Microsoft konvertiert CUDA‑Modelle für AMD‑GPUs in Azure

Microsoft arbeitet offenbar an Toolkits, die CUDA-basierte KI-Modelle auf AMD-GPUs in Azure ausführen sollen. Ziel ist die Senkung von Inferenzkosten und die Verringerung der Abhängigkeit vom NVIDIA-CUDA-Ökosystem.

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Microsoft konvertiert CUDA‑Modelle für AMD‑GPUs in Azure

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Berichten zufolge entwickelt Microsoft Konvertierungs-Toolkits, mit denen CUDA-basierte KI-Modelle auf AMD-GPUs ausgeführt werden können. Ziel ist es, Inferenzkosten zu senken und die Abhängigkeit vom NVIDIA-CUDA-Ökosystem zu verringern. Dieser Schritt könnte die Auswahl an Cloud-GPUs für großskalige Inferenzworkloads nachhaltig verändern und den Markt für GPU-Instanzen in Rechenzentren neu ordnen.

Warum Microsoft AMD für Inferenz ins Visier nimmt

Cloud-Anbieter und Hyperscaler trennen zunehmend Training und Inferenz als unterschiedliche Betriebsphasen. Während das Training weiterhin die schnellste und am stärksten optimierte Hardware bevorzugt, rücken bei der Inferenz – also beim produktiven Betrieb von Modellen – Kosten, Energieeffizienz und Skalierbarkeit wieder in den Vordergrund. Microsoft verarbeitet auf Azure ein enormes Volumen an Inferenz-Anfragen: Von latenzkritischen Webdiensten bis hin zu batchverarbeiteter Analyse laufen unzählige Modellaufrufe rund um die Uhr. AMDs KI-Beschleuniger gelten in vielen Fällen als kostengünstigere Alternative zu den teuren NVIDIA-Karten, insbesondere wenn es um großflächige Inferenzflotten geht.

Dabei ist diese Wirtschaftlichkeit nur relevant, wenn existierende CUDA-trainierte Modelle ohne umfangreiche Änderungen auf AMD-Hardware betrieben werden können. Genau hier setzen die berichteten Toolkits an: Sie sollen CUDA-Modellcode in ROCm-kompatible Aufrufe übersetzen, sodass Modelle auf AMD-GPUs ausgeführt werden können. Ein erfolgreicher CUDA-to-ROCm-Pfad könnte sowohl die Total Cost of Ownership (TCO) für Inferenz reduzieren als auch die Flexibilität bei der Auswahl von Hardwarebeschleunigern in der Cloud erhöhen.

Wie diese Toolkits funktionieren — eine pragmatische Übersetzungsschicht

Die Auflösung des CUDA-Lock-ins ist technisch anspruchsvoll. CUDA ist weit verbreitet, und Produktionspipelines sind oft auf NVIDIA-optimierte Bibliotheken und spezialisierte Kernel abgestimmt. Eine pragmatische Lösung besteht in einer Laufzeit-Kompatibilitätsschicht, die CUDA-API-Aufrufe abfängt und zur Laufzeit auf ROCm-Entsprechungen abbildet. Dieser Ansatz vermeidet oft die Notwendigkeit, Quellcode vollständig neu zu kompilieren oder Modelle umfassend umzuschreiben, und ermöglicht so eine schnellere Migration der Inferenzinfrastruktur.

Projekte wie ZLUDA haben diese Methode bereits ausprobiert, indem sie CUDA-Aufrufe in Äquivalente übersetzten, ohne vollständige Neubuilds zu erfordern. Microsofts interne Toolkits sollen Berichten zufolge einen ähnlichen Weg verfolgen: CUDA-Aufrufe werden konvertiert oder umgeleitet, sodass sie auf ROCm-Stacks laufen. Damit könnten Organisationen Inferenz-Workloads mit minimalen Änderungen an den Modellartefakten auf AMD-Instanzen in Azure verschieben. Technisch umfasst das die Abbildung von CUDA-Runtime-APIs, Treiberfunktionen, Speichermanagement, Stream- und Event-Mechanismen sowie optimierte Kernelroutinen, die in ROCm oder in gemeinsam nutzbaren Bibliotheken neu implementiert oder emuliert werden müssen.

