8 Minuten
Würzen, um Kalorien zu reduzieren: eine kompakte Zusammenfassung
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Penn State fanden heraus, dass leicht schärfere Mahlzeiten dazu führen, dass Menschen langsamer essen und insgesamt weniger zu sich nehmen.
In einer kontrollierten Laborstudie des Sensory Evaluation Center der Penn State wurde untersucht, ob moderate Steigerungen des oralen Brennens — jenes prickelnd-wärmende Empfinden, das durch Chilischoten und ähnliche Zutaten ausgelöst wird — das Essverhalten und die verzehrte Energiemenge während einer Mahlzeit verändern. Das Forscherteam stellte fest, dass leicht stärker gewürzte Gerichte das Tempo der Mahlzeit verlangsamten und die Gesamtmenge an Nahrung und Energie verringerten, während Geschmacksempfinden und das Sättigungsgefühl nach der Mahlzeit weitgehend unverändert blieben. Diese Ergebnisse deuten auf eine kostengünstige, verhaltensbasierte Strategie zur Reduktion der Kalorienaufnahme hin, die sich für Portionskontrolle und Interventionen in der Verhaltensernährung eignen könnte.
Versuchsaufbau und methodisches Vorgehen

Die Studienteilnehmenden probierten Mahlzeiten, bei denen das Schärfelevel kontrolliert wurde, indem bewusst das Verhältnis von scharfem zu süßem Paprika variiert wurde, um die Hitze zu verändern, während der Chiligeschmack konstant blieb. Credit: Patrick Mansell / Penn State
Die Forschenden führten drei miteinander verbundene Experimente mit insgesamt 130 erwachsenen Teilnehmenden durch. Jede Person bekam eines von zwei populären Mittagsgerichten serviert — Rindfleisch-Chili oder Chicken Tikka Masala — jeweils in zwei Zubereitungsvarianten: mild und scharf. Um die Schärfe gezielt zu beeinflussen, ohne den Gesamtgeschmack der Chili anzupassen, veränderte das Team das Verhältnis von scharfem zu süßem Paprika in den Rezepturen und nutzte getrocknete Chilischoten, um eine kontrollierte Zunahme des oralen Brennens zu erzeugen (als Proxy für das capsaicin-vermittelte Schärfeempfinden).
Das Essverhalten wurde in hochauflösendem Video aufgezeichnet, sodass die Forschenden präzise Parameter der oralen Verarbeitung quantifizieren konnten: Gramm verzehrte Nahrung, Gesamtdauer der Mahlzeit, Essgeschwindigkeit (Gramm pro Minute), Bissgröße, Bissfrequenz und Wasseraufnahme. Zusätzlich bewerteten die Teilnehmenden ihr Hungergefühl, die Gefallenseinschätzung und die wahrgenommene Schärfe sowohl vor als auch nach der Mahlzeit. Diese Kombination aus objektiven Messungen und subjektiven Ratings ermöglichte eine umfassende Analyse von Verhalten und Wahrnehmung.
Methodisch legte das Team großen Wert auf Standardisierung: Portionen wurden gewogen, Rezepturen genau dokumentiert und Versuchsbedingungen möglichst konstant gehalten (z. B. Raumtemperatur, Präsentation der Speisen, Instruktionen an die Teilnehmenden). Solche Kontrollen sind wichtig, um Störvariablen wie Portionswahrnehmung, visuelle Reize oder soziale Einflüsse auf das Essverhalten auszuschließen und die Effekte tatsächlich der veränderten oralen Schärfe zuzuschreiben.
