Soderbergh enthüllt geheimes Star Wars-Projekt – Ben Solo

Steven Soderbergh bricht sein Schweigen zum nicht realisierten Star-Wars-Film The Hunt for Ben Solo. Der Text beleuchtet Geheimhaltung, Studioentscheidungen, Fanproteste und die Branche hinter dem Greenlight-Prozess.

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Soderbergh enthüllt geheimes Star Wars-Projekt – Ben Solo

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Steven Soderbergh hat endlich sein Schweigen zu einem der meistdiskutierten 'Was wäre wenn'-Projekte der jüngeren Star-Wars-Geschichte gebrochen: dem nicht realisierten Film The Hunt for Ben Solo. Nachdem Adam Driver das Projekt in einem Interview mit der Associated Press beiläufig erwähnt hatte, nutzte Soderbergh die Plattform BlueSky, um zuzugeben, dass er es 'nicht genossen' habe, das Projekt geheim zu halten — gleichzeitig betonte er aber, dass diese Geheimhaltung notwendig gewesen sei.

Soderberghs kurze öffentliche Stellungnahme war knapp und leicht melancholisch: Er habe es nicht gemocht, 'über die Existenz des Films gelogen' zu haben, doch es 'musste wirklich ein Geheimnis bleiben... bis jetzt'. Diese Offenheit ist bedeutsam. Sie gewährt einen Einblick darin, wie große Franchises Informationen steuern und warum Filmemacher manchmal unangenehme Geheimhaltungsverpflichtungen akzeptieren müssen, um kreative Entscheidungen, Überraschungen oder Geschäftsstrategien zu schützen. In diesen Kontext gehören nicht nur Marketing-Überlegungen, sondern auch Verträge, NDA-Vereinbarungen, interne Abwägungen zwischen Regievision und IP-Management sowie taktische Erwägungen gegenüber Investoren und Lizenznehmern.

Wie der Film ausgesehen hätte

The Hunt for Ben Solo war als Fortsetzung nach The Rise of Skywalker konzipiert und sollte Adam Drivers Kylo Ren — alias Ben Solo — auf einem Weg zur Sühne begleiten. Die Prämisse zielte auf eine intime Erkundung von Schuld, Reue und dem Versuch, im großen Universum der Skywalker-Saga einen neuen Platz zu finden. Adam Driver bezeichnete das Projekt als 'eines der coolsten', an denen er jemals beteiligt gewesen sei, was die Neugier der Fangemeinde nach dem Bekanntwerden der Nachricht zusätzlich anheizte. Soderbergh sagte später gegenüber der AP, er habe 'wirklich Freude daran gehabt, den Film in meinem Kopf zu machen' und bedauerte, dass die Fans ihn nicht zu sehen bekommen würden.

Die Idee einer Redemption-Story für Ben Solo hätte inhaltlich bestehende Motive des Franchise weitergedacht: die moralische Ambivalenz von Figuren, die Auseinandersetzung mit familiären Vermächtnissen und die Frage, inwieweit persönliche Erlösung mit galaktischen Konsequenzen verknüpft ist. Auf dramaturgischer Ebene wäre ein solches Projekt Herausforderungen wie das Balancieren persönlicher, charakterzentrierter Szenen mit den erwarteten spektakulären und visuell opulenten Elementen eines Star-Wars-Films begegnet — ein Spannungsfeld, das gerade bei Regisseuren mit einem Hang zu zurückhaltender Figurenführung, wie Soderbergh, interessante Ergebnisse verspricht. Sein bekannter Stil — eine Mischung aus präziser Erzähltechnik, Fokus auf Schauspielperformance und gelegentlicher experimenteller Montage — hätte dem Stoff eine ungewöhnliche Tonalität verleihen können.

