Visa erweitert Stablecoin-Support für schnellere Abwicklung

Visa erweitert die Unterstützung für Stablecoins auf seiner Abwicklungsplattform und reagiert auf eine steigende Nachfrage bei Stablecoin-gebundenen Karten. Der Bericht beleuchtet Kennzahlen, Tokenisierung, Visa Direct-Piloten und Folgen für Banken, Händler und grenzüberschreitende Zahlungen.

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Visa erweitert Stablecoin-Support für schnellere Abwicklung

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Visa erweitert Stablecoin-Unterstützung angesichts steigender Nachfrage

Visa kündigte an, seine Abwicklungsplattform um die Unterstützung von vier zusätzlichen Stablecoins auf vier unterschiedlichen Blockchains zu erweitern. Dieser Schritt reagiert auf einen deutlichen Anstieg bei Transaktionen, die mit Stablecoin-gebundenen Visa-Karten durchgeführt werden. Das Zahlungsnetzwerk meldete in seinem Bericht für das letzte Quartal eine Vervierfachung der Ausgaben mit Stablecoin-verknüpften Visa-Karten gegenüber dem gleichen Zeitraum im Vorjahr. Diese Zunahme veranlasste das Unternehmen, die Produktentwicklung für Banken, Zahlungsdienstleister und Finanzinstitute zu beschleunigen, um flexible Abwicklungsoptionen und verbesserte Liquiditätslösungen anbieten zu können.

Wichtige Kennzahlen und Branchenkontext

In der jüngsten Bilanzkonferenz betonte CEO Ryan McInerney, dass Visa seit 2020 nahezu 140 Milliarden US-Dollar an Krypto- und Stablecoin-Flüssen ermöglicht hat. Darüber hinaus sei das monatliche Volumen der Stablecoin-Abwicklungen auf eine annualisierte Durchlaufrate von mehr als 2,5 Milliarden US-Dollar gestiegen. Im selben Zeitraum meldete Visa Quartalsumsätze von 10,72 Milliarden US-Dollar und ein Ergebnis je Aktie von 2,98 US-Dollar, womit die Erwartungen von Analysten knapp übertroffen wurden. Trotz der starken operativen Zahlen investiert Visa weiterhin gezielt in digitale Asset-Schienen und Infrastruktur, um langfristig eine Brücke zwischen traditionellen Zahlungssystemen und blockchainbasierten Settlement-Lösungen zu schlagen.

Diese Kennzahlen sind nicht nur betriebswirtschaftlich relevant, sondern liefern auch einen Einblick in die sich wandelnde Rolle von Stablecoins im Zahlungsverkehr. Stablecoins dienen zunehmend als Settlement-Rail — also als Hintergrundinfrastruktur, über die Wert zwischen Teilnehmern transferiert wird — und verändern dadurch die Dynamik von Liquiditätsmanagement, Devisenabwicklung und Interbankenprozessen. Für Banken und Zahlungsdienstleister eröffnen diese Entwicklungen sowohl Chancen als auch technische und regulatorische Herausforderungen, etwa hinsichtlich Verwahrung, Compliance, Know-Your-Customer-Anforderungen (KYC) und Anti-Geldwäsche-Maßnahmen (AML).

Welche Stablecoins und welche Blockchains?

Visa hat bislang nicht offengelegt, welche vier zusätzlichen Stablecoins konkret hinzugefügt werden und auf welchen Blockchains sie betrieben werden sollen. Bekannt ist, dass das Unternehmen bereits wichtige Stablecoins unterstützt, darunter USD Coin (USDC), Euro Coin (EURC), PayPal USD (PYUSD) und Global Dollar (USDG). Visa arbeitet außerdem mit kryptoaffinen Firmen zusammen, um die Auswahl an Abwicklungswegen zu erweitern und grenzüberschreitende Zahlungsfunktionen zu verbessern.

Aus technischer Sicht ist die Wahl der Blockchains relevant für Aspekte wie Transaktionsgeschwindigkeit, Gebühren, Smart-Contract-Fähigkeiten und Interoperabilität. Public-Layer-1-Netzwerke mit hoher Liquidität und etablierten Standards (z. B. ERC-20 auf Ethereum oder vergleichbare Tokenstandards auf anderen Chains) erleichtern die Integration in bestehende On- und Offramping-Prozesse. Gleichzeitig gewinnen auch Layer-2-Lösungen und spezialisierte Zahlungsnetzwerke an Bedeutung, weil sie Skalierbarkeit und niedrigere Transaktionskosten bieten können. Visa dürfte diese Kriterien in seine Auswahl einfließen lassen, um Betriebssicherheit, Netzwerkauslastung und regulatorische Anforderungen in Einklang zu bringen.