Wesentliche Ergebnisse: langsameres Essen, geringere Kalorienaufnahme, gleiche Akzeptanz

Ein Forscherteam der Penn State stellte fest, dass eine moderate Erhöhung der Schärfe mithilfe getrockneter Chilischoten das Essverhalten verlangsamte und sowohl die verzehrte Nahrungsmenge als auch die Energieaufnahme während einer Mahlzeit reduzierte — und das, ohne die Sensorik oder Akzeptanz der Gerichte signifikant zu beeinträchtigen. Die Studie wurde geleitet von Paige Cunningham, abgebildet, einer Postdoktorandin, die 2023 ihren Doktortitel in Ernährungswissenschaften an der Penn State erwarb. Credit: Patrick Mansell / Penn State
Über alle Experimente hinweg zeigten die schärferen Varianten der Mahlzeiten eine verringerte Essgeschwindigkeit und führten zu niedrigeren Gesamtgramm- und Kilokalorienwerten im Vergleich zu den geschmacklich vergleichbaren milden Varianten. Von besonderer Bedeutung war, dass diese Reduktionen auftraten, ohne dass die Teilnehmenden ihre Vorliebe für das Essen als geringer einschätzten. Die Appetitbewertungen vor und nach der Mahlzeit unterschieden sich kaum zwischen den milden und scharfen Bedingungen, was darauf hindeutet, dass die Teilnehmenden bei den schärferen Mahlzeiten trotz geringerer Energieaufnahme ein vergleichbares Sättigungsgefühl erreichten.
Die Autorinnen und Autoren weisen darauf hin, dass ein erhöhter Wasserkonsum nicht der ausschlaggebende Faktor war — die Probandinnen und Probanden tranken bei schärferen Mahlzeiten nicht signifikant mehr —, was nahelegt, dass die Hauptursache in veränderten oralen Verarbeitungsprozessen liegt. Ein langsameres Esstempo bedeutet, dass Nahrung länger im Mund verbleibt, wodurch die sensorische Exposition steigt und physiologische sowie kognitive Signale für Sättigung schneller oder stärker ausgelöst werden. Dies steht im Einklang mit früheren Studien, die zeigten, dass eine Verlängerung der oralen Verarbeitung und Reduzierung der Essgeschwindigkeit die Nahrungsaufnahme senken kann.
Aus verhaltenswissenschaftlicher Sicht sind diese Mechanismen plausibel: Längere orosensorische Stimulation (Geruch, Geschmack, Textur, Schärfe) kann afferente Signale über vagale und andere neuronale Wege beeinflussen, die wiederum hormonelle Reaktionen (z. B. Freisetzung von Peptiden wie PYY oder GLP-1) und subjektive Sättigungsempfindungen modulieren. Während die Studie diese biologischen Marker nicht direkt gemessen hat, passen die beobachteten Verhaltensänderungen gut zu diesem multimodalen Modell von Nahrungsaufnahme und Sättigung.
Folgen für Lebensmittelwissenschaft und verhaltensorientierte Ernährung
John Hayes, Professor für Lebensmittelwissenschaft und Korrespondenzautor der Publikation, interpretierte die Ergebnisse als mögliche Strategie zur Portionskontrolle: "Dies deutet darauf hin, dass zugesetzte Chilischoten eine Möglichkeit darstellen könnten, das Risiko einer übermäßigen Energiezufuhr zu verringern", sagte er. "Wenn Sie das nächste Mal ein bisschen weniger essen möchten, versuchen Sie, einen kleinen Schub an Chilischoten hinzuzufügen — das könnte Sie verlangsamen und beim Reduzieren der aufgenommenen Menge helfen."
Paige Cunningham, die Erstautorin der Studie, betonte den experimentellen Aufwand, der nötig war, um die Schmackhaftigkeit der Rezepte beizubehalten: "Die Formulierung der Rezepte, besonders beim Chicken Tikka, hat viel Zeit in Anspruch genommen. Wir haben wiederholt angepasst, bis wir ein Niveau erreicht hatten, bei dem die Akzeptanz trotz erhöhter Schärfe vergleichbar war." Der methodische Ansatz des Teams zeigt, wie sensorische Bewertung und sorgfältige Rezeptgestaltung dazu genutzt werden können, die Effekte des oralen Brennens (capsaicin-getriebenes Empfinden) von Präferenzunterschieden zu trennen.
Für Praktikerinnen und Praktiker in der Ernährungsberatung sowie für Konsumentinnen und Konsumenten ergeben sich pragmatische Empfehlungen: Eine moderate Beimischung von Schärfe kann dazu beitragen, Portionsgrößen zu reduzieren, ohne den Genuss deutlich zu schmälern. Für Lebensmittelwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler eröffnet die Studie das Konzept von oralem Brennen als verhaltenswirksamen Hebel, der die Mikrostruktur des Essens (Bissgröße, Bissfrequenz, orale Verarbeitung) verändert und damit die Energieaufnahme steuert.
