Pommes frites und Typ‑2‑Diabetes: Ergebnisse einer 30‑jährigen Kohortenanalyse

Pommes frites und Typ‑2‑Diabetes: Ergebnisse einer 30‑jährigen Kohortenanalyse

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Studienaufbau und langfristige Ernährungsverfolgung

Wissenschaftler analysierten Daten von 205.107 Teilnehmenden aus drei etablierten US-amerikanischen prospektiven Kohorten: der Nurses’ Health Study, Nurses’ Health Study II und der Health Professionals Follow-up Study. Die Teilnehmenden beantworteten über mehr als drei Jahrzehnte wiederholt Ernährungsfragebögen und gaben die Häufigkeit des Verzehrs von Lebensmitteln an, darunter Pommes frites; gebackene, gekochte oder zerstampfte Kartoffeln; sowie Vollkornprodukte. Die Forschenden verfolgten außerdem neu aufgetretene Diagnosen von Typ‑2‑Diabetes (T2D) und erfassten Informationen zu Lebensstil, Krankengeschichte und demografischen Faktoren, um mögliche Störfaktoren zu kontrollieren.

Im Studienzeitraum meldeten 22.299 Teilnehmende eine neue Diagnose von Typ‑2‑Diabetes. Die große Stichprobengröße und die lange Nachbeobachtungszeit ermöglichten es dem Team, Zusammenhänge nach Kartoffelzubereitungsart zu untersuchen und die Effekte verschiedener Kohlenhydrat‑Substitutionen zu modellieren.

Zentrale Ergebnisse und Substitutionsanalyse

Das wichtigste Ergebnis: Der Konsum von drei Portionen Pommes frites pro Woche war mit einem um 20 % höheren Risiko verbunden, an Typ‑2‑Diabetes zu erkranken, verglichen mit niedrigerer Aufnahme. Im Gegensatz dazu zeigte der Verzehr von gebackenen, gekochten oder zerstampften Kartoffeln nach Anpassung an bekannte Risikofaktoren keine signifikante Assoziation mit T2D.

Substitutionsmodelle liefern eine praktische Perspektive. Der Ersatz von gebackenen, gekochten oder zerstampften Kartoffeln durch Vollkornprodukte (zum Beispiel Vollkornpasta, Vollkornbrot oder Farro) war mit einer geschätzten Reduktion des T2D‑Risikos um etwa 4 % verbunden. Der Austausch von Pommes frites gegen Vollkornprodukte korrespondierte mit einem ungefähr 19 % niedrigeren Risiko. Selbst der Ersatz von Pommes frites durch raffinierte Getreideprodukte ergab eine geschätzte Risikoreduktion, wobei der Nutzen größer ausfiel, wenn Vollkorn die Alternative war.

Um diese Befunde zu untermauern, führten die Autorinnen und Autoren zusätzlich eine metaanalytische Vorgehensweise durch. Sie kombinierten Daten aus 13 Kohorten zur Kartoffelaufnahme und 11 Kohorten zur Vollkornaufnahme — zusammen deckten diese mehr als 500.000 Teilnehmende und rund 43.000 T2D‑Fälle auf vier Kontinenten ab. Die gepoolten Schätzungen stimmten mit den kohortenspezifischen Ergebnissen überein.

Warum Pommes frites anders sein könnten

Mehrere Mechanismen könnten erklären, warum Pommes frites herausstechen. Das Frittieren erhöht die Kaloriendichte und führt häufig zu ungesunden Fetten und hohem Natriumgehalt. Beim Frittieren und bei hohen Temperaturen können zudem Verbindungen wie Acrylamid entstehen. Textur und zugesetzte Fette beeinflussen den postprandialen Blutzucker‑ und Insulinanstieg, und die üblichen Portionsgrößen von Pommes sind oft größer als bei anderen Kartoffelzubereitungen. Diese Faktoren kombiniert mit der hohen glykämischen Last stärkehaltiger Lebensmittel wie Kartoffeln können über die Zeit zu metabolischem Stress beitragen.

