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Bitcoin steht vor einem enttäuschenden Uptober, Bullen verlieren Momentum
Die Bitcoin-Preisbewegung im Oktober sorgt für Besorgnis unter den Bullen, da sich der Markt in einer engen Handelsspanne einpendelt. Nach einem frühen Anlauf in Richtung neuer Höchststände drehte BTC und bewegt sich derzeit grob zwischen etwa $107.000 und $111.500. Damit deutet vieles auf einen der schwächsten Oktober-Monate seit 2013 hin. Marktbeobachter zeigen, dass BTC rund 2,3 % unter dem Eröffnungsniveau des Oktobers liegt, was die Aussicht auf den ersten roten Oktober seit 2018 erhöht.
Diese Entwicklung hat mehrere Ebenen: technisch, saisonal und makroökonomisch. Technisch betrachtet signalisiert das Festhalten an einer engen Spanne unsichere Marktteilnehmer; Käufer warten auf klare Impulse, während kurzfristige Verkäufer jeden Anstieg zum Teilnehmen nutzen. Saisonal ist der Oktober historisch ambivalent, mit Phasen starker Kursgewinne in manchen Jahren und deutlichen Rücksetzern in anderen. Makroökonomisch sind die Erwartungen an politische Entscheidungen, vor allem der US-Notenbank (Federal Reserve), ein zentraler Treiber für Risikoanlagen wie Bitcoin.
Auf institutioneller Ebene beobachten Analysten die Liquiditätsverfügbarkeit und das Verhalten großer Adressen (Wale). Wenn diese Adressen ihre Positionen verlagern oder verkaufen, kann dies kurzfristig Ausverkaufsdruck erzeugen. Gleichzeitig bleibt die Nachfrage von Privatanlegern und von Investoren, die Bitcoin als Inflationsschutz sehen, ein stabiler Faktor. Zusammengenommen erklärt diese Gemengelage, warum der Markt trotz vorheriger Stärke plötzlich ins Stocken gerät.

BTC/USD monthly returns
Wie schlimm könnte der Oktober werden?
Daten des Analyseanbieters CoinGlass verdeutlichen das Ausmaß der möglichen Unterperformance. Historisch war der Oktober oft ein günstiger Monat für Bitcoin: Der durchschnittliche Anstieg seit 2013 liegt nahe 20 %, was BTC unter normalen saisonalen Bedingungen bis zum Monatsende deutlich über $130.000 treiben würde. Demgegenüber stünde ein Szenario, bei dem BTC rund 4 % unter dem Eröffnungsniveau des Monats schließt — das würde den Oktober 2025 zum schlechtesten Oktober in den letzten 12 Jahren machen.
Die Gegenüberstellung mit früheren Bullenmarkt-Oktobern macht den Unterschied noch deutlicher. In starken Bullenjahren wie 2017 und 2021 lieferte der Oktober mindestens 40 % Rendite. Der historisch schwächste Oktober trat 2014 auf, als Bitcoin rund 13 % verlor. Diese historischen Referenzpunkte helfen, mögliche Pfade für den aktuellen Monat einzuordnen, ohne eine exakte Vorhersage zu liefern.
Praktisch lässt sich daraus ableiten, dass mehrere Szenarien möglich sind: a) eine späte saisonale Erholung, die den Uptober-Mythos bestätigt und die Renditen nach oben reißt; b) eine Fortsetzung der Seitwärtsbewegung, die den Monat neutral abschließt; oder c) eine Ausweitung der Abwärtsbewegung, die den Monat rot färbt und eine kurzfristige Risikoaversion auslöst. Jedes Szenario hat Implikationen für Risiko-Management, Liquiditätsplanung und Handelsstrategien.
Ein weiterer Aspekt ist die Psychologie des Marktes: Wenn Marktteilnehmer glauben, der Oktober werde schlecht ausfallen, kann das sentimentbedingt selbsterfüllend wirken. Stop-Loss-Auslösungen und automatisierte Liquidationen in Derivaten verstärken Bewegungen in Richtung Abwärtstrend. Andererseits kann ein unerwartet positives makroökonomisches Signal eine schnelle Umkehr provozieren, insbesondere wenn Short-Positionen gedeckt werden müssen.
Saisonalität und On-Chain-Kontext
Der Netzwerk-Ökonom Timothy Peterson hat Diagramme veröffentlicht, die das aktuelle Verhalten des Bullenmarktes im Vergleich zu früheren Zyklen hervorheben. Seine Analysen zeigen, dass ein Großteil der Uptober-Aufwärtsbewegung historisch tendenziell später im Monat einsetzt: Ungefähr 60 % der jährlichen Bitcoin-Gewinne treten oft nach dem 3. Oktober auf. Dieses saisonale Muster gibt den Bullen Hoffnung, dass die zweite Monatshälfte die Erzählung noch wenden könnte, wenn die Dynamik zurückkehrt.
