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Die Wissenschaft hinter Organalterung und Lebenserwartung

Die Wissenschaft hinter Organalterung und Lebenserwartung

2025-07-12
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Die Wissenschaft hinter Organalterung und Lebenserwartung

Während Menschen traditionell ihr chronologisches Alter am Geburtstag feiern, belegen moderne Studien, dass verschiedene Organe im menschlichen Körper unterschiedlich schnell altern. Besonders das biologische Alter des Gehirns bietet laut einer aktuellen, umfassenden Studie unter Leitung von Forschern der Stanford University einen entscheidenden Einblick in die Lebenserwartung.

Die Wissenschaftler analysierten Gesundheitsdaten von 44.498 Erwachsenen im Alter zwischen 40 und 70 Jahren aus einer umfangreichen britischen Gesundheitsdatenbank, um das biologische Alter von 11 wichtigen Organen – darunter Herz, Lunge, Nieren und insbesondere das Gehirn – abzuschätzen. Mithilfe fortschrittlicher Blut-Biomarker-Profile berechnete das Team die Leistungsfähigkeit der Organe und bestimmte so das biologische Alter im Vergleich zum tatsächlichen Lebensalter.

Bahnbrechende Studie verknüpft Gehirnalter mit Sterblichkeitsrisiko

Die Teilnehmer wurden über einen Zeitraum von bis zu 17 Jahren begleitet. Die Forschenden verglichen dabei das durch Proteinmarker bestimmte biologische Alter der Organe mit Krankheitsauftritten und Sterblichkeitsrisiken. Besonders auffällig war: Studienteilnehmer mit einem biologisch jüngeren Gehirn lebten länger, während ein „gealtertes“ Gehirn das Sterberisiko deutlich erhöhte.

Stanford-Neurowissenschaftler Tony Wyss-Coray, einer der leitenden Autoren, betonte: „Das Gehirn scheint der Schlüssel zur Langlebigkeit zu sein. Ein biologisch altes Gehirn erhöht das Sterberisiko, ein junges Gehirn dagegen ist mit längerer Lebensdauer verbunden.“

Die Analyse ergab, dass Menschen mit extrem gealtertem Gehirn (den ältesten 7% gemäß biologischen Gehirnmarkern) fast doppelt so häufig innerhalb von 15 Jahren starben wie Gleichaltrige mit normalem Gehirnalter. Wer hingegen ein besonders junges Gehirn hatte, reduzierte sein Sterberisiko im gleichen Zeitraum um 40%.

Protein-Biomarker: Schlüssel zur Bestimmung des biologischen Alterns

Die Forschungsmethode basiert auf der Messung von Protein-Konzentrationen im Blut. Bestimmte Proteine signalisieren den Gesundheitszustand einzelner Organe – erhöhte Werte können auf alternde Gewebe oder beginnenden Funktionsverlust hinweisen. Durch die Analyse organspezifischer Protein-Signaturen konnten die Forscher eine detaillierte und potenziell praxisrelevante Karte des biologischen Alterns erstellen.

Abweichungen zwischen biologischem und chronologischem Alter sagten dabei nicht nur das allgemeine Sterberisiko voraus, sondern auch das Risiko für bestimmte Krankheiten – besonders für das Gehirn. Personen mit dem „ältesten“ Gehirn hatten ein rund dreifach erhöhtes Risiko, an Alzheimer zu erkranken, während Teilnehmer mit besonders jungem Gehirn eine um 74% verringerte Wahrscheinlichkeit für diese Diagnose aufwiesen. Das unterstreicht die Bedeutung der Gehirngesundheit für den neurologischen Zustand.

Bedeutung für Krankheitsprävention und gesundes Altern

Diese Erkenntnisse stützen die These, dass die Alterungsrate des Gehirns ein entscheidender – wenn auch nicht alleiniger – Faktor für Gesundheit und Lebensdauer ist. Frühere Studien haben gezeigt, dass Umwelt- und Lebensstilfaktoren wie Bewegung, Ernährungsweise und sozioökonomischer Status das Altern von Gehirn und Organen beeinflussen können.

Allerdings ist das Gehirnaltern nur eine Komponente eines größeren Ganzen. Faktoren wie Lebensstil, Genetik und unvorhersehbare Ereignisse (etwa Unfälle) beeinflussen die Lebenserwartung zusätzlich. Besonders interessant ist die wechselseitige Beziehung: Alternde Organe erhöhen das Krankheitsrisiko, schwere Erkrankungen wiederum können das biologische Altern von Schlüsselorganen wie Gehirn, Herz oder Immunsystem beschleunigen.

Experteneinschätzungen und zukünftige Entwicklungen

Wyss-Coray und sein Team sind überzeugt, dass die Analyse des organspezifischen Alterns das Potenzial hat, die personalisierte Medizin zu revolutionieren. So könnten künftig nicht nur Hochrisikopersonen identifiziert, sondern auch gezielte Maßnahmen zur Verlangsamung der Organalterung getestet werden. „Dieser Ansatz kann gezielte Humanstudien ermöglichen, bei denen untersucht wird, wie Medikamente oder Lebensstiländerungen das biologische Alter zentraler Organe wie Gehirn, Herz und Immunsystem beeinflussen“, so Wyss-Coray. Mit zunehmender Kosteneffizienz solcher Tests könnten daraus neue Strategien für Langlebigkeit und Prävention entstehen, maßgeschneidert auf das individuelle biologische Profil.

Fazit

Das biologische Alter des Gehirns, gemessen an modernen Blut-Biomarkern, gilt als starker Indikator für die Lebenserwartung und das Risiko für neurologische Erkrankungen. Während zahlreiche Faktoren die Gesundheit und das Altern beeinflussen, eröffnet das Monitoring von Gehirn- und Organalter innovative Ansätze für Früherkennung und gesundes Altern. Mit wachsendem Wissen über die molekularen Prozesse des Alterns könnten personalisierte Gesundheitskonzepte, orientiert am organspezifischen Alter, Hoffnung auf ein längeres und gesünderes Leben bieten.

Quelle: nature

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