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Weltweite Studie bestätigt: Bewegung steigert Überlebensrate bei Darmkrebs
Eine neue, umfassende Studie unterstreicht eindrucksvoll die wichtige Rolle von körperlicher Aktivität in der Prävention und Nachbehandlung von Darmkrebs. Die Ergebnisse zeigen, dass regelmäßige, strukturierte Bewegung das Risiko sowohl für einen Rückfall als auch für eine erhöhte Sterblichkeit bei behandelten Darmkrebspatienten deutlich senkt. Diese wegweisenden Erkenntnisse stammen aus der internationalen Challenge-Studie, die auf dem Jahreskongress der American Society of Clinical Oncology vorgestellt wurde – einer führenden Plattform für Fortschritte in der Krebsmedizin.
Die Challenge-Studie: Studiendesign und die Erfahrungen der Teilnehmer
Die Challenge-Studie wurde in sechs Ländern durchgeführt und im renommierten New England Journal of Medicine veröffentlicht. Sie begleitete 889 Darmkrebsüberlebende, die ihre Chemotherapie abgeschlossen hatten. Die Teilnehmer wurden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt: Eine erhielt die übliche Nachsorge, die andere nahm an einem dreijährigen Bewegungsprogramm teil, das auf individuelle Trainingspläne und die kontinuierliche Betreuung durch Fitness-Experten setzte.
Das Bewegungsprogramm wurde schrittweise gesteigert. Die meisten Teilnehmer erreichten schließlich vier Mal pro Woche zügige Spaziergänge von jeweils 45 Minuten – dies entspricht etwa drei Stunden moderater körperlicher Aktivität pro Woche. Anfangs fanden alle zwei Wochen, später monatliche, Beratungsgespräche mit den Coaches statt, um Motivation und Durchhaltevermögen auch über den medizinischen Behandlungszeitraum hinaus zu sichern.
Erstaunliche Ergebnisse: Weniger Rückfälle, höhere Überlebensraten
Die Resultate waren beeindruckend: In der Bewegungsgruppe kam es zu 28 % weniger Rückfällen und einem Rückgang der Sterblichkeit um 37 % im Vergleich zur Kontrollgruppe. Besonders auffällig: Nach fünf Jahren blieben 90 % der trainierenden Teilnehmer krebsfrei, während es in der Gruppe ohne Bewegung nur 74 % waren.
Dies ist die erste belastbare Evidenz aus einer randomisierten, kontrollierten Studie, dass Bewegung nicht nur mit besseren Prognosen für Darmkrebspatienten einhergeht, sondern tatsächlich deren Überleben direkt verbessert. Während frühere Beobachtungsstudien bereits Hinweise lieferten, belegt die Challenge-Studie nun klar den ursächlichen Zusammenhang und spricht für die Integration von strukturierter Bewegung in die Standard-Krebsnachsorge.

Warum Bewegung so wirksam ist: Biologische Mechanismen im Fokus
Die positive Wirkung von regelmäßigem Sport auf die Überlebensrate bei Darmkrebs beruht vermutlich auf mehreren biologischen Mechanismen. Körperliche Aktivität kann die Insulinsensitivität verbessern, Entzündungen reduzieren und das Immunsystem stärken – alles Faktoren, die das Krebsrisiko senken und den Krankheitsverlauf günstig beeinflussen. Forscher analysieren weiterhin Blutproben der Teilnehmer, um die genauen molekularen Veränderungen durch Bewegung zu erfassen. Ziel ist es, langfristig personalisierte Trainingspläne basierend auf genetischem Profil oder individuellen Risikofaktoren anbieten zu können.
Risiken und Nutzen im Vergleich: Erkenntnisse von Ausdauersportlern
Parallel zu den ermutigenden Ergebnissen für moderate Bewegung lieferten Experten auch neue Daten zu den Auswirkungen von intensivem Ausdauertraining auf den Darm. So zeigte eine separate Studie, dass Marathonläufer häufiger Darm-Polypen entwickelten – kleine, teils als Krebsvorstufe geltende Wucherungen – als die Allgemeinbevölkerung. Die meisten Polypen erwiesen sich jedoch als harmlos und das Darmkrebsrisiko nahm unter Läufern nicht zu, was zu einer offenen Diskussion über die Langzeitwirkungen von Hochleistungssport auf die Darmgesundheit führte.
