Dormante Tumorzellen gezielt bekämpfen gegen Rezidive

Dormante Tumorzellen gezielt bekämpfen gegen Rezidive

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Das Wiederauftreten von Brustkrebs bleibt eine große klinische Herausforderung: Ungefähr 30 Prozent der Patientinnen, deren Erstbehandlungen erfolgreich sind, erleiden einen Rückfall, was weltweit schätzungsweise 685.000 Todesfälle pro Jahr zur Folge hat. Eine aktuelle translationale Studie unter Leitung von Forschenden der University of Pennsylvania schlägt eine neue Präventionsstrategie zur Rezidivprävention vor, die ruhende Tumorzellen (DTCs) aufspürt und eliminiert — Zellen, die eine Erstbehandlung überdauern und später ein Rezidiv auslösen können.

Anstatt sich nach der Primärbehandlung allein auf Überwachung zu verlassen, testeten die Forschenden aktive medikamentöse Interventionen, die die Ursachen von Rezidiven anpacken — Zellen, die im Knochenmark und anderen Geweben im niedrigaktiven Zustand überdauern. Der Übergang von passiver Beobachtung zu gezielter Eliminierung könnte die Nachsorge verändern, falls größere Studien die ersten Ergebnisse bestätigen.

Studienaufbau und zentrale Ergebnisse

In präklinischen Mausmodellen und einer Frühphase-Studie am Menschen untersuchte das Team zwei Wirkstoffe, die durch jüngste molekulare Arbeiten zur DTC-Biologie begründet sind: Hydroxychloroquin, ein etabliertes Medikament bei Autoimmunerkrankungen, und Everolimus, ein mTOR-Inhibitor, der bereits in einigen Krebstherapien eingesetzt wird. Die Forschenden wählten 51 Personen aus, die zuvor wegen Brustkrebs behandelt worden waren und positiv auf DTCs getestet hatten.

In Humanstudien und Tierversuchen (hier gezeigt) verringerte die Behandlung das Risiko eines Wiederauftretens. (DeMichele et al., Nat. Med., 2025)

Allein jeweils eines der Medikamente beseitigte bei einigen Teilnehmenden bis zu 80 Prozent der nachweisbaren ruhenden Zellen. In Kombination entfernten die beiden Substanzen 87 Prozent der DTCs über die Kohorte hinweg. Klinisch war der Unterschied bemerkenswert: Jede Teilnehmerin, die die Kombination erhielt, blieb über drei Jahre ohne nachweisbares Rezidiv, während die Teilnehmenden mit einem einzelnen Wirkstoff eine dreijährige rezidivfreie Rate von etwa 92–93 Prozent aufwiesen.

Maussmodelle spiegelten diese Effekte wider und ermöglichten es den Forschenden, Mechanismen zu untersuchen. Die Daten deuten darauf hin, dass DTCs eine andere Biologie aufweisen als aktiv wachsende Tumorzellen und dass Wirkstoffe, die gegen proliferierende Tumoren unwirksam sind, dennoch diese sogenannten Schläferzellen deaktivieren oder beseitigen können.

Biologischer Kontext und Sicherheitsaspekte

Dormante Tumorzellen sind Krebszellen, die eine Erstbehandlung überstanden haben und in einen reversiblen, nichtproliferativen Zustand eingetreten sind. Sie können jahrelang in Nischen wie dem Knochenmark persistieren und entziehen sich Behandlungen, die auf Zellteilung abzielen. Molekulare Studien beginnen, Überlebenswege von DTCs aufzudecken, darunter Autophagie und mTOR-Signalwege — Pfade, die Hydroxychloroquin und Everolimus beeinflussen können.

Obwohl die frühen Ergebnisse vielversprechend sind, müssen Sicherheit und breitere Anwendbarkeit geklärt werden. Hydroxychloroquin birgt Risiken, darunter retinale Toxizität bei Langzeitanwendung; Everolimus kann die Immunfunktion unterdrücken und hat metabolische Nebenwirkungen. Größere randomisierte Studien sind erforderlich, um optimale Dosierung, Kombinationen, Behandlungsdauer und Patientenselektion zu definieren. Nicht jede Brustkrebspatientin trägt DTCs, daher werden genaue, reproduzierbare Tests zur Detektion dieser Zellen entscheidend sein, um Therapien gezielt denen anzubieten, die am meisten profitieren.

Folgen für Therapie und Forschung

Würden sich die Ergebnisse in größeren Kohorten reproduzieren, könnte das aktive Ansprechen von DTCs die Standardprotokolle nach der Behandlung von abwartendem Beobachten hin zur proaktiven Eliminierung minimaler Residualerkrankung verschieben. Die Verringerung von Rezidivraten hätte direkte Auswirkungen auf Mortalität, Langzeitmorbidität und die psychische Belastung von Überlebenden. Die Ergebnisse betonen auch den Wert, bei der Entwicklung von Anti-Rezidiv-Strategien nicht nur schnell teilende Tumorzellpopulationen, sondern auch ihre dormanten Gegenstücke zu berücksichtigen.

Als nächste Schritte nennen die Autorinnen und Autoren erweiterte klinische Studien mit mehr Teilnehmenden, die Erforschung alternativer Kombinationen, die wirksamer oder besser verträglich sein könnten, und die Verfeinerung molekularer Diagnostika, um DTC-positive Patientinnen zuverlässig zu identifizieren.

Fachliche Einschätzung

Dr. Maya Patel, eine klinische translationale Forscherin, die nicht an der Studie beteiligt ist, kommentierte: "Diese Arbeit ist ein wichtiges Beispiel dafür, wie mechanistische Erkenntnisse zur Krebsdormanz in einen testbaren therapeutischen Ansatz übersetzt werden können. Die Herausforderung besteht nun darin, den Nutzen in verschiedenen Patientinnenpopulationen nachzuweisen und sicherzustellen, dass die Behandlungen mehr Gutes als Schlechtes bewirken, wenn sie Menschen gegeben werden, die ansonsten möglicherweise krankheitsfrei bleiben würden." Sie fügte hinzu, dass verbesserte Methoden zur DTC-Detektion entscheidend sein werden, um solche Behandlungen praktisch in die Routineonkologie zu integrieren.

Fazit

Die gezielte Bekämpfung dormant­er Tumorzellen stellt ein vielversprechendes neues Feld zur Verhinderung von Brustkrebsrezidiven dar. Frühdaten aus Human- und Tierstudien deuten darauf hin, dass Wirkstoffe wie Hydroxychloroquin und Everolimus — insbesondere in Kombination — nachweisbare DTCs deutlich reduzieren und kurzfristige Rezidivraten senken können. Robuste, größere randomisierte Studien und verbesserte Diagnostika sind nötig, um Wirksamkeit zu bestätigen, die Sicherheit zu klären und festzulegen, wie dieser Ansatz in die standardisierte Nachsorge integriert werden könnte, um die langfristige Sterblichkeit durch Brustkrebs zu verringern.

Quelle: sciencealert

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