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Olivia Colman wird eine ungewöhnliche neue Romanze mit dem Titel Wicker anführen. Die Besetzung, die sich um sie versammelt hat, deutet auf einen Film hin, der gleichermaßen verstörend, verspielt und eigenständig sein will. Alexander Skarsgård, Peter Dinklage und Elizabeth Debicki haben sich dem Projekt angeschlossen, das die Filmemacher Alex Huston Fischer und Eleanor Wilson aus der Kurzgeschichte von Ursula Wills‑Jones, "The Wicker Husband", adaptiert haben. Die Dreharbeiten sind abgeschlossen, und die Branche richtet ihr Augenmerk bereits auf mögliche Festivalstrategien, Verleiherinteresse und darauf, welche Auswirkungen diese skurrile Liebesgeschichte auf die Karrieren der Beteiligten haben könnte.
Eine seltsame Liebesgeschichte — und ein gewagter Besetzungswechsel
Wicker wird als "verzerrte, unkonventionelle Romanze" beschrieben. Colman spielt eine Fischereifrau an der Küste — in frühen Berichten knapp als "stinkend, allein und ständig verspottet" charakterisiert —, die genug von kleinlichen Nachbarn und sozialer Ausgrenzung hat. Aus Frust beauftragt sie den Dorfkorbmacher, ihr einen Ehemann vollständig aus Weide und Korbgeflecht zu fertigen. Der handgefertigte Gefährte wird schnell zum Zentrum von Klatsch, Eifersucht und eskalierenden Konflikten. Die Prämisse erlaubt sowohl grotesken Humor als auch melancholische, beinahe fabelhafte Bilder; Regisseur:innen und Drehbuchautor:innen können so soziale Satire mit visueller Poesie verbinden.
Alexander Skarsgård übernahm eine Rolle, die ursprünglich mit Dev Patel angekündigt wurde, als Wicker 2023 erstmals bekanntgegeben wurde. Solche Besetzungsänderungen sind in mittelbudgetierten Indie‑Produktionen üblich, doch Skarsgårds Anwesenheit sendet ein Signal: Man sucht Schauspieler, die sowohl Verletzlichkeit als auch eine unterschwellige Bedrohlichkeit glaubhaft transportieren können. Seine jüngeren Projekte — darunter provokante Indie‑Filme und serielle Formate — zeigen eine Bandbreite, die dem Film hilft, sowohl arthouse‑Publikum als auch anspruchsvolle Kritiker anzusprechen. Diese Besetzung könnte Wicker stärker in die Diskussionen um künstlerisch ambitionierte Festivals rücken.
Peter Dinklage und Elizabeth Debicki bringen jeweils sehr unterschiedliche, aber komplementäre Energien ein. Dinklages ironische Präsenz kann Satire schärfen oder Mitgefühl vertiefen, während Debickis hochgewachsene, fast skulpturale Bildsprache auf der Leinwand oft einen eleganten Kontrast zu dunkleren Themen bildet. Zusammen mit Colman — die wiederholt ihre Fähigkeit bewiesen hat, sowohl intensive Dramen als auch breit angelegte Komik zu tragen — deutet die Besetzung auf einen Film hin, der grotesken Humor und eine leise, menschliche Mitte balanciert. Solche Konstellationen erhöhen die Chancen, dass der Film sowohl Publikum als auch Fachkritik erreicht.

Regie, künstlerische Herkunft und Tonalität
Die Regie führen Alex Huston Fischer und Eleanor Wilson, die das Drehbuch gemeinsam verfasst haben. Sie bauen auf dem Erfolg ihres Sundance‑Debüts von 2020, der Science‑Fiction‑Komödie Save Yourselves!, auf. Der Ton dieses früheren Films — kühn, leicht verschoben und stark charakterorientiert — ist ein verlässlicher Hinweis darauf, welche Sensibilität Wicker anstreben könnte: erzählerische Freiheiten kombiniert mit präzisem Figurenzeichnen. Fischer und Wilson sind für ihren Sinn für skurrile, aber emotional glaubhafte Geschichten bekannt, was gut zu einer Vorlage passt, die Folklore und intime Beziehungsdynamiken mischt.