Kein Allheilmittel — Kompatibilitäts- und Leistungswidersprüche

ROCm steht im Vergleich zu CUDA noch in der Entwicklung und hat in bestimmten Bereichen weniger ausgereifte Bibliotheken und Benchmarks. Nicht jede CUDA-API oder jeder hochoptimierte NVIDIA-Kernel hat eine eins-zu-eins-Entsprechung in ROCm. Insbesondere proprietäre oder stark optimierte CUDA-Kernel, die auf Low-Level-Hardwarefeatures setzen, sind schwer zu reproduzieren. In einigen Fällen können Übersetzungen die Leistung verschlechtern oder komplexe Workloads instabil machen. Für Produktionsrechenzentren, die vorhersehbare Latenz und Durchsatzanforderungen haben, ist das ein nicht zu vernachlässigendes Risiko.

Microsoft scheint diese Toolkits vorsichtig einzuführen: Zunächst in kontrollierten Szenarien, begleitet von enger Zusammenarbeit mit AMD zur Hardwareoptimierung. Diese schrittweise Einführung lässt darauf schließen, dass Microsoft versucht, potenzielle Kosteneinsparungen gegen die betriebliche Stabilität abzuwägen, die Unternehmen von Cloud-Diensten erwarten. Zu den Prüfverfahren gehören typischerweise umfangreiche Regressionstests, Lasttests (Load Testing), Latenzanalysen, Performance-Profiling mit Telemetriedaten und A/B-Tests zwischen NVIDIA- und AMD-Instanzen, um die tatsächlichen Einsparungen und Risiken in Produktionsumgebungen zu quantifizieren.

Was das für Cloud-Kunden und den GPU-Markt bedeutet

  • Niedrigere Inferenzkosten: Wenn die Toolkits in großem Maßstab funktionieren, könnten Unternehmen mehr Inferenz auf AMD-basierten Instanzen ausführen und dadurch die Kosten pro Anfrage deutlich reduzieren, was besonders für großvolumige KI-Dienste relevant ist.
  • Mehr Lieferantenwahl: Ein verlässlicher CUDA‑zu‑ROCm‑Pfad würde das CUDA-Lock-in abschwächen und Cloud-Kunden mehr Verhandlungsspielraum und Flexibilität bei der Beschaffung von GPU-Ressourcen geben.
  • Gestaffelte Migration: Erwarten Sie phasenweise Migrationen — zuerst einfache Modelle und Batch-Inferenz, gefolgt von kritischeren, latenzsensitiven Echtzeitsystemen, wenn die Toolchains und ROCm-Implementierungen weiter ausreifen.

Die Vorstellung, den Großteil einer Inferenzflotte auf günstigere Hardware zu verlagern, ohne Modelle neu schreiben zu müssen, ist attraktiv. In der Praxis hängt der Erfolg jedoch davon ab, wie gut ROCm das Performanceprofil von CUDA abbilden kann und wie schnell Microsoft und AMD verbleibende Kompatibilitätslücken schließen. Entscheidend sind hier Benchmarks über verschiedene Modelgrößen (von kleineren Transformer-Encodern bis zu großparametrigen Decodern), unterschiedliche Batch-Größen, Mixed-Precision-Verhalten (FP16, BF16) sowie die Effizienz beim Speichermanagement und beim Datentransfer zwischen Host und GPU.

Für den Moment verdeutlicht Microsofts Initiative einen Wandel in der Branche: Inferenzvolumina wachsen rasant, und kosteneffiziente Hardware gewinnt zunehmend an Bedeutung. Wenn diese Toolkits horizontal skalierbar sind, könnten sie einen wesentlichen Schritt in Richtung einer heterogenen GPU-Landschaft in der Cloud darstellen, in der Anbieter und Kunden freier zwischen NVIDIA-, AMD- und möglicherweise anderen Beschleunigern wählen können. Solch eine Diversifizierung kann auch Innovationsdruck erzeugen: GPU-Hersteller müssten ihre Software-Stacks, Treiber und Bibliotheken verbessern, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Quelle: wccftech

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