Mögliche Erklärungen: Leistungssportler lassen sich häufiger medizinisch untersuchen, wodurch Polypen schneller entdeckt werden. Außerdem kann andauerndes, intensives Training kurzfristig die Darmflora und Entzündungen beeinflussen. Auch Ernährungsumstellungen oder Trinkgewohnheiten typischer Ausdauersportler könnten eine Rolle spielen.
Diese Befunde mindern jedoch keinesfalls den präventiven Effekt von Bewegung gegen Krebs. Große epidemiologische Studien zeigen weiterhin, dass körperlich aktive Menschen ein geringeres Risiko für Darmkrebs haben als inaktive Personen. Sie machen aber deutlich, dass Belastungsintensität und -dauer individuell angepasst werden und Ausdauersportler von regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen sowie einer angepassten Ernährung profitieren sollten.
Fachmeinungen und Empfehlungen für die Praxis
Dr. Jeffrey Meyerhardt, Mitinitiator der Challenge-Studie, betont: „Mit der richtigen Unterstützung können Darmkrebsüberlebende ihre körperliche Aktivität sicher steigern und ihr Risiko für Rückfälle sowie die Sterblichkeit deutlich senken. Wir verfügen jetzt über klare Belege, dass Fitness ein wichtiger Bestandteil der Krebstherapie ist.“
Kleinere Verletzungen wie Muskelzerrungen traten in der Bewegungsgruppe zwar etwas häufiger auf (19 % gegenüber 12 % in der Kontrollgruppe), waren aber gut beherrschbar und standen in keinem Verhältnis zu den Überlebensvorteilen. Die regelmäßige Betreuung durch die Coaches half den Teilnehmern wesentlich, nach Ende der medizinischen Behandlung dauerhaft am Ball zu bleiben.
Konkrete Empfehlungen für Krebsüberlebende, Sportler und die Allgemeinheit
Die Erkenntnisse der Challenge-Studie geben Darmkrebsüberlebenden eine klare Orientierung: Drei Stunden zügiger Spaziergang pro Woche sind erreichbar und wirksam. Für Leistungssportler gilt: Intensive Ausdauereinheiten bieten grundsätzlich gesundheitliche Vorteile, erfordern aber bei langfristiger Ausübung und zusätzlichem Risiko ein individuelles Vorsorgekonzept, etwa durch regelmäßige Darmspiegelungen.
Auch für die Bevölkerung insgesamt wird bestätigt: Die Kombination aus moderater Bewegung und regelmäßigen Vorsorgeuntersuchungen ist derzeit die verlässlichste Strategie zur Senkung des Darmkrebsrisikos – einer Erkrankung, die weltweit zu den vier häufigsten Krebsarten zählt und besonders bei Menschen unter 50 Jahren zunehmend auftritt. Insgesamt empfehlen die Ergebnisse, einen nachhaltigen, informierten Umgang mit Bewegung zu wählen, der an die eigene Gesundheit angepasst ist und ggf. medizinisch begleitet wird.
Fazit
Der aktuelle Forschungsstand ist eindeutig: Regelmäßige, moderate Bewegung kann die Rückfallquote bei Darmkrebs senken und die Überlebenschancen erhöhen. Die Ergebnisse der Challenge-Studie zeigen, dass Bewegung dauerhaft in die Krebsnachsorge integriert werden sollte. Gleichzeitig werfen neue Daten zu Hochleistungssport Fragen zur Balance von Aktivität und Gesundheit auf und verdeutlichen, wie wichtig individuelle Fitnessstrategien sind. Ob in der Genesung oder im Sport – informierte, medizinisch begleitete Bewegung bleibt einer der wirksamsten Wege für eine gesündere Zukunft.
Quelle: theconversation
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