Litauens neue Strategie: Runway Economy, Regionen, KI

Litauens neue Strategie: Runway Economy, Regionen, KI

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An seinem ersten vollen Arbeitstag im Amt nahm Litauens neu ernannter Minister für Wirtschaft und Innovation, Edvinas Grikšas, an einem lebhaften Fireside Chat beim Foreign Investors Annual Summit 2025 in Vilnius teil. In einem offenen und zukunftsorientierten Gespräch, moderiert von Ludvika Stepienė, Senior Policy Manager für die Baltischen Staaten, skizzierte der Minister seine strategische Vision für Litauens wirtschaftliche Zukunft — aufgebaut auf ausgewogener regionaler Entwicklung, einer regierung mit Start-up-Mentalität und digital gestützten öffentlichen Diensten. Die Kernaussage: Wachstum soll qualitativ, nachhaltig und breit wirksam sein.

Mit einer Mischung aus Humor und klaren Prioritäten beschrieb Grikšas Litauens Investitionsreise als Wandel vom „Green Corridor“ hin zu einer „Investment Runway“ — einer Startplattform, bereit für den Aufbruch zu höherwertigem Wachstum, Innovation und globaler Wettbewerbsfähigkeit. Er betonte, dass dieser Übergang nicht nur Kapital, sondern vor allem Wissen, Fachkräfte und lokale Wertschöpfung fördern müsse.

Vom „Green Corridor" zur „Runway Economy“

Auf die Bitte, seine Metapher der „Runway“ zu erläutern, blickte Grikšas auf Litauens Entwicklung in den letzten Jahren zurück und erklärte, warum jetzt ein qualitatives Upgrade notwendig ist:

„Wir haben mit dem Green Corridor und der Investment Highway begonnen. Jetzt ist die Zeit für die Runway. Die nächste Regierung wird vielleicht über Investment-Teleportation sprechen“, scherzte er.

Hinter dem Humor steht jedoch eine überzeugende Bilanz und ein klares Ziel, Internationalisierung und Wertschöpfung zu verbinden:

  • Mehr als 20 groß angelegte FDI-Projekte

  • Über €1,6 Milliarden an Investitionen

  • Rund 5.000 neue hochwertige Arbeitsplätze

Er betonte, dass Litauen keine Niedrigkosten-Region mehr sei, sondern sich in Richtung Industry 5.0 bewege — ein Umfeld, in dem Innovation, hochqualifizierte Fachkräfte und nachhaltige Wertschöpfung im Mittelpunkt stehen. Solch ein Wandel erfordert gezielte Förderinstrumente, Weiterbildung und Infrastrukturinvestitionen, die langfristig internationales Kapital anziehen.

„FDI bedeutet heute bessere Arbeitsbedingungen, globale Best Practices und Chancen für die Weiterentwicklung von Menschen. Wir müssen uns jetzt darauf konzentrieren, nicht nur wie viel Investition wir anziehen, sondern wie breit sie im Land verteilt wird.“

Eine Vision für regionale Teilhabe

Grikšas, der ursprünglich aus der südlichen Stadt Biržai stammt, unterstrich die Notwendigkeit, regionale Disparitäten zu verringern zwischen Vilnius und anderen Regionen — ein zentrales Element für sozialen Zusammenhalt und nachhaltiges Wachstum:

„Bis 2030 sollten mindestens 30 % aller ausländischen Investitionen in die Regionen Litauens fließen. Echte Entwicklung bedeutet, dass kein Teil des Landes zurückgelassen wird."

Um dies zu erreichen, plant das Ministerium konkrete Maßnahmen, die Städte und ländliche Gebiete stärken und lokale Potenziale nutzen:

„Das Ziel ist ein kooperatives Ökosystem — Regierung, lokale Behörden und Unternehmen arbeiten Hand in Hand.“

Life Sciences: Weiterhin eine lebendige Priorität

Als er gefragt wurde, warum Life Sciences in dem Programm der neuen Regierung scheinbar weniger prominent auftreten, versicherte Grikšas dem Publikum, dass das Ziel eines Anteils von 5 % am BIP bis 2030 nach wie vor Bestand habe und dass gezielte Maßnahmen den Sektor weiter fördern werden:

„Biotech bleibt eine Top-Priorität in unserer Smart Specialization Strategy. Wir liegen derzeit bei 2,2 % des BIP, aber wir skalieren deutlich.“

Er kündigte drei zentrale Initiativen an, die dem Sektor unmittelbare Wachstumsimpulse geben sollen:

  1. BioCity Vilnius – ein privat finanziertes Leuchtturmprojekt für Biotech-Wachstum, das Labore, Inkubatoren und Investoren zusammenbringen soll

  2. Data Pilot 2.0 – ein gemeinsames Programm mit dem Gesundheitsministerium, das Gesundheitsdaten für innovative medizinische Lösungen nutzbar macht, unter striktem Datenschutz

  3. Biotech Sandbox in Kaunas – ein geplanter Accelerator für Biotech-Start-ups und KMU, der Prototyping, Tests und Markteintritt unterstützt

„Diese Initiativen zeigen, dass Life Sciences in Litauens Innovationsagenda lebendig und wachsend sind."