Die Ablehnung des Films ist auch aus Studio-Perspektive bemerkenswert. Soderbergh berichtete, er habe Kathy Kennedy gefragt, ob Lucasfilm je ein fertiges Drehbuch bei Disney eingereicht und eine Absage erhalten habe; ihre Antwort sei Berichten zufolge 'nein, das sei ein erster Fall' gewesen. Diese Anekdote verweist auf die risikobehaftete, häufig undurchsichtige Entscheidungsfindung beim sogenannten Greenlight-Prozess in Milliarden-Dollar-Franchises: Ideen werden intern bewertet, zwischen kreativen Visionen, finanziellen Prognosen, Merchandise-Potenzial, Veröffentlichungsfenstern und Einflussnahmen anderer Unternehmensbereiche abgewogen. In diesem Umfeld kann es vorkommen, dass ein Projekt mit viel künstlerischem Potential trotzdem aus kalkulatorischen Gründen verworfen wird — ein Umstand, der Spannungen zwischen Autoren, Regisseuren und Konzernen entstehen lässt.

Hinter den Kulissen und Fanreaktionen

Fandom reagiert auf den Verlust einer geliebten Möglichkeit oft mit hoher Emotionalität und kreativen Protestformen. In einem besonders auffälligen Schritt zahlte eine Gruppe von Star-Wars-Anhängern für ein Flugzeug, das ein Banner mit der Aufschrift 'Save The Hunt for Ben Solo' über die Walt Disney Studios in Burbank zog — ein Stunt, der von Collider dokumentiert wurde. Solche Aktionen reihten sich in eine längere Geschichte von Fangemeinschaften ein, die Petitionen starten, Social-Media-Kampagnen organisieren oder öffentliche Aktionen starten, um Studios zum Umdenken zu bewegen. Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit zeigen, dass hartnäckige Fanbewegungen in einigen Fällen tatsächlich Einfluss auf Studioentscheidungen nehmen konnten, etwa bei der Forderung nach längeren Cuts, Fortsetzungen oder Neuauflagen.

Die kreative Debatte zur Figur Ben Solo wäre auch filmhistorisch interessant gewesen. Thematisch hätte die Redemption-Story Parallelen zu anderen Versuchen innerhalb großer Franchise-Universen gezogen, Figuren mit dunkler Vergangenheit differenzierter darzustellen — man denke an Anakins Entwicklung über die Prequels und die Sequels hinweg oder an Marvels Bemühungen, Schurken nuanciert zu rehabilitieren. Stilistisch würde die Vorstellung, Soderbergh ins Star-Wars-Universum zu setzen, Vergleichspunkte zu seinen zurückhaltenderen, charakterorientierten Filmen wie Side Effects oder zu seiner Neigung für streng strukturierte, fast procedural wirkende Erzählformen in Ocean's Eleven herstellen. Diese Mischung aus präziser Plotarbeit und feinen emotionalen Nuancen hätte dem Franchise eine ungewöhnliche, arthousigere Facette hinzufügen können.

Aus Industrieperspektive wirft der Fall mehrere signifikante Fragen auf. Erstens illustriert er den zunehmenden Druck auf sogenannte Tentpole-Franchises, jede neue Episode mit einem klaren wirtschaftlichen Argument zu untermauern; Studios rechnen prognostizierbare Einnahmequellen aus Streaming, Kinos, Merchandising und internationalen Märkten durch, bevor sie teure Produktionen freigeben. Zweitens zeigt er die wachsende Erwartung seitens der Fans an Transparenz oder zumindest an nachvollziehbare Erklärungen für Entscheidungen, die das Schicksal geliebter Charaktere betreffen. Dieser Anspruch kollidiert jedoch mit geschäftlichen Notwendigkeiten und Geheimhaltungsbedürfnissen, die Studios oft für strategisch wichtig halten.

Filmkritikerinnen und -kritiker kommentieren den Fall unterschiedlich. 'Soderberghs Enthüllung erinnert daran, dass modernes Franchise-Filmemachen genauso sehr aus Verhandlungen und juristischen Formalitäten besteht wie aus Erzählen', sagt die Filmkritikerin Anna Kovacs. 'Die Öffentlichkeit sieht nur das fertige Produkt — viele Filme aber leben und sterben in privaten Räumen. Dieser Fall ist ein perfektes Beispiel dafür, wie Studiosicherheit auf Fanwunsch trifft.' Kovacs weist damit auf die strukturellen Rahmenbedingungen hin, innerhalb derer kreative Entscheidungen getroffen werden: Rechteinhaber, Führungskräfte mit Blick auf internationale Verträge, Marketingabteilungen und Lizenzpartner greifen alle in den Entscheidungsprozess ein.

