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Einzigartige Entdeckung: CHIME J1634+44 leuchtet in der Milchstraße

Einzigartige Entdeckung: CHIME J1634+44 leuchtet in der Milchstraße

2025-07-23
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Eine beispiellose Entdeckung: CHIME J1634+44 bringt die Milchstraße zum Blinken

Astronomen haben die Entdeckung von CHIME J1634+44 bekanntgegeben – einem außergewöhnlich seltenen und faszinierenden Objekt mit auffälligem, rätselhaftem Blinken. CHIME J1634+44 befindet sich tausende Lichtjahre entfernt in unserer Milchstraße und zählt zur seltenen Gruppe der Long-Period-Transienten (LPTs). Diese kosmischen Quellen senden Strahlungsausbrüche in langen, unregelmäßigen Intervallen aus.

Bisher wurden weltweit nur etwa ein Dutzend solcher LPTs katalogisiert. CHIME J1634+44 sticht jedoch unter diesen rätselhaften Objekten hervor: Sein Licht verändert sich nicht nur über außergewöhnlich lange Zeiträume hinweg, sondern weist auch den höchsten gemessenen Polarisationsgrad aller bekannten LPTs auf. Dies deutet auf eine extrem komplexe Umgebung rund um das Objekt hin.

Signal-Analyse: Zwei Perioden und steigende Rotation

Bemerkenswert an CHIME J1634+44 ist insbesondere sein ungewöhnlicher Pulsationsrhythmus. Das Objekt sendet regelmäßige Radiowellen-Ausbrüche in zwei verschiedenen Perioden: eine Wiederholung alle 14 Minuten (841 Sekunden) sowie eine zweite, exakt fünfmal längere Periode von 70 Minuten (4.206 Sekunden). Diese Regelmäßigkeit spricht für ein komplexes System, vermutlich mit zwei interagierenden Himmelskörpern.

Was das Verhalten von CHIME J1634+44 noch einzigartiger macht: Die Intervalle zwischen den Radio-Pulsen werden mit der Zeit immer kürzer – entgegen der üblichen Entwicklung, bei der sich vergleichbare Signale aufgrund des Energieverlusts verlangsamen. Das spricht dafür, dass das Objekt an Rotationsenergie gewinnt, möglicherweise durch den Zufluss von Materie oder Energie eines nahen Begleiters.

„Die Kombination aus diesen beiden Perioden macht die Quelle sogar unter LPTs einzigartig“, erklärt Dr. Fengqiu Adam Dong vom Green Bank Observatory, Erstautor einer der aktuellen Studien.

Das Rätsel der Long-Period-Transienten

LPTs wie CHIME J1634+44 gehen vermutlich auf extrem kompakte Sternenüberreste zurück – entweder Weiße Zwerge oder Neutronensterne. Solche Objekte entstehen, wenn Sterne nach dem Verbrauch ihres nuklearen Brennstoffs ihre äußeren Hüllen abstoßen.

Weiße Zwerge können bis zum 1,4-fachen der Sonnenmasse erreichen und sind dabei auf eine Größe zwischen Erde und Mond zusammengedrückt. Sie widerstehen dem Kollaps mittels Entartungsdruck der Elektronen, einem quantenmechanischen Effekt, der bestimmte Zustände für Elektronen verbietet. Massive Überreste, die dieses Limit überschreiten, werden zu Neutronensternen – Objekte mit der Masse von etwa 2,3 Sonnen, konzentriert in einer Kugel mit nur 20 Kilometer Durchmesser. Hier sorgt der Entartungsdruck der Neutronen für Stabilität.

Besonders faszinierend sind binäre Systeme, in denen diese kompakten Objekte mit engen Begleitern wechselwirken. Dies kann zu spektakulären Phänomenen wie Materieansammlungen, heftigen Ausbrüchen und sich schnell verändernden Rotationsraten führen.

Kontroversen: Neutronenstern oder Weißer Zwerg?

Über die tatsächliche Natur von CHIME J1634+44 herrscht unter Fachleuten Uneinigkeit. Das Team um Dr. Dong sieht im Muster der Radioblitze und der beschleunigten Rotation Hinweise auf einen Neutronenstern – möglicherweise einen Pulsar, einen schnell rotierenden Neutronenstern, der Radiostrahlung in regelmäßigen Intervallen aussendet. Pulsare erleben solche „Spin-up“-Phasen meist durch Masseübertragungen in Doppelsystemen.

Eine unabhängige Studie unter Leitung von Dr. Sanne Bloot vom niederländischen Institut für Radioastronomie liefert indes ein alternatives Szenario. Ihre Beobachtungen enthüllten am Standort von CHIME J1634+44 eine schwache Ultraviolett-Quelle, die zu einem weißen Zwerg mit etwa 78 Prozent der Sonnenmasse und einer Oberflächentemperatur zwischen 15.000 und 33.000 Kelvin passt. Demnach könnte es sich um einen weißen Zwerg-Pulsar handeln – einen bislang selten entdeckten Zwilling der bekannten Neutronenstern-Pulsare.

Perspektiven für die Forschung und die Rolle der Polarisation

Besonders auffällig an CHIME J1634+44 ist die vollkommen zirkulare Polarisation der Radiopulse – ein bislang einzigartiges Merkmal unter LPTs. Diese neuartige Signatur legt nahe, dass die zugrunde liegenden physikalischen Prozesse sich fundamental von den bisher bekannten Mechanismen bei stellaren Überresten unterscheiden.

Zur endgültigen Klärung der Natur von CHIME J1634+44 planen Astronomen zusätzliche Beobachtungen in verschiedenen Wellenlängenbereichen sowie umfangreiche theoretische Modellierungen. Die rätselhaften Doppelperioden, die beschleunigte Rotation und die Rekord-Polarisation stellen die gängigen Modelle für Sternentwicklung und das Verhalten kompakter Objekte vor neue Herausforderungen.

„Dank CHIME J1634+44 gewinnen wir tiefe Einblicke in LPTs. Zugleich werfen diese Funde neue Fragen über die Physik von Neutronensternen und weißen Zwergen auf“, so Dr. Dong. „Sehr wahrscheinlich warten noch viele ähnliche, bislang unentdeckte Objekte in unserer Galaxie.“

Die Ergebnisse von Dongs Team wurden in den Astrophysical Journal Letters veröffentlicht, während die detaillierte Analyse von Bloots Gruppe bereits in Astronomy & Astrophysics akzeptiert und auf arXiv verfügbar ist.

Fazit

Die Entdeckung von CHIME J1634+44 als außergewöhnlich blinkendes „Einhorn“-Objekt stellt einen Meilenstein in der Erforschung extremer astronomischer Phänomene dar. Unabhängig davon, ob es sich letztlich um einen seltenen weißen Zwerg-Pulsar oder einen exotischen Neutronenstern handelt, fordert diese Entdeckung unser Verständnis der Entwicklung stellaren Überreste sowie von Wechselwirkungen in Doppelsternsystemen heraus. Während Wissenschaftler weitere Beobachtungen und Analysen vornehmen, eröffnet CHIME J1634+44 faszinierende Einblicke in die Vielfalt und Dynamik der kompaktesten Objekte unserer Milchstraße.

Quelle: sciencealert

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