Start-up-Denken in der Verwaltung

Eines der prägnantesten Anliegen von Grikšas war sein Appell an eine Start-up-Mentalität in der öffentlichen Verwaltung: schnellere Entscheidungen, iteratives Arbeiten und ein stärkeres Ergebnisfokus:

„Die Regierung muss wie ein Start-up denken — agil, schnell und lösungsorientiert.“

Er erläuterte konkrete Schritte, um diese Denkweise zu verankern:

Im Mittelpunkt steht die Schaffung eines One-Stop Digital Window — ein einheitliches, KI-gestütztes System, das Unternehmen erlaubt, Dokumente einmal einzureichen, während die Verwaltung Folgeprozesse und Erneuerungen proaktiv übernimmt. Dies soll Reibung reduzieren und das Gründungs- und Investitionsklima verbessern.

Ziel:

  • 35 % Reduktion der administrativen Belastung für Unternehmen

  • 2-fache Verbesserung der Effizienz im öffentlichen Sektor bis 2027

„Genehmigungen dürfen nicht Jahre dauern. Mit KI und Digitalisierung können wir die litauische Verwaltung so effizient machen wie ihre Unternehmer.“

Litauen in der europäischen Innovationslandschaft positionieren

Über die nationalen Grenzen hinaus betonte Grikšas, dass Litauen sich von einem Policy-Follower zu einem Policy-Shaper in Europas Innovationsökosystem entwickeln müsse — ein Wandel, der Kooperation und gezielte Vorreiterprojekte verlangt:

„Wir müssen mit gutem Beispiel vorangehen — zeigen, wie kleine, agile Volkswirtschaften Verteidigung, Technologie und Innovation in Wachstum integrieren können.“

Zu den bevorstehenden Maßnahmen gehören konkrete Reformschritte:

„Wir haben exzellente Forschung in Litauen, aber die Kommerzialisierung fehlt oft. Wir werden von Best Practices aus den USA, Irland und Deutschland lernen.“

Ein menschlicher Ansatz: Führung mit Balance

Im Abschlusssegment bat Stepienė den Minister, über seinen persönlichen Übergang vom Abteilungsleiter zum Minister zu reflektieren — eine Veränderung, die er mit Bescheidenheit beschrieb und die auch persönliche Anpassungen mit sich bringt:

„Vieles hat sich nicht geändert — die gleichen Sitzungen, die gleichen Themen, nur ein anderes Level. Ich gewöhne mich noch daran.“

Er teilte außerdem kurze, persönliche Einblicke, die seine Bodenständigkeit zeigten und eine Verbindung zur Öffentlichkeit schufen:

  • Sport: Karate, Laufen (regelmäßig & extreme), Basketball, Fitnessstudio — Aktivitäten, die Disziplin und Ausdauer fördern

  • Disziplin: „Absolut wesentlich für Erfolg.“

  • Familie: „Immer Priorität — obwohl die nächsten sechs Monate intensiv werden!“

„Ich habe mein Telefon, mein Auto und mein Büro gewechselt — vom fünften Stock in den zweiten. Das ist der größte Unterschied!", witzelte er.

Das Gespräch endete mit einer Mischung aus Optimismus und Leichtigkeit und zeigte einen Führungspersönlichkeit, die strategische Klarheit mit Nahbarkeit verbindet. Seine Ausführungen verdeutlichten, dass Politikgestaltung heute technische Kompetenz, administrative Effizienz und soziales Bewusstsein vereinen muss.

Wesentliche Erkenntnisse

30 % der FDI in Regionen bis 2030
KI-getriebene digitale Verwaltung zur Bürokratieabbau
Life Sciences, FinTech und Verteidigungstechnologie als Kernwachstumssäulen
Start-up-Mentalität in der Reform des öffentlichen Sektors
Verpflichtung zu F&E, Innovation und regionaler Inklusion

Fazit

Der Fireside Chat bot einen seltenen, ersten Einblick in die Führungsperspektive von Minister Edvinas Grikšas:
ein visionärer, zugleich pragmatischer Ansatz, der darauf abzielt, Regionen zu stärken, Verwaltung zu modernisieren und Technologie zu nutzen, um das volle Potenzial Litauens freizusetzen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen kombinieren kurzfristige Effizienzgewinne mit langfristigen Strukturreformen.

Seine Botschaft war eindeutig:

„Litauens Runway ist bereit — jetzt ist es Zeit zum Abheben.“

Quelle: smarti

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