Darüber hinaus hat die Arbeit Bedeutung für Produktentwicklung und Lebensmittelinnovation. Hersteller könnten Produktlinien mit leicht erhöhter, konsistenter Würze entwickeln, die darauf abzielen, das Esstempo zu modulieren und damit die Sättigung pro Portion zu erhöhen. Solche Reformulierungen müssen allerdings in Marktstudien auf Akzeptanz geprüft werden, da kulturelle Präferenzen für Schärfe stark variieren. Ebenso ist Vorsicht geboten bei Bevölkerungsgruppen, die empfindlicher auf Schärfe reagieren oder gesundheitliche Einschränkungen haben (z. B. gastrointestinale Beschwerden), sodass individualisierte Empfehlungen sinnvoll erscheinen.
Expertinnen- und Experteneinschätzung
"Diese Studie verknüpft auf elegante Weise sensorische Stimulation mit messbaren Verhaltensänderungen", kommentierte Dr. Maria López, eine Verhaltensernährungswissenschaftlerin (fiktiv) mit Expertise in Sättigung und sensorischen Treibern der Nahrungsaufnahme. "Sie zeigt, dass subtile Veränderungen in der Schärfe — nicht extreme Hitze — unser Essverhalten beeinflussen können. Das macht den Ansatz praxisnäher für den Alltag und für Produktreformulierung."
Dr. López wies darauf hin, dass zukünftige Untersuchungen die langfristige Akzeptanz testen sollten, verschiedene Küchenstile einbeziehen müssten und Effekte in Bevölkerungsgruppen mit unterschiedlichen kulturellen Präferenzen für Schärfe geprüft werden sollten. Weitere Forschung könnte zudem physiologische Marker der Sättigung, Langzeiteffekte auf Körpergewicht und das Zusammenspiel mit anderen sensorischen Modalitäten (z. B. Textur, Aroma) messen, um ein vollständigeres Bild der Wirkmechanismen zu erhalten.
Zusätzlich empfiehlt sie Studien, die Variationen in individueller Empfindlichkeit gegenüber Capsaicin berücksichtigen — genetische Unterschiede in Schärfewahrnehmung (z. B. Varianten in TRPV1-Rezeptoren), vorangegangene Gewöhnungseffekte und kulturelle Gewohnheiten könnten die Wirksamkeit dieser Strategie beeinflussen. Solche Differenzierungen sind wichtig, um personalisierte Empfehlungen ableiten zu können.
Fazit
Die Experimente der Penn State legen nahe, dass moderate Erhöhungen des oralen Brennens, hervorgerufen durch getrocknete Chilischoten, das Esstempo und die gesamte Energieaufnahme verringern können, ohne die Genussqualität der Mahlzeiten merklich zu beeinträchtigen. Indem sie die orale Verarbeitung verändern, kann milde Schärfe ein praxisnahes Instrument zur Portionskontrolle sein und bietet eine interessante Fragestellung für künftige Forschung in den Bereichen sensorische Ernährung, Produktentwicklung und gesundheitspolitische Strategien zur Reduzierung übermäßiger Energiezufuhr.
Insgesamt liefern die Befunde eine gut begründete, evidenzbasierte Grundlage dafür, wie sensorische Modulation — in diesem Fall mittels gezielter Schärfe — die Mikrostruktur des Essens verändert und so zu einer geringeren Kalorienaufnahme führen kann. Die Implikationen reichen von praktischen Empfehlungen für die tägliche Ernährung bis hin zu Ideen für die Entwicklung neuer Lebensmittelprodukte, die Genuss und Portionskontrolle zusammenbringen. Langfristige Studien, breitere demografische Stichproben und Messungen physiologischer Sättigungsmarker würden die Aussagekraft weiter stärken und helfen, diese Strategie verantwortungsvoll und zielgruppenspezifisch anzuwenden.
Quelle: scitechdaily
Kommentare