Eine kritische Perspektive ist ebenfalls wichtig: Manche argumentieren, dass extreme Geheimhaltung das Publikum entfremden und Verschwörungstheorien nähren kann, weil fehlende Informationen Lücken hinterlassen, die Fans selbst füllen — manchmal mit Spekulationen. Andere verteidigen strikte Geheimhaltung als Mittel, narrative Überraschungen zu bewahren, die für die Wirkung einer Geschichte unerlässlich sind. Beide Standpunkte machen deutlich, wie zerbrechlich das Gleichgewicht zwischen Marketing, kreativer Vision und der gefühlten 'Mitbestimmung' der Fangemeinde ist. In vielen Fällen hängt die Antwort auf die Frage, ob Geheimnisse gerechtfertigt sind, vom konkreten Inhalt, der geplanten Enthüllung und der vermuteten Wirkung auf den öffentlichen Diskurs ab.

Darüber hinaus bringt der Fall operative Aspekte des Filmemachens zur Sprache: Budgetplanung, Risiken bei großen IP-Projekten, Timing von Veröffentlichungen im internationalen Kalender, sowie die Notwendigkeit, kreative Risiken möglichst kontrolliert zu kalkulieren. Studios wägen ab, wann sie die Narrative erweitern, wann sie Charaktere tiefer ausleuchten und wann sie das Risiko minimieren müssen, weil ein missglücktes Projekt Markenvertrauen kosten könnte. Für Regisseure wie Soderbergh bedeutet das, eigene kreative Pläne in ein ökonomisches Raster einzupassen, das gelegentlich weniger Wert auf künstlerische Originalität legt als auf vorhersehbare Renditen.

Ob The Hunt for Ben Solo jemals wieder aufgegriffen wird, bleibt offen. Die Branche kennt Fälle, in denen verworfene Projekte Jahre später unter veränderten Bedingungen ein Comeback feiern: neue kreative Teams, veränderte Marktbedingungen oder Nachfragen der Fangemeinschaft können dazu führen, dass eine Idee neu bewertet wird. Solche Wiederbelebungen sind jedoch selten und oft abhängig von einer Vielzahl von Faktoren — Rechtefragen, die Bereitschaft der beteiligten Schauspieler, veränderte strategische Prioritäten bei Lucasfilm und Disney sowie die allgemeine Entwicklung des Star-Wars-Universums in Film und Streaming.

Für den Moment bleibt The Hunt for Ben Solo ein verlockendes, verlorenes Kapitel in Adam Drivers Karriere und im weiteren Kanon von Star Wars — ein Beleg dafür, dass selbst in einem von IP-Kalkülen dominierten Umfeld mutige kreative Ideen entstehen, die manchmal zurückgestellt werden, bevor sie vollständig atmen können. Die Debatte um dieses Projekt öffnet zugleich Raum für eine breitere Diskussion darüber, wie große Franchise-Welten mit ihren Geschichten umgehen sollten: Zwischen kommerzieller Verantwortung und künstlerischem Wagnis ist eine Balance zu finden, die weder das kreative Potenzial erstickt noch die wirtschaftliche Stabilität gefährdet.

Wenn nichts anderes, bietet Soderberghs Eingeständnis einen offenen Blick auf Kompromisse und Geheimnisse hinter dem Blockbuster-Filmemachen — und erinnert daran, dass nicht jeder Film, der im Kopf eines Regisseurs entsteht, seinen Weg auf die Leinwand findet. Für Fans, Filmemacher und Branchenbeobachter bleibt dieser Fall ein Lehrstück über Transparenz, kreative Kontrolle und die oft unsichtbaren Mechanismen großer Studios, die über das Schicksal von Geschichten, Figuren und Franchises entscheiden.

Quelle: variety

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