On-Chain-Daten unterstützen diese saisonalen Beobachtungen mit zusätzlichen Details: Metriken wie die Realized Cap, Nettozuflüsse in Börsen oder Wallet-Aktivität großer Adressen liefern Hinweise auf das zugrundeliegende Vertrauen. Beispielsweise können abnehmende Börsenbestände (Exchange Outflows) ein Zeichen für HODLing und geringeren Verkaufsdruck sein, während steigende Einlagen in zentralen Börsen häufig mit erhöhtem Verkaufsdruck korrelieren.
Ebenso wichtig sind Kennzahlen wie die NVT-Ratio (Network Value to Transactions) oder die aktiven Adressen: Ein niedriges Transaktionsvolumen relativ zur Marktkapitalisierung kann auf eine Reifephase oder Konsolidierung hinweisen, während ein sprunghafter Anstieg aktiver Adressen frühes Interesse und Nutzungswachstum signalisiert. Solche On-Chain-Indikatoren helfen, das saisonale Narrativ mit quantitativen Beobachtungen zu verknüpfen und unterstützen Trader sowie Investoren bei der Einschätzung von Chancen und Risiken.
Ein tieferes Verständnis der On-Chain-Daten ermöglicht auch, zwischen kurzfristigen technischem Rauschen und nachhaltigen fundamentalen Veränderungen zu unterscheiden. Beispielsweise sind steigende langfristige HODLer-Bestände (Long-Term Holder Supply) ein Indiz für strukturelle Nachfrage, selbst wenn kurzfristige Preise schwanken. Diese Unterscheidung ist für strategische Anleger mit mittleren bis langen Horizonten besonders relevant.

Bitcoin October performance comparison
Makro-Katalysatoren: Fed und Risikoappetit
Ein zentraler makroökonomischer Faktor, der BTCs Kursverlauf entscheidend beeinflussen könnte, ist die Sitzung der US-Notenbank Fed am 29. Oktober. Marktteilnehmer erwarten Signale darüber, ob die Fed die quantitative Straffung (QT) beendet oder sich in Richtung Zinssenkungen bewegt. Falls die Fed eine lockerere Haltung andeutet oder das Ende der QT bestätigt, könnten Krypto-Assets und andere risikoreiche Anlagen spürbar profitieren — ein Szenario, das Käufer zurück in den Markt ziehen und Oktoberverluste umkehren würde.
Die Verbindung zwischen Geldpolitik und Bitcoin ist in den letzten Jahren stärker geworden. Lockerere Geldbedingungen tendieren dazu, die Allokation zu riskanteren, renditestärkeren Anlagen zu erhöhen. Umgekehrt können restriktive Maßnahmen wie anhaltend hohe Zinsen oder neuerliche QT-Ankündigungen Liquidität aus den Märkten nehmen und Abwärtsdruck erzeugen. Daher ist die Kommunikation der Fed (Forward Guidance) oft genauso wichtig wie die tatsächlichen Entscheidungen.
Neben der Fed sind auch Inflationsdaten, Beschäftigungszahlen (z. B. Nonfarm Payrolls) und globale Risikoindikatoren (z. B. Aktienmärkte, geopolitische Spannungen) relevante Makrotreiber. Ein Anstieg des Risikoappetits — ausgelöst durch positive Konjunkturdaten oder fiskalische Impulse — würde typischerweise Kapital in Anlagen wie Bitcoin fließen lassen. Umgekehrt würden negative Überraschungen Kapitalflucht in sichere Häfen begünstigen.
Institutionelle Investoren beobachten zudem die Korrelationen zwischen Bitcoin und traditionellen Märkten. Eine steigende Korrelation mit US-Aktien kann BTC anfälliger für breite Risk-Off-Bewegungen machen. Strategisch orientierte Marktteilnehmer berücksichtigen solche Korrelationen bei der Portfolioallokation, Hedging-Entscheidungen und beim Timing von Ein- und Ausstiegen.

Bitcoin price seasonality
Was Händler beobachten sollten
Trader und Investoren sollten mehrere Schlüsselvariablen im Blick behalten, um kurzfristige Chancen und Risiken zu bewerten:
- BTC-Preis relativ zur Spanne $107k–$111.5k: Ein Schluss über oder unter dieser Zone kann den kurzfristigen Trend bestimmen.
- Monatlicher Kerzenschluss (Monthly Candle Close): Ein Monatsabschluss über dem Eröffnungsniveau könnte den Uptober-Mythos stützen.
- On-Chain-Liquidität: Veränderungen bei Exchange-Beständen, Wallet-Flows und großen Transfers geben Hinweise auf Angebotsdynamik.
- Derivate-Funding-Raten: Hohe positive Funding-Raten signalisieren Long-Bias im Markt und können Korrekturen wahrscheinlicher machen.
- Makro-Indikatoren: Fed-Kommentare, Inflationszahlen und Kapitalflüsse in Aktien beeinflussen die Risikobereitschaft.
Ein entscheidender Beobachtungspunkt ist ein klarer Ausbruch aus der lokalen Spanne. Ein überzeugender Ausbruch nach oben, begleitet von positiven makroökonomischen Signalen (z. B. dovishe Fed-Töne), könnte die Uptober-Narrative beleben und kurzfristig Käufer zurückbringen. Umgekehrt würde das Scheitern, höhere Regionen zurückzuerobern, das Risiko erhöhen, dass der Oktober als einer der seltenen negativen Monate für Bitcoin in die Statistik eingeht.
