich).
Grafikkarten sind eine der Komponenten, bei denen ein schneller, praktischer Test vor Ort meist ausreicht, um euch vor Betrug zu schützen. Wenn der Verkäufer sich weigert, besteht begründeter Anlass zur Vorsicht.
Ein paar Minuten Sorgfalt beim Kauf können dich vor teurer Enttäuschung bewahren. Verpackung, Anschlüsse, Betriebssystem‑Erkennung, Treiberverhalten und Benchmarks sind die Schlüsselprüfpunkte — zusammen verraten sie die meisten Fälschungen.
Quelle: smarti
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