Gesundes Körpergewicht neu bewerten: Warum BIA den BMI übertrifft | Technologie, Auto, Krypto & Wissenschaft – Testright.de
Gesundes Körpergewicht neu bewerten: Warum BIA den BMI übertrifft

Gesundes Körpergewicht neu bewerten: Warum BIA den BMI übertrifft

2025-07-02
0 Kommentare

4 Minuten

Ein neuer Ansatz zur Messung des gesunden Körpergewichts: Von BMI zu modernen Methoden

Seit Jahrzehnten gilt der Body-Mass-Index (BMI) weltweit als Standard zur Beurteilung eines gesunden Körpergewichts und zur Einschätzung von Gesundheitsrisiken im Zusammenhang mit Übergewicht und Adipositas. Eine aktuelle, umfassende Studie der University of Florida (UF) stärkt jedoch die wachsende Erkenntnis, dass der BMI als Prädiktor für ernsthafte Gesundheitsprobleme und vorzeitige Sterblichkeit unzureichend ist. Stattdessen zeigt die wissenschaftlich fundierte bioelektrische Impedanzanalyse (BIA) eine wesentlich stärkere Korrelation mit entscheidenden Gesundheitsindikatoren.

Die Grenzen des BMI: Ein veraltetes Messverfahren

Der BMI wird berechnet, indem das Körpergewicht durch das Quadrat der Körpergröße geteilt wird. Trotz seiner weiten Verbreitung bei Organisationen wie der WHO, CDC und den National Institutes of Health bleibt dieser Wert eher grob. Wichtige individuelle Unterschiede wie Alter, Geschlecht, ethnischer Hintergrund, Körperzusammensetzung und Muskelmasse werden nicht berücksichtigt. Diese methodische Einfachheit ist zwar praktisch für großflächige Auswertungen, kann aber leicht zu Fehleinschätzungen führen. So gelten beispielsweise sportliche Menschen mit hohem Muskelanteil als übergewichtig oder adipös, während Personen mit "normalem" BMI bei hohem Körperfettanteil ein erhöhtes Risiko für Erkrankungen wie das metabolische Syndrom oder Typ-2-Diabetes aufweisen können – ohne dass dies erkannt wird.

In den vergangenen Jahren sind Bedenken hinsichtlich der Aussagekraft des BMI zunehmend von klinischen und wissenschaftlichen Fachkreisen geäußert worden. Viele Experten sprechen sich dafür aus, den BMI nicht mehr als Hauptindikator heranzuziehen, sondern individuellere und genauere Methoden für die Einschätzung von Gesundheitsrisiken zu nutzen.

BIA: Wissenschaftlich fundierte Messung des Körperfettanteils

Die bioelektrische Impedanzanalyse (BIA) bietet eine moderne Alternative, indem sie direkt den Körperfettanteil misst statt auf Schätzwerte zurückzugreifen. Dabei wird ein ungefährlicher, schwacher Strom durch den Körper geleitet. Je nachdem, wie leicht der Strom das Gewebe durchdringt – beeinflusst durch Muskelmasse, Wasser und Fett –, kann das Gerät präzise den Fettanteil im Körper bestimmen. Seit den 1980er Jahren am Markt, erlebt die BIA durch Fortschritte bei medizinischen Geräten, Fitness-Trackern und intelligenten Uhren mit entsprechenden Sensoren ein Comeback.

Die aktuelle UF-Studie zeigt, dass BIA nicht nur unkompliziert und kostengünstig ist, sondern auch dem BMI als Prädiktor für vorzeitige Sterblichkeit und Herz-Kreislauf-Erkrankungen deutlich überlegen ist.

Kernbefunde der Studie: BIA und BMI im Vergleich bei Frühsterblichkeit

Das UF-Team um Professor Arch Mainous wertete Gesundheitsdaten einer repräsentativen Stichprobe aus und verfolgte diese Teilnehmer über 15 Jahre. Die Ergebnisse sind bemerkenswert:

  • Personen mit hohem Körperfettanteil (gemessen mittels BIA) wiesen ein um 78 % erhöhtes Risiko auf, an irgendeiner Ursache zu versterben, verglichen mit jenen mit niedrigerem Fettanteil.
  • Das Sterberisiko durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen war bei Menschen mit hoher Körperfettmasse sogar um 262 % erhöht.
  • Der BMI hingegen zeigte während des Studienzeitraums keinen signifikanten Zusammenhang mit der Gesamtsterblichkeit.

„Dieses Ergebnis ist bahnbrechend“, erläutert Mainous. „Es ist wie ein direkter Vergleich von Coke und Pepsi – und der BMI kann einfach nicht mithalten.“

Auch der renommierte Kardiologe Dr. Andrew Freeman, der an der Studie nicht beteiligt war, bezeichnete die Ergebnisse gegenüber CNN als „enorm“ und äußerte Bedenken über die weitere Verwendung des BMI als klinischen Standard.

Weitreichende Bedeutung für die Medizin und den Gesundheitssektor

Die neue Studienlage hat weitreichende Auswirkungen auf die klinische Praxis, die öffentliche Gesundheitspolitik sowie für Menschen, die eine präzise Gesundheitsbewertung wünschen. Die alleinige Nutzung des BMI könnte das Risiko bei Millionen von Menschen übersehen oder falsch einschätzen. Im Gegensatz dazu liefert die BIA detaillierte und verwertbare Daten über den tatsächlichen Körperfettgehalt und ermöglicht so eine individuell angepasste Gesundheitsberatung. Moderne BIA-Geräte arbeiten schnell, sind preisgünstig und platzsparend – und eignen sich damit ideal für Routineuntersuchungen in Arztpraxen.

Falls weitere Studien diese Ergebnisse in größeren und vielfältigeren Bevölkerungsgruppen bestätigen, könnte die bioelektrische Impedanzanalyse den BMI schon bald als Standard zur Bestimmung von Gesundheitsrisiken durch Übergewicht und Adipositas weltweit ablösen.

Mainous betont: „Die Integration der BIA in alltägliche Gesundheitschecks kann die Kommunikation zwischen Arzt und Patient vertiefen, öffentliche Strategien sinnvoll steuern und langfristig die globalen Gesundheitsperspektiven verbessern.“

Fazit

Aktuelle Daten weisen klar darauf hin, dass die Messung des Körperfettanteils mittels bioelektrischer Impedanzanalyse der traditionellen BMI-Berechnung deutlich überlegen ist, um Gesundheitsrisiken und frühzeitige Sterblichkeit einzuschätzen. Während der BMI lange als einfaches Screening-Instrument genutzt wurde, machen seine systematischen Schwächen ihn zunehmend unzuverlässig, insbesondere im Kontext des modernen Verständnisses von Stoffwechselgesundheit. Eine breite Einführung der BIA verspricht eine wesentlich genauere Identifikation gefährdeter Personen, was Ärzten und Patientinnen ermöglicht, gezielte und nachhaltige Maßnahmen für ein gesundes Leben zu ergreifen.

Quelle: doi

Kommentare

Kommentar hinterlassen