5 Minuten
Eine auf Populationsebene durchgeführte Beobachtungsstudie über drei Jahrzehnte in Ontario, Kanada, deutet auf einen mäßigen Zusammenhang zwischen Computertomographie (CT) vor der Empfängnis und kleinen Zunahmen des Risikos für Schwangerschaftsverlust und angeborene Anomalien hin. Die Analyse betrachtete mehr als 5 Millionen Schwangerschaften und liefert wichtige Daten für Kliniker, Patientinnen und Gesundheitssysteme, die diagnostische Vorteile gegen theoretische Strahlenschäden abwägen.
Studienaufbau und Hauptergebnisse
Die Forschenden werteten Gesundheitsdaten von 1992 bis 2023 aus, die 5.142.339 Schwangerschaften erfassten, von denen 3.451.968 in Lebendgeburten endeten. Die Studie gruppierte Patientinnen nach der Anzahl der CT-Untersuchungen im präkonzeptionellen Zeitraum und verglich die Schwangerschaftsergebnisse mit denen ohne CT-Bildgebung.
Zentrale relative Assoziationen waren:
- Schwangerschaftsverlust: +8 % bei einer CT, +14 % bei zwei CTs und +19 % bei drei oder mehr CTs im Vergleich zu keiner präkonzeptionellen CT.
- Angeborene Anomalien: +6 % bei einer CT, +11 % bei zwei CTs und +15 % bei drei oder mehr CTs.
Diese Prozentsätze sind relative Zunahmen. Beispielsweise würde bei einem Basisrisiko für Schwangerschaftsverlust von 10 % ein relativer Anstieg von 19 % das absolute Risiko auf etwa 11,9 % erhöhen.
Interpretation, Confounding und Dosisüberlegungen
Bei dieser Studie handelt es sich um Beobachtungsforschung, die Korrelationen aufzeigt, aber keine Kausalität beweist. Patientinnen, die CTs erhalten, werden häufig wegen bedeutsamer klinischer Probleme beurteilt – Trauma, Verdacht auf Malignität oder andere systemische Erkrankungen –, die selbst das Schwangerschaftsrisiko erhöhen können. Bedingungen wie Diabetes, Hypertonie oder Tabakkonsum treten bei einigen Patientinnen mit CT häufiger auf und können die Assoziationen verfälschen (Confounding).
Die Untersucher analysierten außerdem, welche Körperregionen gescannt wurden. Auffällig war, dass das Muster erhöhter Risiken bei Kopf-CTs und Becken-CTs ähnlich war. Da Becken-CTs deutlich mehr Strahlung an die Fortpflanzungsorgane abgeben als Kopf-CTs, spricht dieses Ergebnis dagegen, dass allein die Strahlendosis die Assoziation erklärt. Wie ein externer Biomedizintechniker anmerkte, stärken ähnliche Risikoanstiege über verschiedene Untersuchungsregionen hinweg die Möglichkeit, dass der allgemeine Gesundheitszustand und nicht die Dosis der Bildgebung einen großen Teil des Signals erklärt.

Klinische Implikationen und Bildgebungsalternativen
Sorgfältiges klinisches Abwägen bleibt wesentlich. Die berichteten absoluten Zunahmen sind für die einzelne Patientin klein, können jedoch bei kumulativer oder wiederholter Bildgebung auf Bevölkerungsebene relevant werden. Wo klinisch angemessen, sollten Behandler vorzugsweise niedrig dosierte oder nicht-ionisierende Optionen wie Ultraschall und Magnetresonanztomographie (MRT) nutzen – insbesondere bei jüngeren Patientinnen und wenn der diagnostische Nutzen vergleichbar ist.
Gleichzeitig kann das Unterlassen einer Bildgebung bei einer relevanten Erkrankung weitaus größere Risiken für Mutter und Fetus bergen als das theoretische strahlenbedingte Risiko einer CT. Entscheidungen sollten daher individualisiert getroffen werden, unter Abwägung von diagnostischer Notwendigkeit, Alternativmethoden und dem Zeitpunkt im Verhältnis zur geplanten Empfängnis. (Bethesda Naval Medical Center, Maryland, Krankenhaus)
Forschungskontext und Veröffentlichung
Die Studie ergänzt eine Reihe von Veröffentlichungen, die langfristige Populationseffekte medizinischer Bildgebungsstrahlung untersuchen. Sie wurde in den Annals of Internal Medicine publiziert und bekräftigt frühere Appelle, unnötige CT-Anwendungen zu begrenzen, während ihre wichtige Rolle in der akuten und diagnostischen Versorgung anerkannt wird.
Expertinneneinschätzung
Dr. Lena Morales, fiktive Spezialistin für Maternal-Fetal-Medizin: "Diese große Studie auf Basis administrativer Daten wirft wichtige Fragen für Gesundheitspolitik und klinische Praxis auf, sollte aber notwendige Bildgebung nicht entmutigen. Für einzelne Patientinnen steht die Diagnostik und Behandlung der aktuellen Erkrankung im Vordergrund – Ultraschall oder MRT sind zu bevorzugen, wenn sie klinisch gleichwertig sind, und CT sollte dort eingesetzt werden, wo es das unmittelbare Management verändert. Wenn eine CT indiziert ist, ist die Dokumentation einer informiert geführten Aufklärung über Nutzen und Risiken gute Praxis."
Fazit
Eine 30-jährige, provinzsweite Analyse in Ontario fand mäßige relative Zunahmen von Schwangerschaftsverlust und angeborenen Anomalien in Verbindung mit einer höheren Anzahl präkonzeptioneller CT-Scans. Die absolute Veränderung ist für die meisten Individuen gering, und residuales Confounding – also Erkrankungen, die zur Bildgebung führen – dürfte einen erheblichen Anteil beitragen. Kliniker sollten unnötige CT-Expositionen weiterhin minimieren, nicht-ionisierende Bildgebung bevorzugen, wenn sie geeignet ist, und diagnostische Entscheidungen priorisieren, die Mutter- und Fetusgesundheit schützen.
Quelle: sciencealert
Kommentare