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Neu entdeckter Zusammenhang: Wie das orale Mikrobiom Depressionen beeinflussen könnte

Neu entdeckter Zusammenhang: Wie das orale Mikrobiom Depressionen beeinflussen könnte

2025-06-15
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Bahnbrechende neue Forschungsergebnisse zeigen eine überraschende Verbindung: Die Vielfalt der Bakterien in unserem Mund – das orale Mikrobiom – könnte eine bedeutende Rolle bei der Entstehung von Depressionen und anderen Stimmungserkrankungen spielen. Diese Erkenntnis eröffnet ein neues Kapitel in der mentalen Gesundheitsforschung und könnte innovative Ansätze für Diagnose und Behandlung von Depressionen ermöglichen.

Das menschliche Mikrobiom: Mehr als nur Darmgesundheit

Millionen von Mikroorganismen leben auf und im menschlichen Körper und bilden gemeinsam das sogenannte Mikrobiom. Während die meisten Mikroben im Darm angesiedelt sind, wo sie die Verdauung unterstützen, das Gedächtnis beeinflussen und die Genexpression regulieren, erkennen Wissenschaftler zunehmend die Bedeutung anderer mikrobieller Gemeinschaften – beispielsweise im Mund. Frühere Studien haben bereits einen Zusammenhang zwischen einer geringen Vielfalt des Darmmikrobioms und einem erhöhten Depressionsrisiko festgestellt. Nun zeigt eine groß angelegte Studie unter der Leitung von Forschenden der New York University, dass dies auch für das orale Mikrobiom gilt, das nach dem Darm die zweitgrößte mikrobielle Gemeinschaft im Körper darstellt.

Großangelegte Studie betont Einfluss oraler Bakterien auf Depressionen

Dr. Bei Wu, Hauptautorin der Studie (zitiert nach New Atlas), betont, dass ein besseres Verständnis des Zusammenhangs zwischen oralen Bakterien und Depressionen entscheidend sei, um die biologischen Mechanismen von Stimmungserkrankungen zu entschlüsseln. Zudem könnten so neue Biomarker und gezielte Therapieansätze entdeckt werden.

Das Forschungsteam analysierte Daten von über 15.000 Erwachsenen ab 18 Jahren aus den USA, die an der National Health and Nutrition Examination Survey (NHANES) des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) teilnahmen. Die Forschenden verknüpften die Befragungsdaten mit genetischen Analysen der Speichelproben, um Zusammenhänge zwischen der Vielfalt des oralen Mikrobioms und selbstberichteten Depressionssymptomen zu untersuchen.

Schlüsselergebnisse und Einflussfaktoren

Die Analyse ergab, dass Menschen mit einer geringeren Vielfalt an Mundbakterien – ähnlich wie bei der Darmflora – einem erhöhten Risiko für depressive Symptome ausgesetzt sind. Darüber hinaus stellten die Forschenden fest, dass Lebensstilfaktoren, wie Tabak- und Alkoholkonsum, mangelnde Mundhygiene, aber auch professionelle Zahnreinigungen und fortschrittliche Zahnpflege, die Diversität des oralen Mikrobioms maßgeblich beeinflussen. Diese Erkenntnisse liefern nicht nur neue Hinweise auf die Entstehung von Stimmungserkrankungen, sondern zeigen auch präventive Ansätze auf – beispielsweise durch eine verbesserte Mundhygiene und den Verzicht auf schädliche Genussmittel.

Komplexe Wechselwirkungen oder gegenseitige Beeinflussung?

Trotz der nachgewiesenen Verbindung bleibt die genaue Natur des Zusammenhangs zwischen oralem Mikrobiom und Depression unklar. Dr. Wu weist darauf hin, dass noch unklar ist, ob Depressionen die bakterielle Vielfalt im Mund verringern, umgekehrt eine geringe Vielfalt das Depressionsrisiko erhöht oder ob ein wechselseitiges, komplexes Zusammenspiel vorliegt. „Denkbar ist, dass das orale Mikrobiom depressive Symptome durch Entzündungen oder Veränderungen des Immunsystems beeinflusst. Umgekehrt könnten Depressionen das orale Mikrobiom durch veränderte Ernährung, nachlassende Mundpflege, Medikamenteneinnahme oder gesteigerten Tabak- und Alkoholkonsum verändern. Weitere Studien sind notwendig, um die zugrunde liegenden Ursachen zu klären“, so Wu.

Potenzial für neue Therapien und zukünftige Forschung

Die rasante Entwicklung moderner Mikrobiom-Analyseverfahren lässt hoffen, dass künftig innovative Therapien für Stimmungserkrankungen und andere Krankheiten, die mit mikrobiellen Ungleichgewichten in Verbindung stehen, möglich werden. Dr. Wu und ihr Team betonen, dass die Erforschung des oralen Mikrobioms auch für künftige Studien zu kognitivem Abbau – etwa der Entstehung von Alzheimer – wichtige Erkenntnisse liefern könnte. Während die Wissenschaft die komplexen Wechselwirkungen zwischen Mikrobiom und Gehirngesundheit weiter entschlüsselt, könnten bald neue Wege für eine personalisierte Behandlung psychischer Erkrankungen entstehen.

Fazit

Die aufkommende Verbindung zwischen der Diversität des oralen Mikrobioms und Depressionen deutet auf einen bedeutsamen Wandel im Verständnis von psychischer und systemischer Gesundheit hin. Auch wenn die genauen Zusammenhänge noch erforscht werden, verdeutlicht sie den weitreichenden Einfluss der mikrobiellen Ökosysteme des Körpers auf das Wohlbefinden. Um diese Erkenntnisse in effektive klinische Anwendungen zu überführen, ist eine fortlaufende, interdisziplinäre Forschung essenziell – zum Wohle der psychischen sowie der allgemeinen Gesundheit weltweit.

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