Auswirkungen auf die öffentliche Gesundheit und Empfehlungen

Die Autorinnen und Autoren betonen eine nuancierte Botschaft: Nicht alle Kohlenhydratquellen und nicht einmal alle Zubereitungsformen desselben Lebensmittels tragen das gleiche Risiko. „Kleine Veränderungen in unserer täglichen Ernährung können einen wichtigen Einfluss auf das Risiko für Typ‑2‑Diabetes haben“, sagte Walter Willett, korrespondierender Autor und Professor für Epidemiologie und Ernährung. Die Studie empfiehlt, den Konsum frittierter Kartoffelprodukte, insbesondere Pommes frites, zu begrenzen und Vollkorn‑Kohlenhydratquellen zu bevorzugen.

Für politische Entscheidungsträger und Entwickler von Ernährungsempfehlungen sprechen die Ergebnisse dafür, zubereitungsspezifische Hinweise statt nur allgemeiner Lebensmittelkategorien zu geben. Praktische Hinweise für Verbraucherinnen und Verbraucher umfassen die Wahl von Vollkornprodukten, das Backen oder Kochen statt Frittieren, Portionenkontrolle sowie die Reduktion von zugesetzten Fetten und Salz.

Einschränkungen und Vorbehalte

Dies ist eine Beobachtungsstudie, die Assoziationen identifizieren, aber keine definitive Kausalität beweisen kann. Die Ernährung wurde selbst berichtet und ist somit Messfehlern unterworfen. Trotz Anpassung an viele Lebensstil‑ und klinische Variablen ist eine Residualkonfundierung möglich. Schließlich variieren Zubereitungsdetails (beispielsweise verwendetes Öl oder Portionsgrößen in Restaurants) und können die Ergebnisse beeinflussen.

Finanzierung, Veröffentlichung und Autorschaft

Die Analyse wurde im The BMJ veröffentlicht und von Seyed Mohammad Mousavi geleitet, mit Co-Autorinnen und Co-Autoren unter anderem Xiao Gu, Hala AlEssa, Qi Sun, Frank Hu, JoAnn Manson, Eric Rimm und Walter C. Willett. Zu den Finanzierungsquellen gehörten die U.S. National Institutes of Health sowie mehrere internationale Forschungsorganisationen.

Fachliche Einordnung

Kommentar einer Ernährungsexpertin

Dr. Elena Martínez, klinische Ernährungswissenschaftlerin und außerordentliche Professorin (fiktive Expertin), stellt fest: „Diese Ergebnisse bestätigen ein Grundprinzip der ernährungs-epidemiologischen Forschung — wie ein Lebensmittel zubereitet wird und was es in der Ernährung ersetzt, ist ebenso wichtig wie das Lebensmittel selbst. Der Austausch frittierter Kartoffelgerichte gegen Vollkornprodukte kann die glykämische Last reduzieren und die Ballaststoffzufuhr verbessern, beides Faktoren, die helfen, das Diabetesrisiko langfristig zu senken.“ Sie fügt hinzu: „Auf Bevölkerungsebene können kleine, habituale Veränderungen — zum Beispiel Vollkornbrot oder eine Portion Naturreis statt Pommes — zu spürbaren gesundheitlichen Vorteilen führen.“

Fazit

Diese 30‑jährige Analyse aus Harvard und die ergänzende Metaanalyse zeigen, dass Pommes frites, anders als gebackene, gekochte oder zerstampfte Kartoffeln, mit einem höheren Risiko für Typ‑2‑Diabetes assoziiert sind. Der Ersatz von Pommes frites durch Vollkornalternativen könnte dieses Risiko deutlich senken. Auch wenn die Einschränkungen beobachtender Studien gelten, liefert die Arbeit umsetzbare Hinweise: Frittierte Kartoffelprodukte einschränken, Vollkorn bevorzugen und Zubereitung sowie Substitutionen bei der Bewertung von Kohlenhydratquellen berücksichtigen.

Referenz: Mousavi SM, Gu X, Imamura F, et al. Total and specific potato intake and risk of type 2 diabetes: results from three US cohort studies and a substitution meta-analysis of prospective cohorts. BMJ. 6 August 2025. DOI: 10.1136/bmj-2024-082121.

Quelle: scitechdaily

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