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UN-Klimabericht: Welt droht Pariser Klimaabkommen zu überschreiten

UN-Klimabericht: Welt droht Pariser Klimaabkommen zu überschreiten

2025-05-29
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UN-Klimabericht: Risiko eines Überschreitens der Pariser Klimaziele nimmt zu

Die globale Klimakrise erreicht eine kritische Phase. Ein neuer Klimabericht der Vereinten Nationen warnt, dass zwischen 2025 und 2029 mit einer Wahrscheinlichkeit von 70 Prozent die weltweite Durchschnittstemperatur den entscheidenden Grenzwert von 1,5°C über dem vorindustriellen Niveau überschreiten wird. Diese Ergebnisse, veröffentlicht von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), verstärken die wachsenden Sorgen führender Klimaforscher über die Fähigkeit der Menschheit, gefährliche Erderwärmung zu begrenzen und die Ziele des Pariser Abkommens von 2015 einzuhalten.

Ko Barrett, stellvertretende Generalsekretärin der WMO, erklärt: „Wir haben nun die zehn wärmsten Jahre seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt.“ Die aktuellen Prognosen bieten laut Barrett keinen Grund zur Entwarnung, sondern unterstreichen die zunehmenden Gefahren für wirtschaftliche Stabilität, Ökosysteme und das alltägliche Leben, falls die Erwärmung weiter zunimmt. Das Hauptziel des Pariser Klimaabkommens—den globalen Temperaturanstieg deutlich unter 2°C zu halten, idealerweise auf 1,5°C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit (1850–1900)—gerät zunehmend außer Reichweite.

Die wissenschaftliche Grundlage: Klimabenchmarks und Prognosen

Die 1,5°C-Grenze beruht auf umfangreichen wissenschaftlichen Erkenntnissen, die zeigen, dass ein Überschreiten dieses Werts schwerwiegende und möglicherweise irreversible Folgen hätte. Dazu zählen häufigere und stärkere Hitzewellen, Überschwemmungen, Dürren sowie das beschleunigte Abschmelzen von Gletschern und Polareis. Das Ziel bezieht sich auf die globale Durchschnittstemperatur vor der großflächigen Nutzung von Kohle, Öl und Gas—den Hauptverursachern von CO2-Emissionen.

Fünf-Jahres-Ausblick der WMO

Die aktuellen Modelle der WMO, entwickelt in Zusammenarbeit mit dem britischen Met Office und weiteren führenden Klimazentren, prognostizieren für die Jahre 2025 bis 2029 eine durchschnittliche globale Temperaturanomalie von 1,2°C bis 1,9°C über dem vorindustriellen Mittel. Besonders kritisch: Es besteht eine 70-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die 1,5°C-Schwelle in diesem Zeitraum erstmals über mehrere Jahre hinweg überschritten wird. Außerdem liegt die Wahrscheinlichkeit bei 80 Prozent, dass mindestens eines dieser Jahre ein neues globales Rekordjahr und damit 2024 als bisher wärmstes Jahr übertreffen wird.

Peter Thorne, Leiter der Climate Analysis and Research Units der Universität Maynooth, betont: „Diese Daten zeigen, dass wir kurz davor stehen, die 1,5°C-Grenze dauerhaft zu überschreiten—schon in wenigen Jahren könnte diese Wahrscheinlichkeit bei 100 Prozent liegen.“

Langfristige Klimatrends und Konsequenzen

Die langfristige Erwärmung wird anhand kombinierter Beobachtungen der letzten Jahrzehnte sowie Modellprognosen bewertet. Wie WMO-Klimadirektor Christopher Hewitt erläutert, existieren verschiedene methodische Ansätze, wobei unter Forschern noch Uneinigkeit über die beste Methode herrscht. Der derzeitige Konsens des Copernicus Climate Change Service der EU liegt bei einer Temperaturerhöhung von etwa 1,39°C seit Beginn der Industrialisierung. Die 1,5°C-Marke könnte somit bereits Mitte 2029 oder auch früher erreicht werden, abhängig von den globalen Emissionen und natürlichen Schwankungen.

Über 2°C Erwärmung erstmals im Bereich des Möglichen

Eine weitere alarmierende Entwicklung: Zum ersten Mal besteht eine (1-prozentige) Wahrscheinlichkeit, dass in den nächsten fünf Jahren mindestens ein Jahr um mehr als 2°C wärmer ausfällt als das vorindustrielle Niveau—ein Szenario, das früher als praktisch unmöglich galt. Adam Scaife vom Met Office kommentiert diese Prognose als „schockierend“ und warnt, dass die Risiken weiterer Überschreitungen steigen werden, falls keine drastische Reduktion der Emissionen erfolgt. Damit bewahrheiten sich frühe Warnungen, die einst als unwahrscheinlich galten, während die Welt an die Grenzen der Klimaforschung stößt.

Zunehmende Auswirkungen: Extremwetter und Gefahr für Ökosysteme

Jeder weitere Temperaturanstieg erhöht das Risiko extremer Wetterereignisse und das Risiko für Ökosysteme. Allein im vergangenen Jahr meldete die Erde neue Hitzerekorde: In China wurden Temperaturen über 40°C gemessen, die Vereinigten Arabischen Emirate erreichten nahezu 52°C und in Pakistan verursachten extreme Hitze und heftige Stürme zahlreiche Todesopfer. Zeitgleich führten schwere Überschwemmungen in Australien, Frankreich, Algerien, Indien, China und Ghana zu erheblichen Schäden, während Kanada mit verheerenden Waldbränden kämpfte.

Die renommierte Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial College London bezeichnet die aktuelle Erwärmung als „gefährlich“ und fordert einen sofortigen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen. Auch Davide Faranda vom französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung unterstreicht: „Die Wissenschaft ist eindeutig: Der einzige Weg zu einer stabilen Zukunft ist der drastische Rückgang fossiler Energiequellen und die beschleunigte globale Energiewende zu erneuerbaren Energien.“

Arktische Erwärmung, veränderte Niederschläge und regionale Risiken

Der aktuelle Bericht der WMO hebt hervor, dass die Arktis zwischen 2025 und 2029 weiterhin deutlich stärker erwärmt wird als der globale Durchschnitt. Der Rückgang des Meereises wird voraussichtlich besonders in den Regionen Barentssee, Beringsee und Ochotskisches Meer voranschreiten—Gebiete, die entscheidend für das weltweite Klimagleichgewicht sind. Auch die Niederschlagsmuster wandeln sich: In Südasien sind verstärkte Niederschläge zu erwarten, ebenso im Sahel, Nordeuropa, Alaska und Teilen Sibiriens. Gleichzeitig steigt im Amazonasgebiet das Risiko für längere Trockenphasen und bedroht somit den Regenwald und die globale Artenvielfalt.

Fazit

Die alarmierenden Klimaprognosen der UN machen deutlich: Es bedarf dringend umfassender globaler Maßnahmen zur Reduktion von Treibhausgasen und zum schnellen Ausbau sauberer Energielösungen. Ein Überschreiten der 1,5°C-Grenze—einst als rote Linie betrachtet—scheint nun nahezu unausweichlich, sofern nicht rasch umgesteuert wird. Die Folgen der Untätigkeit sind bereits sichtbar: Zunehmende Extremwetterlagen, schwindendes Eis und wachsende Risiken für Lebensräume und Gesellschaften. Der wissenschaftliche Konsens ist eindeutig: Nur ein sofortiger und konsequenter Rückgang der Emissionen kann das Klima stabilisieren und eine lebenswerte Zukunft sichern.

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