Produktstrategie: Tokenisierung und Visa Direct

Visa kündigte an, seine Stablecoin-Angebote über reine, kartenbezogene Zahlungsprodukte hinaus zu vertiefen. Ein Schwerpunkt der Roadmap liegt auf der Bereitstellung einer Tokenisierungsinfrastruktur, die es Banken ermöglicht, von Emittenten unterstützte Stablecoins zu minten (erschaffen) und zu burnen (vernichten) — und das über Visas Plattform für tokenisierte Assets. Diese Tokenisierungsschicht zielt darauf ab, Onramping- und Offramping-Prozesse für Finanzinstitute zu vereinfachen, die Buchungs- und Abwicklungsprozesse transparenter zu gestalten und Anwendungsfälle für programmierbares Geld (programmable money) zu unterstützen.

Technisch umfasst die Tokenisierung sowohl die Ausgabe tokenisierter Darstellungen von Fiat-Reservewerten als auch die Implementierung von Smart Contracts oder kontrollierten Mint/Burn-Mechanismen, die regulatorische Anforderungen und Auditing ermöglichen. Für Banken könnte dies bedeuten, dass sie eine direkte Kontrolle über die Emission ihrer Stablecoins behalten, während Visa Infrastruktur und Netzwerkeffekte bereitstellt, um Interoperabilität mit Zahlungspartnern und Acquirern zu gewährleisten. Solche Lösungen können außerdem helfen, Konformität mit Reporting-Standards zu erreichen und gleichzeitig schnelle, kosteneffiziente Abwicklungen zu ermöglichen.

Visa Direct und Prefunding-Pilot

Im vergangenen Monat startete Visa einen Prefunding-Pilot für Stablecoins im Rahmen von Visa Direct. Dieser Pilot erlaubt es Banken und Zahlungsanbietern, Stablecoins als Liquiditätsquelle für weltweite Auszahlungen zu nutzen, wodurch das Halten mehrerer Fiat-Salden in unterschiedlichen Währungsgebieten reduziert werden kann. Ziel ist es, grenzüberschreitende Auszahlungen zu beschleunigen, Kapitalbindung zu verringern und die Kapitalallokation effizienter zu gestalten.

Der Prefunding-Ansatz funktioniert im Kern so, dass ein Partner vorab Stablecoins bereitstellt oder eine Reserve in tokenisierter Form hält, die dann bei Bedarf zur Abwicklung von Zahlungen genutzt wird. Dies kann die Notwendigkeit minimieren, lokale Konten in Zielwährungen zu unterhalten, was wiederum Kosten für Fiat-Konversionen und Verwaltungsaufwand reduziert. Zudem lassen sich so Zahlungsgeschwindigkeiten verbessern, da on-chain-Transaktionen oft schneller und vorhersehbarer sind als manche traditionelle Korrespondenzbankprozesse.

Visa erwartet, dass solche Funktionen die grenzüberschreitende Geldbewegung für Partner sowohl schneller als auch kapital-effizienter machen. Banken und FinTechs, die an dem Pilot teilnehmen, können operational erfahren, wie Stablecoins in bestehende Auszahlungs-Workflows integriert werden, welche Compliance- und Risikokontrollen notwendig sind und wie Liquiditätstechniken — etwa Pooling oder Netting zwischen mehreren Jurisdiktionen — genutzt werden können.

Breitere Marktwirkung und On-Chain-Lending

Stablecoins haben sich zu einem dominanten Settlement-Rail im Kryptowährungsmarkt entwickelt. Ein aktueller Bericht der Venture-Capital-Firma Andreessen Horowitz schätzte, dass Stablecoins im vergangenen Jahr Transaktionen im Umfang von etwa 46 Billionen US-Dollar verarbeitet haben — und damit in diesem Zeitraum größere Volumina abwickelten als einige traditionelle Karten-Netzwerke. Visa's verstärktes Engagement in diesem Bereich spiegelt diesen Trend wider und korreliert mit dem zunehmenden Einsatz von On-Chain-Lending-Strukturen: Visa gab an, dass On-Chain-Kreditvergabe mit Stablecoins seit 2020 Kredite in Höhe von über 670 Milliarden US-Dollar initiiert hat.

Der Aufstieg von On-Chain-Lending und dezentralen Finanzanwendungen (DeFi) verändert die Kapitalströme: Liquidity Pools, Lending-Plattformen und algorithmische Market-Making-Mechanismen ermöglichen neue Formen der Wachstums- und Ertragsgenerierung. Für Firmen wie Visa bedeutet dies zugleich eine Chance, als Infrastrukturanbieter für institutionelle Nutzer zu fungieren, die sichere, regulierbare und skalierbare Zugänge zu On-Chain-Liquidität wünschen. Gleichzeitig stellen die Volatilität von Krypto-Assets, Smart-Contract-Risiken und regulatorische Unsicherheiten Herausforderungen dar, die technische Lösungen und robuste Governance-Modelle erforderlich machen.

