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VW ID. Golf offenbar wegen Budgetkürzungen verschoben
Die nächste Generation des Volkswagen Golf – vorgesehen als die erste softwaredefinierte Kompaktklasse des Konzerns – steht offenbar vor einer Verzögerung. Ursprünglich für ein Debüt 2029 auf einer von Rivian entwickelten Elektroarchitektur geplant, könnte der Mk9 Golf, der voraussichtlich den Namen ID. Golf tragen wird, nun erst 2030 in die Showrooms kommen, während Volkswagen erhebliche Budgetbeschränkungen und eine umfassende Konzernumstrukturierung anpackt.
Warum die Verzögerung? Umrüstung in Wolfsburg und Konzernrestrukturierung
Nach Angaben von Quellen gegenüber Bloomberg hat die Volkswagen Group ein umfangreiches Restrukturierungsprogramm gestartet und priorisiert Investitionen innerhalb ihres Werksnetzes und der Elektrifizierungsstrategie neu. Eine unmittelbare Folge ist offenbar, dass nicht genügend Mittel vorhanden sind, um das Werk in Wolfsburg im ursprünglich für die ID. Golf-Produktion geplanten Zeitrahmen umzurüsten. Dieser einzelne Engpass hat im Konzern weitreichende Auswirkungen, von Markteinführungsplänen bis hin zu Produktionsverlagerungen.
Weitere Programme unter Druck
Durch Budgetzwänge soll sich der Start des elektrischen T‑Roc‑Crossover verzögert haben, und Pläne zur Verlagerung der Verbrenner‑Golf-Produktion nach Puebla, Mexiko, werden derzeit überprüft. Während diese Diskussionen Anhänger von Volkswagens Umstieg auf Elektromobilität verunsichern, hat der Autobauer in seiner fast hundertjährigen Geschichte zyklische Herausforderungen bewältigt und wiederholt Produktzeitpläne und Plattforminvestitionen angepasst, um wirtschaftliche Abschwünge zu überstehen.
Volkswagens unmittelbare Prioritäten: Hybridtechnik und erschwingliche EVs
Auch mit der berichteten Verzögerung des ID. Golf bleiben Volkswagens Elektrifizierungs‑ und Produktstrategien aktiv. Das Unternehmen treibt ein neues Hybridsystem voran, das im nächsten Jahr im T‑Roc debütieren soll. Parallel dazu setzt Volkswagen verstärkt auf günstige Elektrofahrzeuge für die Massenverbreitung. Diese Einstiegs‑EVs werden über drei Schwestermarken eingeführt: Volkswagen, Cupra und Skoda.
Besonders interessant ist die Serienversion der ID.2all‑Studie, die 2026 als ID. Polo kommen soll. Das preiswerte EV‑Trio umfasst den ID. Polo, den Cupra Raval und den Skoda Epiq. Volkswagen hat einen angestrebten Einstiegspreis für den ID. Polo von knapp unter 25.000 Euro signalisiert – ein strategischer Preis, um die Verbreitung von Elektroautos zu erhöhen und im Einstiegs‑Kleinwagen‑Segment zu konkurrieren.

Plattform, Name und Plan für parallele Verbrenner‑Produktion
Der Mk9 Golf wird voraussichtlich auf der ehrgeizigen Scalable Systems Platform (SSP) der Volkswagen Group gebaut, der modularen Architektur, die eine breite Palette zukünftiger Elektrofahrzeuge tragen soll. Nach diesem Plan würde der neue elektrische Kompaktwagen den Namen ID. Golf tragen und parallel zum Verbrenner‑Mk8 Golf existieren, den Volkswagen beabsichtigt, bis in die 2030er Jahre in Produktion zu halten. Diese parallele Strategie spart Umrüstungskosten und erhält die Wahlmöglichkeit für Kunden, die noch nicht auf Batterie‑Elektrofahrzeuge (BEVs) umsteigen wollen.
Was das für Käufer bedeutet
Die Verlängerung der Mk8‑Golf‑Produktion bietet Beständigkeit für Käufer, die Benzin‑ oder Dieselmotoren bevorzugen, und hilft Volkswagen, Fertigungskapazitäten und Kosten zu steuern, während SSP‑basierte Elektrofahrzeuge schrittweise eingeführt werden. Das bedeutet außerdem, dass Volkswagen über mehrere Jahre sowohl konventionelle als auch elektrische Golf‑Varianten anbieten wird und so ein breiteres Spektrum der Marktnachfrage abdeckt.

