Tiefseewurm mineralisiert Arsen zu Orpiment: neue Entgiftungsstrategie an Hydrothermalquellen

Tiefseewurm mineralisiert Arsen zu Orpiment: neue Entgiftungsstrategie an Hydrothermalquellen

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Eine neu beschriebene Entgiftungsstrategie ermöglicht es einem Tiefseewurm, in einigen der chemisch lebensfeindlichsten Lebensräume unseres Planeten zu gedeihen. Forscher unter Leitung von Chaolun Li am Institute of Oceanology der Chinesischen Akademie der Wissenschaften berichten, dass der Röhrenwurm Paralvinella hessleri Arsen anreichert und dieses dann mit Sulfid verbindet, um winzige Ablagerungen des gelben Minerals Orpiment in seinen Hautzellen zu bilden. Die Studie, veröffentlicht am 26. August 2025 im Open-Access-Journal PLOS Biology, beschreibt mikroskopische, genetische und chemische Analysen, die zeigen, wie dieser „Gift mit Gift bekämpfen“-Mechanismus das Überleben an Hydrothermalquellen ermöglicht.

Kontext der Hydrothermalquellen und biologische Herausforderung

Hydrothermalquellen sind Spalten auf dem Meeresboden, aus denen mineralreiche, überhitzte Flüssigkeiten austreten. Diese Ausströmungen sind weltweit bedeutende Hotspots chemischer Energie und tragen einzigartige Ökosysteme aus Bakterien, Würmern, Schnecken und anderen wirbellosen Tieren. Die Quellenflüssigkeiten enthalten jedoch auch gefährliche Verbindungen wie Schwefelwasserstoff und gelöste Metalle, darunter Arsen. Im westlichen Pazifik besiedelt Paralvinella hessleri die heißesten und chemisch intensivsten Zonen, in denen sich Arsen in den Geweben des Wurms anreichern kann — manchmal über 1 % der Körpermasse.

Zu verstehen, wie Tiere an Hydrothermalquellen solche Konzentrationen tolerieren, gibt Aufschluss über größere Fragen zur Physiologie von Extremophilen, zum Elementkreislauf am Meeresboden und zu den evolutiven Strategien, mit denen Organismen toxische Umgebungen bewältigen.

Methoden der Studie und Entdeckung

Li und Kolleginnen und Kollegen kombinierten hochauflösende Elektronen- und Lichtmikroskopie mit DNA-, Protein- und chemischen Analysen, um die Verteilung und den chemischen Zustand von Arsen in P. hessleri nachzuverfolgen. Spektroskopische Methoden, einschließlich Raman-Analysen, waren entscheidend, um die Natur der gelben intrazellulären Granulate zu charakterisieren, die die Forschenden unter dem Mikroskop beobachteten. Diese kugeligen, leuchtend gefärbten Granulate erwiesen sich als Mineralkonglomerate von Orpiment (Arsensulfid, As2S3).

Wie die Reaktion abläuft

Das Team vermutet, dass Arsen, das aus den Quellenflüssigkeiten aufgenommen wird, in den Epidermiszellen als partikuläre Materie oder Konjugate eingelagert wird. Dort fördert die Exposition gegenüber dem reichlich vorhandenen Sulfid aus den umgebenden Quellenflüssigkeiten — und möglicherweise auch biochemisch intern bereitgestelltem Sulfid — die Bildung von Orpimentkristallen. Durch die Umwandlung von gelöstem oder reaktivem Arsen in eine unlösliche Mineralphase reduziert der Wurm so effektiv die Bioverfügbarkeit und die unmittelbare Toxizität des Elements.

Wesentliche Ergebnisse und Bedeutung

Die Identifikation intrazellulärer Orpimentablagerungen stellt einen neuartigen Entgiftungsweg für ein Metazoen dar. Frühere Berichte dokumentierten erhöhtes Arsen in verwandten hydrothermalen Anneliden und einigen Quellen-Gastropoden; diese Studie deutet darauf hin, dass die Mineralisierung zu Arsensulfid eine weiter verbreitete Strategie unter der Fauna von Hydrothermalquellen sein könnte. Die Mineralbindung verändert, wie Arsen in Quellenökosystemen zirkuliert, und kann Räuber-Beute-Beziehungen, die langfristige Speicherung toxischer Elemente in Biomasse sowie die geochemische Signatur von Quellenablagerungen beeinflussen.

Der Mitautor Hao Wang beschrieb die visuelle Wirkung der Entdeckung: Das lebhafte Gelb der Würmer auf einem ROV-Monitor vor weißen Biofilmen und dunklem Quellgestein hob sowohl ihr auffälliges Erscheinungsbild als auch die extreme Umgebung hervor, die sie bewohnen. Das Team bemerkte außerdem die interessante kulturelle Resonanz, die Orpiment — historisch als goldener Farbstoff in der mittelalterlichen und Renaissance-Malerei verwendet — mit diesem biologischen Prozess hat.

Experteneinschätzung

Dr. Elena Morales, Meeresbiogeochemikerin am Ocean Chemistry Institute (fiktiv), kommentiert: „Diese Studie verbindet Zellbiologie und Geochemie. Die Fähigkeit, Orpiment intrazellulär zu präzipitieren, bietet nicht nur einen Entgiftungsweg, sondern deutet auch darauf hin, dass Quellenorganismen gelöste Giftstoffe aktiv umwandeln und stabilisieren können. Das wirft spannende Fragen zu den genetischen Wegen auf, die der Metallverarbeitung bei Extremophilen zugrunde liegen, und zu möglichen biotechnologischen Anwendungen in der Bioremediation.“

Zukünftige Forschungsrichtungen und Technologien

Folgearbeiten werden versuchen, die molekularen Transporter und Enzyme zu identifizieren, die die Arsenaufnahme, den Sulfidumsatz und die Mineralnukleation vermitteln. Fortgeschrittene In-situ-Probenahme mit ROVs, kombiniert mit Einzelzellsequenzierung und nanoskaliger chemischer Bildgebung, wird klären, ob die Mineralisierung passiv oder biologisch reguliert ist. Mögliche Anwendungen reichen bis zum Biomining und zur gezielten Bioremediation: Organismen, die lösliche Giftstoffe in stabile Mineralformen überführen, könnten neue Ansätze zur Sanierung kontaminierter Gewässer inspirieren.

Schlussfolgerung

Paralvinella hessleri zeigt eine bislang unbekannte biologische Strategie: die intrazelluläre Mineralisierung von Arsen mit Sulfid zur Bildung von Orpiment. Dieser Mechanismus reduziert die unmittelbare Toxizität und ermöglicht Leben in arsen- und sulfidhaltigen Hydrothermalquellen. Der Befund verändert unser Verständnis darüber, wie marine Wirbellose mit toxischen Elementen interagieren, und hebt die Tiefsee als Quelle neuartiger biochemischer Lösungen für extreme Umweltprobleme hervor.

Quelle: sciencedaily

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