Warum sich der Krypto-Markt bei besserer Liquidität nicht erholt

Trotz wachsender globaler Liquidität erholt sich der Krypto‑Markt nicht: ETF‑Zuflüsse stagnieren, Stablecoins wachsen, und institutionelle Allokationen bevorzugen Aktien und AI‑Spiele. Analyse, Kennzahlen und Handlungsempfehlungen.

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Warum sich der Krypto-Markt bei besserer Liquidität nicht erholt

6 Minuten

Crypto recovery stalls even as liquidity improves

Trotz eines Umfelds mit steigender globaler Liquidität, fallenden Zinssätzen und einem starken Anstieg der Aktienmärkte bleiben digitale Vermögenswerte deutlich hinter anderen Risikoanlagen zurück. In seinem Marktupdate vom 3. November hebt Wintermute hervor, dass Kapital vermehrt in Aktien, AI‑fokussierte Investments und Prognosemärkte fließt, anstatt in Kryptowährungen zu gelangen. Das hat zur Folge, dass Bitcoin, Ethereum und die meisten Altcoins seitwärts tendieren, in engen Bereichen handeln und gegenüber anderen Assetklassen unterdurchschnittlich abschneiden.

Key takeaways from Wintermute’s update

Liquidity is expanding — but not for crypto

Die Lockerung der Geldpolitik durch Zentralbanken, das Ende der quantitativen Straffung (QT) und die breite Aufwärtsbewegung an den Aktienmärkten haben insgesamt mehr Liquidität in die globalen Kapitalmärkte gespült. Wintermute stellt jedoch fest, dass diese zusätzlichen Mittel nicht primär in Kryptoinstrumente gelenkt werden. ETF‑Zuflüsse, die Anfang des Jahres ein wichtiger Wachstumstreiber für Krypto waren, sind weitgehend zum Erliegen gekommen. Parallel dazu sind die Handelsvolumina im sekundären Bereich von Digital Asset Treasury (DAT) signifikant eingebrochen. Diese Verschiebung der Kapitalströme unterstreicht, dass die aktuelle Liquiditätserweiterung für traditionelle und thematische Aktienstrategien wirksamer ist als für Digital-Asset‑Instrumente.

Stablecoins remain the main crypto inflow

Die Versorgung mit Stablecoins ist derzeit die einzige bedeutende Kennzahl im Kryptosektor, die ein klares Wachstum zeigt: Seit Jahresbeginn wurden mehr als 100 Milliarden US‑Dollar an Stablecoin‑Angebot hinzugefügt. Stablecoins fungieren weiterhin als primäres On‑Ramp für Kapital, das sich zwar in Krypto‑Verwahrungen bewegt, aber nicht unbedingt in risikoreiche Token investiert wird. Gleichzeitig stagnieren die verwalteten Vermögen (AUM) von Bitcoin‑ETFs nahe der Marke von rund 150 Milliarden US‑Dollar. Zudem verzeichneten börsengehandelte Bitcoin‑ und Ethereum‑Produkte in aufeinanderfolgenden Tagen Abflüsse, was auf eine nach wie vor schwache institutionelle Nachfrage hindeutet. Diese Divergenz — wachsende Stablecoin‑Bestände bei gleichzeitiger Stagnation von ETF‑AUM — zeigt ein Liquiditätsparadoxon: Kapital ist zwar vorhanden, verbleibt jedoch größtenteils in konservativeren oder Zwischenformen der Kryptoexposition.

Market data and price action

Die Kursbewegungen bestätigen Wintermutes Einschätzung: Bitcoin und Ethereum schwanken in engen Bereichen, wobei Bitcoin im Berichtszeitraum um etwa 101.000 US‑Dollar pendelte und Ethereum bei rund 3.300 US‑Dollar notierte. Solche Range‑Märkte sind charakteristisch für Phasen niedriger Netto­zuflüsse. Darüber hinaus litt der breitere Markt unter deutlichen Verlusten in einzelnen Segmenten: Gaming‑Token, Layer‑2‑Projekte und Meme‑Coins erlebten zweistellige Rückgänge. Diese Sektorrotation innerhalb des Kryptobereichs signalisiert, dass Anleger selektiv Risiko eingehen — bevorzugt in Bereichen mit kurzfristig höherer Renditeerwartung oder klareren Nutzerkennzahlen — während breit angelegte Kryptoallokationen eher zurückhaltend bleiben.