Technische Daten: Was wir bereits wissen und erwarten
Genaue technische Daten für den ID. Golf sind noch nicht bestätigt, aber die SSP‑Basis und Berichte über eine Zusammenarbeit mit Rivian deuten auf eine moderne Elektroarchitektur, schnellere Lademöglichkeiten und softwaredefinierte Over‑the‑air‑Funktionalität hin. Erwarten Sie mehrere Antriebsvarianten, die einzelne Heckantriebsmodelle mit einem Motor ebenso umfassen könnten wie Dual‑Motor‑Allrad‑Performance‑Versionen, mit Batteriekapazitäten, die sowohl für städtische Reichweiten als auch längere Überlandfahrten ausgelegt sind.
Zum Vergleich bietet Volkswagens aktuelle Mk8‑Golf‑Palette eine breite Mischung: Drei‑ und Vierzylinder‑Turbomotoren beginnend mit einem 1,0‑Liter‑TSI sowie Diesel‑, Mild‑Hybrid‑ und Plug‑in‑Hybrid‑Optionen in einigen Märkten. In Deutschland ist der Basismotor typischerweise ein 1,5‑Liter‑TSI mit 116 PS (114 hp) kombiniert mit einem Sechsgang‑Schaltgetriebe, bei Preisen ab etwa 29.395 Euro für den Hatchback. In den Vereinigten Staaten wird der Golf hauptsächlich als performanceorientierte GTI‑ und R‑Modelle verkauft, mit EA888‑basierten Turbomotoren, die 241 PS im GTI und 328 PS im R liefern, zu Preisen ab etwa 32.445 $ beziehungsweise 47.100 $.
Elektrische Golf‑Historie: Lehren aus dem e‑Golf
Der frühere vollelektrische e‑Golf von Volkswagen lieferte nützliche Erkenntnisse zu Reichweite, Packaging und Käufererwartungen. Die Produktion des e‑Golf endete 2020, um Platz für den ID.3, den kompakten Elektro‑Hatchback, zu schaffen. Die EPA‑gerechnete Reichweite des e‑Golf lag bei 125 Meilen (201 Kilometern) – moderat im Vergleich zur Reichweite des ID.4‑Crossover von 291 Meilen (468 Kilometern) – und verdeutlicht die raschen Fortschritte bei Energiedichte und Effizienz von Batterien innerhalb weniger Jahre.

Design und Nutzererlebnis: Erwartungen an ein softwaredefiniertes Fahrzeug
Als Volkswagens erstes softwaredefiniertes Golf‑Modell sollte der ID. Golf digitale Integration, regelmäßige Over‑the‑air‑Updates und ein anpassbares Nutzererlebnis in den Vordergrund stellen. Das Interieurdesign wird wahrscheinlich ein digitales Cockpit, erweiterte Fahrerassistenzsysteme und vereinfachte Bedienelemente priorisieren – im Einklang mit der ID‑Familienphilosophie. Das Exterieur könnte die praktischen Hatchback‑Proportionen des Golf beibehalten und zugleich schärfere aerodynamische Elemente sowie moderne EV‑Erkennungsmerkmale wie geschlossene Kühlergrills und markante LED‑Signaturen übernehmen.
Fahrleistung und Fahrcharakter
Die Leistungscharakteristik wird je nach Ausstattungsvariante variieren. Eine Standard‑ID. Golf‑Stadtvariante könnte Effizienz und Reichweite priorisieren, während sportlichere ID. Golf GTI‑ oder R‑gebrandete Elektrovarianten (falls VW diese Bezeichnungen in EV‑Form wiederaufleben lässt) durch hochleistungsfähige Elektromotoren und Drehmomentverteilung zügige Beschleunigung bieten könnten. Ladegeschwindigkeiten, Batterie‑Thermomanagement und Gewichtsverteilung werden entscheidende technische Faktoren sein, die das Fahrverhalten und die reale Reichweite beeinflussen.
Marktpositionierung und Wettbewerb
Volkswagen positioniert den ID. Golf als mainstreamfähige elektrische Alternative zum Verbrenner‑Mk8 Golf, mit dem Ziel, loyale Golf‑Käufer zu halten und neue städtische EV‑Kunden zu gewinnen. Der ID. Polo und andere Sub‑25.000‑Euro‑Modelle spielen eine ergänzende Rolle, indem sie preissensible Käufer ansprechen und Volkswagen helfen, mit günstigen Elektroautos anderer Hersteller zu konkurrieren. Das übergeordnete Ziel ist, den Marktanteil in Europa und wichtigen globalen Regionen zu halten und das Portfolio schrittweise auf BEVs auszurichten.
Vergleich mit Wettbewerbern
Bei seinem Erscheinen wird sich der ID. Golf gegen etablierte kompakte EVs sowie gegen kommende SSP‑basierte Modelle innerhalb der Volkswagen Group behaupten müssen. Der ID.3 und der ID.4 bleiben Referenzmodelle in Bezug auf Reichweite und Packaging, während konkurrenzfähige kompakte Elektroautos anderer Hersteller bei Preis, Reichweite und Technik Druck machen werden. Volkswagens Vorteil liegt in seiner Markenbekanntheit, dem Händlernetz und der Fähigkeit, Alternativen mit Verbrennungsmotoren für Kunden anzubieten, die mit dem EV‑Wechsel zögern.
Worauf man als Nächstes achten sollte
Wichtige Meilensteine sind eine offizielle Bestätigung des Startzeitplans durch Volkswagen, detaillierte technische Spezifikationen für den ID. Golf und Klarheit zu den Umrüstungsplänen in Wolfsburg. Achten Sie außerdem auf die 2026er‑Markteinführung des ID. Polo, die Einführung des neuen T‑Roc‑Hybrids und Ankündigungen der VW Group zu den SSP‑Rollout‑Zeiträumen. Diese Punkte werden anzeigen, wie schnell Volkswagen seine softwaredefinierte Fahrzeugstrategie hochskalieren und erschwingliche Elektromobilität in großer Stückzahl liefern kann.
Vorerst spiegelt der berichtete Termin 2030 für den ID. Golf einen pragmatischen Ansatz wider: ambitionierte EV‑Pläne mit fiskalischer Disziplin, Fertigungsrealitäten und weiterem Support für Verbrennervarianten in Einklang zu bringen, während sich der Markt zur Elektrifizierung bewegt.
Quelle: autoevolution
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