Die Zunahme an Stablecoin-basierten Krediten beeinflusst außerdem das Liquiditätsmanagement von Banken: Tokenisierte Reserven können schneller zwischen Gegenparteien verschoben werden, Sicherheiten können programmatisch verwaltet werden, und Zinsmechanismen lassen sich dynamisch anpassen. Diese Effekte haben Auswirkungen auf Kapitalanforderungen, Risikoüberwachung und bilanzielles Reporting — Bereiche, in denen traditionelle Finanzinstitute noch Anpassungen vornehmen müssen, um die neuen Möglichkeiten sicher und compliant zu nutzen.

Was das für Banken und Kunden bedeutet

Durch die Erweiterung der Abwicklungsunterstützung auf zusätzliche Stablecoins und Blockchains zielt Visa darauf ab, Banken und FinTech-Partnern größere Flexibilität bei der Finanzierung und Abwicklung von Transaktionen zu bieten. Für Konsumenten und Händler kann dies schnellere grenzüberschreitende Gutschriften, geringere Devisen-Reibungsverluste und eine breitere Akzeptanz von Krypto-gebundenen Zahlungsmethoden bedeuten. Beispielsweise könnten Händler Auszahlungen in tokenisierter Form erhalten, die sie sofort in lokale Fiat-Währungen umwandeln oder selbst als Liquidität in On-Chain-Anwendungen nutzen.

Für Banken eröffnen Tokenisierung und Mint/Burn-Funktionen potenziell neue Erlösquellen im Zusammenhang mit programmierbarem Geld und institutionellen Krypto-Dienstleistungen. Dazu gehören Gebühren für Emission und Verwahrung, liquide Pool-Dienste, Kreditvergabe-Plattformen sowie maßgeschneiderte Abwicklungsdienste für globale Kartenprogramme. Gleichzeitig müssen Banken in interne Kontrollsysteme, Risiko-Management-Tools und Compliance-Technologie investieren, um regulatorischen Anforderungen gerecht zu werden und das Vertrauen von Endkunden zu sichern.

Auf Kundenseite könnten Verbraucher von schnelleren Auszahlungslaufzeiten, transparenteren Gebührenstrukturen und neuen Zahlungsoptionen profitieren. Händler wiederum gewinnen durch geringere Zahlungsmittelfluss-Reibung und potenziell niedrigere Kosten bei Cross-Border-Transaktionen. Wichtig ist, dass diese Vorteile nur dann voll greifen, wenn Interoperabilität, Sicherheitsstandards und Nutzerfreundlichkeit gewährleistet sind — Bereiche, in denen Visa durch Partnerschaften und technische Integrationen eine verbindende Rolle spielen kann.

Aussichten

Visas Entscheidung, seine Stablecoin-Unterstützung auszubauen, unterstreicht die Strategie des Unternehmens, traditionelle Zahlungs-Schienen mit blockchain-nativen Abwicklungsmethoden zu verknüpfen. Obwohl Details zu den spezifischen Stablecoins und konkreten Zeitplänen noch nicht öffentlich sind, deuten die jüngsten Pilotprojekte und veröffentlichten Kennzahlen auf einen gezielten Vorstoß hin, Stablecoins als zentralen Bestandteil der Abwicklungsinfrastruktur für grenzüberschreitende Zahlungen, Kartenprogramme und institutionelle Liquiditätslösungen zu etablieren.

Langfristig hängt der Erfolg solcher Initiativen von mehreren Faktoren ab: regulatorische Klarheit in Schlüsselmärkten, die technische Reife der gewählten Blockchains, die Bereitschaft von Banken und Zahlungsdienstleistern zur Integration neuer Prozesse sowie die Akzeptanz durch Händler und Endkunden. Visa scheint in der Rolle eines Integrators und Gateways aufzutreten, der regulatorisch kontrollierte Tokenisierungsmodelle anbietet und gleichzeitig Interoperabilität zu bestehenden Finanzsystemen sicherstellt.

Für Marktteilnehmer bietet die Entwicklung sowohl Chancen als auch Pflichten. Banken können neue Geschäftsmodelle entwickeln, Payment-Provider ihre Produkte diversifizieren und Händler von effizienteren Abwicklungen profitieren. Regulierungsbehörden sollten die Balance zwischen Innovation und Verbraucherschutz wahren, während technologische Anbieter an Sicherheit, Standards und Interoperabilität arbeiten müssen. Zusammenfassend lässt sich sagen: Visas Ausbau der Stablecoin-Angebote ist ein weiterer Indikator dafür, dass digitale Assets und tokenisiertes Geld nicht nur ein Nischenphänomen bleiben, sondern zunehmend in die operative Infrastruktur traditioneller Finanzakteure integriert werden.

Quelle: crypto

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