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Das Quanten-Vakuum erforscht: Licht aus dem 'Nichts' erzeugen

Das Quanten-Vakuum erforscht: Licht aus dem 'Nichts' erzeugen

2025-06-16
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Das Quanten-Vakuum erforschen: Licht aus dem "leeren" Raum hervorrufen

Wissenschaftler haben einen bedeutenden Fortschritt in der Quantenphysik erzielt, indem sie mittels komplexer Computersimulationen zeigen konnten, dass sich echtes Licht aus dem Vakuum mithilfe extrem starker Laser erzeugen lässt. Diese Forschung, ein gemeinsames Projekt der Universität Oxford und der Universität Lissabon, liefert neue Erkenntnisse darüber, wie Licht und Materie aus scheinbarem Nichts entstehen können und stellt unser grundlegendes Verständnis der Quanten-Elektrodynamik (QED) infrage.

Wissenschaftlicher Kontext: Die Quantenstruktur des leeren Raumes

Klassisch wird das Vakuum als vollkommen leer betrachtet. Die Quantenfeldtheorie hingegen offenbart, dass der Raum keineswegs leer ist – vielmehr ist er ein dynamisches Feld, durchsetzt von kurzlebigen „virtuellen Teilchen“, die beständig entstehen und wieder verschwinden. Diese Quantenfluktuationen gehen auf allgegenwärtige Energiefelder zurück, die sämtliche Wechselwirkungen im Universum und das Verhalten der elektromagnetischen Felder steuern – zentrale Grundlagen für Licht und Photonen. Physiker vermuten schon lange, dass diese virtuellen Teilchen unter extremen Bedingungen reale Phänomene wie echte Photonen hervorrufen können.

Simulation des Unmöglichen: Der Einsatz ultraintensiver Laser

Um dieses Phänomen näher zu beleuchten, nutzten die Forscher einen semi-klassischen Gleichungslöser – ein numerisches Werkzeug, das Quanten-Effekte in drei Dimensionen und in Echtzeit simuliert. Ihr Modell untersuchte, was geschieht, wenn drei exakt ausgerichtete, extrem starke Laserpulse – jeder mit einer Leistung von mehreren Petawatt in winzigen Zeitspannen – im Vakuum aufeinandertreffen. Die Simulationen prognostizierten den Prozess des Four-Wave-Mixing: Die gezielte Überlagerung der drei Laserstrahlen erzeugt ein so starkes elektromagnetisches Feld, dass das Quanten-Vakuum verändert wird und virtuelle Photonen als tatsächlich messbarer vierter Lichtstrahl erscheinen.

„Das ist nicht bloß ein theoretisches Gedankenspiel – es ist ein entscheidender Schritt zur experimentellen Bestätigung von Quanteneffekten, die bislang größtenteils theoretisch waren“, erläutert Professor Peter Norreys, Physiker an der Universität Oxford und führendes Mitglied des Forschungsteams. Die Ergebnisse heben lang bestehende Theorien auf eine neue, greifbare Ebene und deuten darauf hin, dass bislang kaum nachweisbare Quantensignaturen künftig experimentell untersucht werden könnten.

Four-Wave-Mixing und Photonen-Photonen-Streuung: Neue Physik erschließen

Im Zentrum der Studie steht das Phänomen der Photonen-Photonen-Streuung über Four-Wave-Mixing. Unter normalen Bedingungen interagieren Lichtteilchen – Photonen – nicht miteinander. Die Quanten-Elektrodynamik prognostiziert jedoch, dass Photonen bei ausreichender Energie, wie sie durch das elektromagnetische Feld überlappender, hochintensiver Laser erzeugt werden, durchaus miteinander streuen können. Seit Jahrzehnten versuchen Physiker, diesen Effekt experimentell direkt zu beobachten – bislang jedoch ohne eindeutigen Erfolg.

Die Erstautorin Zixin Zhang beschreibt: „Indem wir unser Modell auf ein Streuungs-Experiment mit drei Laserstrahlen angewandt haben, konnten wir sämtliche Quantensignaturen erfassen und erhielten detaillierte Einblicke in die Wechselwirkungsregion sowie die relevanten Zeitabläufe.“ Die Simulationen bestätigen theoretische Erwartungen, liefern aber zugleich präzise Parameter für künftige Experimente und könnten so den Weg für Durchbrüche in der Quantenoptik und der Vakuumphysik ebnen.

Aktuelle Forschungsfronten und Zukunft der Hochleistungslaser-Experimente

Obwohl die neuen Erkenntnisse aktuell auf Simulationen beruhen, steht die Entwicklung modernster Lasertechnologie vor einer spannenden neuen Ära experimenteller Quantenforschung. Die Extreme Light Infrastructure (ELI) in Rumänien beherbergt bereits die weltweit stärksten Hochleistungslaser mit durchschnittlich 10 Petawatt in ultra-kurzen Pulsen. In den USA arbeitet das EP-OPAL-Projekt der University of Rochester an Lasern mit 25 Petawatt, um gezielt Experimente zur Photonen-Photonen-Streuung durchzuführen. In China plant die Shanghai High repetition rate X-ray Free Electron Laser and Extreme Light Facility (SHINE) bahnbrechende 100 Petawatt mithilfe der Freie-Elektronen-Laser-Technologie.

Das Besondere an diesen Experimenten ist, dass ausschließlich reine Photonenstrahlen eingesetzt werden, um die notwendigen intensiven elektromagnetischen Felder zu erzeugen. Dadurch werden Störeinflüsse durch andere Teilchen minimiert. Solch kontrollierte Bedingungen könnten den bisher klarsten Nachweis ermöglichen, dass Licht spontan aus einem Vakuum entstehen kann – und damit belegen, dass tatsächlich „etwas“ aus dem vermeintlichen Nichts hervorgehen kann.

Fazit

Diese wegweisende Simulation bringt beispiellose Klarheit in eine der faszinierendsten Quanten-Vorhersagen: Licht kann durch das Wechselspiel extrem starker Laserstrahlen aus dem Vakuum erschaffen werden, und macht damit aus Theorie ein überprüfbares Experiment. Mit immer leistungsfähigeren Laseranlagen rückt die Aussicht, das Entstehen von Licht aus dem Quanten-Vakuum direkt beobachten zu können, in greifbare Nähe. Das könnte unser Verständnis von Raum, Energie und dem Gefüge des Universums nachhaltig verändern.

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