Unerwartete hochgelegene Quelle von Perchlorat-Kontaminationen

Unerwartete hochgelegene Quelle von Perchlorat-Kontaminationen

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Eine unerwartete hochgelegene Quelle der Kontamination

Perchlorate sind eine Gruppe chlorhaltiger Verbindungen, von denen bekannt ist, dass sie die Produktion von Schilddrüsenhormonen stören und in der Umwelt lange beständig sind. Während synthetische Perchlorate in Sprengstoffen, Batterien und Raketentreibstoffen verwendet werden, rätselte die Herkunft der meisten natürlich vorkommenden Perchlorate lange Zeit, weil ihre chemischen Signaturen auf hochenergetische Prozesse in der oberen Atmosphäre hinweisen. Eine kürzlich durchgeführte Luftstudie hat nun die natürliche Bildung von Perchloraten der Stratosphäre zugeordnet, etwa 10–50 Kilometer (6–31 Meilen) über der Erde, und die Partikeltypen identifiziert, auf denen diese toxischen Moleküle sitzen.

Mission und Methoden: Probenahme in der Stratosphäre

Die Forschenden sammelten Aerosolproben im Rahmen einer Kampagne, die sich auf stratosphärische Partikel konzentrierte, mit dem Forschungsflugzeug WB-57 der NASA, das bis auf etwa 19.000 Meter (62.000 Fuß) steigen kann. Diese Flüge lieferten detaillierte chemische und physikalische Messungen von winzigen in der Stratosphäre schwebenden Partikeln. Das Team analysierte die Zusammensetzung einzelner Partikel und verglich die detektierten Perchlorate mit bekannten Perchlorat-Signaturen aus anderen Quellen, etwa Raketentreibstoff. Die Ergebnisse sind in der Ausgabe vom 28. Juli der Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) erschienen.

Wichtigste Ergebnisse: Perchlorate haften an Rauch- und organisch reichen Partikeln

Entgegen den Erwartungen waren Perchlorate nicht mit den weitaus häufigeren schwefelsäurehaltigen Aerosolen verbunden, die die Stratosphäre dominieren. Stattdessen wurden die toxischen Chlorverbindungen nahezu ausschließlich auf zwei selteneren Partikeltypen gefunden: stickstoffreichen Aerosolen und Partikeln, die von Rauch und organischem Material abstammen. Diese Trägerpartikel erreichen unter typischen Bedingungen selten stratosphärische Höhen, was die Entdeckung überraschend macht und wichtig für das Verständnis der Perchloratbildung und ihres Transports ist.

Der chemische Fingerabdruck der stratosphärischen Perchlorate entsprach nicht dem von Raketentreibstoff-Perchloraten, was darauf hindeutet, dass routinemäßige Raketenstarts nicht die primäre Quelle der gemessenen natürlichen Perchlorate sind. Die Belege deuten auf eine in-situ-Bildung in der Stratosphäre hin, wahrscheinlich unter Beteiligung hochenergetischer Prozesse wie Wechselwirkungen mit kosmischer Strahlung und anschließender Chlorchemie auf speziellen Partikeloberflächen.

Auswirkungen auf Grundwasser und menschliche Aktivitäten

Die zentrale Frage ist nun, ob Veränderungen in der Zusammensetzung stratosphärischer Aerosole — getrieben durch menschliche Aktivitäten — die Produktion und Ablagerung von Perchloraten an der Erdoberfläche erhöhen könnten. Auf Land abgelagerte Perchlorate können ins Grundwasser gelangen und sind in trockenen Umgebungen extrem langlebig; eine Studie von 2010 schätzte, dass sie in ariden Gebieten mindestens 10.000 Jahre überdauern können. Zunehmender Waldbrandrauch, vulkanische Einspeisungen oder gezielte Injektionen von Partikeln in die Stratosphäre zur Klima-Intervention könnten theoretisch die Häufigkeit der spezifischen Trägerpartikel verändern, die Perchloratbildung begünstigen.

„Wir wissen nicht, ob sich durch Veränderungen der Partikel in der Stratosphäre mehr Perchlorat bilden wird oder nicht“, sagte Daniel Murphy, Programmleiter für Aerosoleigenschaften und -prozesse im Chemical Sciences Laboratory der NOAA. Er betonte, dass die neuen Ergebnisse den Bedarf an gezielten Labor- und Felduntersuchungen unterstreichen, um festzustellen, ob menschengemachte Verschiebungen stratosphärischer Partikel diesen Weg zu langlebigen Grundwasserkontaminanten unbeabsichtigt verstärken könnten.

Regulatorischer und planetarer Kontext

Regulierungsbehörden beobachten die Lage bereits: Die U.S. Environmental Protection Agency (EPA) hat Pläne signalisiert, nationale Trinkwasserregelungen für Perchlorat vorzuschlagen. Gleichzeitig wurden Perchlorate auch auf dem Mars nachgewiesen, sodass Planetenwissenschaftler analytische Techniken entwickelt haben, die für erdgebundene Laborexperimente zur Perchloratchemie adaptiert werden können. Diese Laborfähigkeiten werden wichtig sein, um zu testen, ob vorgeschlagene Geoengineering-Methoden oder zunehmende Emissionen durch Waldbrände die Perchloratbildung in großen Höhen verstärken könnten.

Experteneinschätzung

Dr. Elena Vargas, Atmosphärenchemikerin und Wissenschaftskommunikatorin, kommentiert: „Diese Studie erinnert uns daran, dass sehr kleine Partikel hoch in der Atmosphäre große Folgen haben können, wenn sie schließlich zur Erdoberfläche gelangen. Es ist entscheidend zu verstehen, welche Partikel als chemische Plattformen fungieren, bevor wir über gezielte Eingriffe in die Stratosphäre nachdenken.“

Dr. Michael Chen, ehemaliger Aerosolspezialist der NASA, ergänzt: „Die WB-57-Messungen lieferten bisher ungeahnte Details. Die nächsten Schritte sind kontrollierte Laborversuche zur Replikation der Chemie und ausgeweitete Luftprobenahmen, um zu sehen, wie verbreitet diese Perchlorat-tragenden Partikel saisonal und geografisch sind.“

Fazit

Höhenmessungen haben gezeigt, dass natürlich gebildete Perchlorate auf stickstoffreichen und rauchabgeleiteten Partikeln in der Stratosphäre entstehen, nicht auf den dort dominierenden schwefelsäurehaltigen Aerosolen. Die Entdeckung verfeinert unser Verständnis der atmosphärischen Chlorchemie und wirft wichtige Fragen auf, wie menschliche Aktivitäten — Waldbrände, Emissionen oder vorgeschlagene Injektionen von Partikeln in die Stratosphäre — langfristige Grundwasserbelastungen beeinflussen könnten. Folge-Laborstudien und ausgeweitete Überwachungsmaßnahmen werden entscheidend sein, um Risiken zu bewerten und sowohl Umweltregulierung als auch Geoengineering-Vorschläge fundiert zu informieren.

Quelle: livescience

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