Als Kameramann fungierte Lol Crawley, dessen Bildsprache häufig als üppig und taktil beschrieben wird. Crawley hat sich einen Ruf dafür erworben, materiellen Realismus und atmosphärische Dichte zu verbinden — zwei Eigenschaften, die in einem Film, der handwerkliche Objekte wie einen Korbmann in den Mittelpunkt rückt, besonders wirkungsvoll sein können. Erwartet werden moody Küstenlandschaften, feuchte Hauttöne, Wind und Salzspritzer sowie sehr nah gefilmte Makroaufnahmen von geflochtenen Fasern: technische Entscheidungen, die dem Kunsthandwerk auf der Leinwand eine beinahe greifbare Präsenz verleihen.
Vergleiche mit anderen Filmen sind unvermeidlich. Die Grundidee — ein künstlicher Partner aus Naturmaterialien, der eine Gemeinschaft auf den Kopf stellt — weckt Assoziationen an frankensteinhafte Mythen über Schöpfung und Verantwortung, während die seltsame, kreaturzentrierte Romanze an die fremdartige Intimität von Filmen wie The Shape of Water erinnert. Gleichzeitig rücken die Dorfkonstellation und die kultische Herstellung einer Figur Wicker in die Nähe britischer Folk‑Horror‑Klassiker wie The Wicker Man, auch wenn frühe Beschreibungen eher Romance und soziale Satire als reinen Horror betonen. Diese Mischung aus Genres kann das Publikum überraschen und Diskussionen über Genregrenzen anregen.
Branchenkontext: Produzenten, Finanzierung und Festivalperspektiven
Topic Studios und Tango finanzieren und produzieren Wicker gemeinsam mit mehreren weiteren Partnern, während Black Bear die internationalen Vertriebsrechte übernimmt. UTA Independent Film Group teilt sich die US‑Vertretung für den Verkauf mit CAA Media Finance — ein Vertriebsarrangement, das Vertrauen in das Festivalpotenzial und die anschließende weltweite Verbreitung signalisiert. Topic und Tango haben in den letzten Jahren immer wieder Titel in Cannes und Sundance platziert; ihre Kalender zeigen, dass sie gezielt Projekte fördern, die Mut zur besonderen Ästhetik und starke, charaktergetriebene Geschichten vereinen. Dieses Produktionsumfeld spricht für eine umfassende Festivalstrategie: erstmalige Präsentation auf etablierten Festivals, strategische Marktauftritte und anschließende Auswertung über arthouse‑Verleiher und VoD‑Plattformen.
Der Wechsel von Dev Patel zu Skarsgård spiegelt zudem einen verbreiteten Mechanismus in der Indie‑Finanzierung wider: Produzenten suchen nach Namen, die sowohl künstlerische Glaubwürdigkeit als auch Marktattraktivität mitbringen. Solche Attachments können Vorverkäufe erleichtern und das Interesse von Investoren erhöhen — ein praktischer Schritt für Projekte mittleren Budgets, die auf Sichtbarkeit bei Festivals und auf lukrative Auslandsverkäufe angewiesen sind. Für Medienvertreter und Branchenbeobachter ist das ein Indikator dafür, dass Wicker als ernstzunehmender Festival‑Kandidat gehandelt wird.
Was auf der Leinwand und dahinter zu erwarten ist
Erwartet werden starke haptische Elemente: Korbgeflecht als visuelles Symbol für Handwerk, Zerbrechlichkeit und das Unheimliche. Eine zentrale Frage bleibt die konkrete Ausgestaltung des "Ehemanns": Wird er als Marionette, als Kostüm, als mechanisches Exoskelett oder als Hybrid aus praktischer Arbeit und digitaler Nachbearbeitung realisiert? Frühberichte deuten auf eine handgemachte Herangehensweise hin; in Verbindung mit Crawleys Kameraarbeit sind detaillierte Nahaufnahmen von geflochtenen Fasern und der Haut der Darsteller ebenso wahrscheinlich wie Szenen, in denen Materialität und Emotion miteinander verschmelzen. Die praktische Effektauswahl kann auch Auswirkungen auf die Performance der Schauspieler:innen haben — die physische Präsenz eines puppenartigen Partners verändert Regieentscheidungen, Lichtsetzung und Schnitttempo.