Zusätzlich sollten Händler Liquidationsprofile und Orderbuch-Tiefen betrachten. Bei engen Spannen können einzelne Liquidationen überproportional starke Bewegungen auslösen. Das Management von Hebelpositionen und ein diszipliniertes Risiko-Management (z. B. angemessene Stop-Loss-Setzung, Positionsgrößenbegrenzung) sind in solchen Marktphasen besonders wichtig.
Für mittel- bis langfristige Investoren ist die Analyse der langfristigen On-Chain-Indikatoren weiterhin zentral. Kennzahlen wie Coin Days Destroyed, HODLer-Anteil und Realized Profit/Loss bieten Kontext dafür, ob aktuelle Preisniveaus nachhaltig sind oder ob sie vorübergehenden Schwankungen unterliegen.
Technische Indikatoren und Szenarien
Auf der technischen Ebene sind mehrere Indikatoren relevant: gleitende Durchschnitte (SMA/EMA) auf verschiedenen Zeitrahmen, Relative Strength Index (RSI), MACD sowie Volumenprofile. Ein Überschreiten zentraler gleitender Durchschnitte mit Bestätigung durch Volumen könnte das bullische Bild stützen. Dagegen signalisiert ein RSI, der in überkauftes Terrain zurückkehrt, erhöhte Korrekturgefahr.
Mögliche Szenarien lassen sich wie folgt skizzieren:
- Bullisches Szenario: Fed signalisiert Ende der QT oder Zinssenkungen; BTC bricht über $111.5k aus, Volumen steigt; Nachfrage treibt Preis in Richtung $130k+. Saisonalität und On-Chain-Käufe verstärken Rallye.
- Neutral-Szenario: Seitwärtsbewegung innerhalb $107k–$111.5k; Trader nutzen Range-Trading; On-Chain-Daten zeigen keine klare Angebotsveränderung; Monat schließt leicht negativ oder neutral.
- Bärisches Szenario: Fed bleibt restriktiv oder makroökonomische Daten entmutigen Risikoanlagen; BTC fällt unter $107k; Darauffolgende Liquidationen und negative Funding-Raten verstärken Abschwung, Oktober wird rot.
Jedes Szenario hat unterschiedliche Wahrscheinlichkeiten und erfordert unterschiedliche Handelsansätze: Scalping und Range-Trading in Phase 2, Trendfolgestrategien bei Szenario 1 und striktes Risiko-Management sowie Absicherungen bei Szenario 3.
Strategische Überlegungen für Anleger
Langfristige Anleger sollten sich nicht von kurzfristiger Volatilität aus der Strategie bringen lassen, sondern die Position im Kontext von Zielallokation, Zeithorizont und Risikotoleranz bewerten. Dollar-Cost-Averaging (DCA) kann in volatilen Phasen helfen, das Timing-Risiko zu reduzieren. Gleichzeitig ist es wichtig, Liquiditätsreserven zu halten, um von attraktiven Rücksetzern profitieren zu können.
Für aktivere Marktteilnehmer kann ein gestaffeltes Entry- und Exit-Plan nützlich sein. Beispielsweise können Teilpositionen bei bestätigten Breakouts aufgestockt werden, während Schwächephasen genutzt werden, um günstiger nachzukaufen oder Gewinnmitnahmen umzusetzen. Diversifikation über Krypto- und traditionelle Assets hinweg bleibt ein gängiges Mittel zur Risikoabsicherung.
Institutionelle Akteure beobachten zudem regulatorische Entwicklungen. Änderungen in der regulatorischen Landschaft, etwa Klarstellungen zu Spot-Bitcoin-ETFs, Verwahrung oder Besteuerung, können strukturelle Nachfragetrends auslösen. Anleger sollten diese Faktoren in ihre Analyse integrieren, da sie mittel- bis langfristig bedeutsame Preisfaktoren darstellen.
Fazit
Uptober bleibt vorerst offen. Saisonalität und eine potenziell marktbewegende Fed-Entscheidung bieten Chancen für eine Erholung, doch die aktuelle Preisaktion macht Bitcoin anfällig für einen historisch schwachen Monat, wenn die Bullen keinen späten Umschwung hinbekommen. Marktteilnehmer sollten ein enges Auge auf Preiszone $107k–$111.5k, monatliche Schlusskurse, On-Chain-Liquidität, Derivate-Funding sowie makroökonomische Signale legen.
Kurzfristig besteht die Möglichkeit, dass positive Fed-Kommentare oder überraschend starke Zuflüsse in Krypto einen schnellen Richtungswechsel auslösen. Langfristig bleibt Bitcoin jedoch von fundamentalen Faktoren wie Adoption, Angebotsverknappung durch Halving-Effekte und institutionellem Interesse abhängig. Wer eine klare Strategie hat, diszipliniert bleibt und Risiko-Management priorisiert, ist besser positioniert, um sowohl Chancen als auch Risiken in diesem ungewissen Uptober-Umfeld zu managen.
Quelle: cointelegraph
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