Why the four-year Bitcoin cycle may no longer hold

From halving-driven to liquidity-driven markets

Die Analyse von Wintermute argumentiert, dass der traditionelle vierjährige Bitcoin‑Halving‑Zyklus — der früher als ein zentraler Preistreiber galt — in seiner erklärenden Kraft abgenommen hat. In zunehmend ausgereiften und institutionell geprägten Märkten werden Preisbildungsmechanismen stärker von makroökonomischen Liquiditätsflüssen und institutionellem Verhalten geprägt als allein von Angebotsverknappungen, die durch Miner‑Belohnungsreduktionen entstehen. Mit anderen Worten: Während das Halving weiterhin ein relevantes, oft antizipiertes Event bleibt, sollten Investoren heute mehr Gewicht auf ETF‑Zuflüsse, DAT‑Aktivitäten, allgemeine Kapitalallokationstrends und makroökonomische Indikatoren legen, statt sich ausschließlich auf kalenderbasierte Halving‑Narrative zu verlassen. Insbesondere institutionelle Allokationen, regulatorische Klarheit, Zinssatzperspektiven und Liquiditätsbedingungen können kurzfristig bedeutender wirken als der mechanische Angebotsdruck aus Halvings.

Market structure: healthier but stagnant

Auf struktureller Ebene hat sich der Krypto‑Markt verbessert: Übermäßige Hebelpositionen wurden abgebaut, die Volatilität liegt unter den Spitzenwerten des Jahres und die Positionierung der Marktteilnehmer wirkt disziplinierter. Diese Entwicklungen sind grundsätzlich konstruktiv, weil sie das Risiko systemischer Liquidationsereignisse verringern und eine stabilere Basis für mittelfristiges Wachstum schaffen. Allerdings bleibt diese verbesserte Marktstruktur ohne neue, signifikante Kapitalzuflüsse in krypto­spezifische Instrumente eher statisch. Ohne eine erneute Umverteilung von Liquidität in ETFs, strukturelle ETP‑Produkte, institutionelle Verwahrungslösungen oder aktive DAT‑Ankäufe ist die Aufwärtsdynamik begrenzt. Kurzfristig führt das zu einem Markt, der zwar gesünder, aber gleichzeitig in seiner Performance eingeschränkt ist.

What could ignite a market rebound?

Wintermute bleibt vorsichtig optimistisch: Eine neue Welle von ETF‑Zuflüssen oder eine Wiederbelebung institutioneller Aktivitäten im DAT‑Sekundärmarkt könnte die nächste Aufwärtsphase im Kryptomarkt auslösen. Solche Katalysatoren wären vor allem dann wirksam, wenn sie mit verbesserten makroökonomischen Daten, eindeutigerer regulatorischer Klarheit oder technologischen Fortschritten (z. B. bedeutende Layer‑2‑Adoptionsereignisse, On‑chain‑Nutzungsdaten oder neue institutionelle Produkte) zusammenfallen. Bis solche Faktoren zusammenkommen, bleibt Krypto eine der schwächeren Anlageklassen innerhalb des Universums globaler Risikoanlagen. Eine nachhaltige Erholung hängt folglich von einer Reallokation der vorhandenen Liquidität zurück in Digital‑Asset‑Instrumente ab.

Für Trader und institutionelle Anleger ergeben sich daraus konkrete Handlungsempfehlungen: Achten Sie eng auf ETF‑Flow‑Daten, Stablecoin‑Versorgungsentwicklungen, DAT‑Volumina und makroökonomische Liquiditätssignale. Diese Indikatoren werden mit hoher Wahrscheinlichkeit darüber entscheiden, ob Kryptowährungen wieder Momentum gewinnen oder während der allgemeinen Liquiditätsexpansion an den Rand gedrängt bleiben. Darüber hinaus ist es ratsam, Liquiditätsprofile einzelner On‑chain‑Protokolle zu analysieren, die Konzentration der Verwahrungsrisiken zu bewerten und die Sensitivität von Token‑Preisen gegenüber Zins‑ und Dollarbewegungen quantitiv zu modellieren. Solche analytischen Ansätze helfen dabei, Opportunitäten zu identifizieren, die sich ergeben, wenn Kapitalströme schließlich wieder in Krypto‑ETFs, strukturierte Produkte und institutionelle Verwahrungsangebote umschlagen.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die gegenwärtige Diskrepanz zwischen dem allgemeinen Liquiditätsaufschwung und der unterdurchschnittlichen Performance von Kryptowährungen ist ein Indikator für veränderte Marktmechaniken. Institutionalisiertes Kapital entscheidet heute differenzierter über Allokation, und Faktoren wie Produktangebot, regulatorische Rahmenbedingungen, Verwahrungslösungen und makroökonomische Trends haben an Bedeutung gewonnen. Die Marktteilnehmer sollten daher ihr Monitoring erweitern, quantitative Modelle anpassen und auf Signale achten, die einen nachhaltigen Richtungswechsel in den Kapitalzuflüssen anzeigen.

Quelle: crypto

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