Gleichzeitig bietet das Material Raum für scharfe Gesellschaftskommentare. Die Ausgrenzung der Fischereifrau und die Reaktion der Gemeinschaft auf ihre ungewöhnliche Entscheidung können als Fabel über Begehren, Konformitätsdruck und geschlechtsspezifische Erwartungshaltungen gelesen werden. Solche Themen erlauben subtile, aber wirkungsvolle Politisierung, ohne den Film auf eine einzige Lesart zu reduzieren. Colmans Fähigkeit, Pathos mit komischer Verletzlichkeit zu verbinden, deutet darauf hin, dass der Film emotionale Tiefe anstrebt und nicht nur auf schwarzen Humor setzt.
Die Filmkritikerin Anna Kovacs fasst die Erwartungslage prägnant zusammen: "Wicker scheint das Potenzial zu haben, zu einem dieser kleinen Filme zu werden, die nachhallen — Teil Parabel, Teil dunkle Komödie. Mit Colman im Zentrum und Skarsgård, Dinklage und Debicki an ihrer Seite wirkt der Film bereit, ein simples Märchenmotiv in etwas zeitgenössisch Merkwürdiges zu verwandeln." Solche Einschätzungen tragen zur frühen Kritikererwartung bei und könnten die Positionierung des Films bei Festivals beeinflussen.
Warum Cineast:innen und Festivals aufmerksam sein sollten
Wicker erscheint zu einer Zeit, in der Festivalprogramme und anspruchsvolles Publikum besonders offen für Genregrenzen überschreitende Liebesgeschichten und Hybridformen sind. Von A24s Trend zu provokativen, diskussionsanregenden Titeln bis zur anhaltenden Neugier an Folk‑Horror und Märchen‑Neuinterpretationen: Wicker bewegt sich in einem Umfeld, das sowohl experimentelle Narrative als auch starke visuelle Konzepte belohnt. Für Cineast:innen bietet der Film die Aussicht auf eine ungewöhnliche Mischung aus Folklore, Romantik und Sozialsatire — Elemente, die auf Festivalbühnen oft für lebhafte Diskussionen sorgen.
Über die Festivalhoffnungen hinaus ist Wicker für die Mitwirkenden ein attraktives Vehikel: Colman erhält erneut die Chance, eine prägnante Hauptrolle zu tragen; Skarsgård kann eine weitere nuancierte Performance zu einer bereits mutigen Auswahl an Rollen hinzufügen; Dinklage und Debicki erweitern ihr Portfolio um einen Titel, der sowohl Charakterstärke als auch komödiantische Präzision zeigen dürfte. Für Produzenten und Sales‑Agenten ist die Mischung aus Prominenz, einem augenfälligen Konzept und Produzenten mit Festivalerfahrung ein klarer Marktvorteil — Eigenschaften, die den Film für Einkäufer interessant machen.
Wenn Wicker die Erwartungen erfüllt, könnte er zu einem jener kleinen, eigenwilligen Filme werden, deren Reputation sich schrittweise über Festivalbuzz, Kritikerdebatten und Publikumsempfehlungen aufbaut — ein Film, der Essays, Fan‑Art und Diskussionen über Liebe, Künstlichkeit und Gemeinschaft inspiriert. Der Filmhistoriker Marko Jensen kommentiert: "Solche Filme lieben Festivals — eigenartig, menschlich und gebaut auf einer starken visuellen Idee. Findet er das richtige Publikum, kann er sich still zu einem kultischen Favoriten entwickeln."
Bis zur offiziellen Festivalankündigung und zu ersten Bilderserien bleibt abzuwarten, ob Wicker stärker in Richtung Märchen, Satire oder verstörender Romanze tendiert. Mit einer Besetzung, die kommerzielle Wiedererkennung und Arthaus‑Glaubwürdigkeit verbindet, und einem Kreativteam, das Erfahrung im sensiblen Ausbalancieren von Ton hat, formt sich Wicker bereits jetzt zu einem der spannendsten Indie‑Projekte der nahen Zukunft. Branchenbeobachter und Cineast:innen werden aufmerksam sein, sobald erste Festivaltermine, Trailer oder Standbilder veröffentlicht werden.
Quelle: variety
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